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kurzrezension
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Special Screenings Nr. 1: alle Filme
In der vom Label Media Target neu aufgelegten Reihe Special Screenings, die sich „vergessenen Perlen des 60er- und 70er-Jahre Kinos“ (Media Target) widmen will, wurde als erster Titel die Harry Alan Towers-Produktion „Sumuru – Die Tochter der Satans“ in der „ungekürzten Kinofassung“ (Media Target) veröffentlicht. Die PAL-Lauflänge der DVD von 76 Minuten und 16 Sekunden entspricht in etwa einer Kinolänge von 79 Minuten und 26 Sekunden. PAL arbeitet mit einer schnelleren Abspielgeschwindigkeit als eine Kinoprojektion. Dadurch entsteht der Lauflängenunterschied. In der imdb, der englischsprachigen Wikipedia und auch bei allmovi.com ist der Film mit einer Länge von 95 Minuten angegeben. Diesen Informationen zufolge war die deutsche Kinofassung, auf der die DVD beruht, um etwa 15 Minuten gekürzt. Nimmt man hingegen die in der imdb angegebene Meterzahl von 2292,10 als Grundlage ergibt sich eine Kinolänge von etwa 83 Minuten und 47 Sekunden - immer noch länger als die DVD-Fassung, aber mit deutlich geringerer Differenz.
Der kleine Bezeichnungstrick, auf den das Label etwas unredlicherweise zurückgegriffen hat, tut dem Potential des Films aber keinen Abbruch, in dem der Agent Nick West (George Nader) auf die böse Sumuru (Shirley Eaton) angesetzt wird. Zunächst ermittelt West im Auftrag des britischen Geheimdienstes in Rom, wo Sumuru einen hochrangigen Repräsentanten des Staates Sinonesien aus dem Weg schaffen lässt. Ihr Ziel ist es, eine weiblich dominierte Gesellschaft ohne die Existenz gefühlsduseliger Dummheiten wie der Liebe aufzubauen. Der groß angelegte Plan Sumurus soll schließlich in ihrer Weltherrschaft münden. Die Kämpferinnen Sumurus sind entweder Frauen in zentralen Positionen, da deren beeinflussbare Männer über viel Macht verfügen, oder sie gehen mit tatkräftiger Skrupellosigkeit gegen ihre Zielpersonen vor. West und sein Mitstreiter, der Freizeitagent Tommy Carter (Frankie Avalon), kommen Sumuru auf die Spur. Ihre Bemühungen im Kampf gegen den teuflischen Plan führen sie schließlich nach Hongkong, wo Sumuru auf einer eigenen Insel ihre Schaltzentrale des Bösen eingerichtet hat.
Das Werk aus der Produktionsschmiede des Briten Harry Alan Towers, der unter anderem für „De Sades Eugenie – Die Jungfrau und die Peitsche“ („Eugenie“, Regie: Jess Franco,
Spanien/BRD 1970), „Die Pagode zum fünften Schrecken“ („Five Golden Dragons“, Regie: Jeremy Summers, BRD/GB/Liechtenstein 1967) und die Agatha Christie-Adaption „Da waren's nur noch neun“ („Ten little Indians“, Regie: George Pollock, GB 1965) mitverantwortlich war, wartet mit einer herzerfrischend schnörkellosen Handlung auf. Nichts ist besonders rätselhaft. Die Qualitäten des Films liegen folglich nicht in der Darstellung einer spannungsgeladenen Ermittlungsarbeit, sondern in der luftigen Präsentation der Auseinandersetzung zwischen Nick West und Sumuru. Der Agent beweist sein Talent vor allem auf dem Gebiet launiger Sprüche sowie der Gesichtsgymnastik. Dabei hat George Nader nicht etwa tausend verschiedene Mimikvarianten parat, sondern er ist in der Lage, besonders feist zu grinsen. In Verbindung mit seinem Mundwerk entsteht so eine bizarre Lockerheit, der die Gefahr einfach nicht gewachsen ist. Nick West nimmt dem Schrecken seine Kraft, indem er ihn einfach nicht anerkennt. Das funktioniert so prächtig, dass der Film fast schon zu einer philosophischen Anleitung in Sachen Angstbewältigung und Realitätskonstruktion wird. Nicht umsonst reicht Wests Auftreten aus, um die zuvor gefühlskalten Frauen von ihrem selbstgewählten Weg des Hasses abzubringen. Die Welt sieht für die Anhängerinnen Sumurus und Sumuru selbst plötzlich anders aus, seitdem der Agent in ihren Dunstkreis getreten ist. Er entfacht positive Gefühle in den Frauen. Deswegen schafft es West immer wieder, nicht getötet zu werden.
Aber ganz reicht sein Macho-Charme nicht aus, um die Wogen zu glätten. Denn Sumru will mehr von ihm, als West geben möchte. Der Sprücheklopfer wird dazu gezwungen, der Action freien Lauf zu lassen. Nachdem sich die Macht des Wortes erschöpft hat, sollen Taten sprechen. Sumurus Insel muss gestürmt werden. Das bietet Raum für die einzige nennenswerte Action-Sequenz des Films, der ansonsten vor allem mit dem exotischen Schauplatz Hongkong punktet. Die Atmosphäre in der britischen Kronkolonie Ende der 1960er Jahre hat einen unverwechselbaren Charme, der dem Film hilft, die fehlende physische Rasanz auszugleichen. Ähnliches gilt für den Schnitt der vorliegenden deutschen Kinofassung, die mit ordentlichem Tempo durch die einzelnen Sequenzen rauscht. Kleine Lücken in der Handlung stören bei der zunehmenden Absurdität des Geschehens ohnehin nicht.
Bleibt nur noch der Kurzauftritt Klaus Kinskis als Staatsoberhaupt von Sinonesien zu erwähnen, der ein bizarre Mischung aus androgyner Erotik und Arroganz ausstrahlt.
Bildqualität
Das Bild der DVD kann sich auf die halbwegs ordentliche Qualität der Kinokopie verlassen, die für die Produktion der Scheibe vorlag. Die Schärfe ist nicht überragend aber ansprechend, teilweise sogar gut. Bei Totalen mit vielen kleinen Bildinhalten geht der Detailreichtum wenig überraschend regelmäßig in die Knie, kann bei Innenaufnahmen aber mit mehr Präsenz punkten. Die Farben sind manchmal etwas blass, der Kontrast ist etwas flau. Analoges Rauschen ist ebenso präsent, wie Defekte und Verschmutzungen ein regelmäßiger Begleiter sind. Bei hellen Szenen fällt ein dezenter Rotstich auf. Das hört sich allerdings schlimmer an, als es bei der Ansicht des Films schließlich wirkt. Insgesamt kann man mit der Qualität leben.
Tonqualität
Der DD 2.0 Mono-Ton verfügt über einwandfrei verständliche Dialoge mit einem ansprechenden Klangkörper. Nennenswerte Verzerrungen gibt es nicht. Auch die Musik kann ihr Potential auf solidem Niveau entfalten.
Extras
Das Bonusmaterial besteht aus einem Booklet mit dem Nachdruck der „Illustrierten Filmbühne“ zu „Sumuru – Die Tochter des Satans“ sowie Werbematerialien zum Film, einer Bildergalerie und einem Wochenschaubeitrag aus der Premierenwoche mit Beiträgen über den Tod Jayne Mansfields, der Berlinale und weitere Themen.
Fazit
„Sumuru – Die Tochter des Satans“ punktet mit launigen Sprüchen, einem feisten Grinsen George Naders sowie dessen überkommenem Macho-Charme, dem exotischen Schauplatz Hongkong und einem temporeichen Schnitt. Technisch ist die DVD ansprechend.
Stefan Dabrock
09.01.2012
Originaltitel | The Million Eyes of Su-Muru (GB 1967) |
Länge | 76 Minuten (Pal) |
Studio | Media Target |
Regie | Lindsay Shonteff |
Darsteller | Frankie Avalon, George Nader, Shirley Eaton, Wilfrid Hyde-White, Klaus Kinski, Pattie Chandler, Salli Sachse, Ursula Rank, Krista Nell, Maria Rohm, u.a. |
Format | 1:2,66 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch |
Untertitel | - |
Extras | „Blick in die Welt“ (Wochenschau aus der Premieren Woche 28/67) Bildergalerie, 8-seitiges Booklet |
Preis | ca. 20 EUR |
Bewertung | amüsant, technisch ansprechend |