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Film Noir Nr. 9: alle Filme
Zeitgleich zu „Der Mann mit der Narbe“ („Hollow Triumph, Regie: Steve Sekely, USA 1948) hat Koch Media in seiner Film Noir Collection Carol Reeds meisterlichen „Ausgestoßen“ herausgebracht.
Im Nachkriegs-Belfast angesiedelt folgt das Thriller-Drama Johnny McQueen (James Mason), dem Anführer einer Widerstandsgruppe, der sich seit einigen Monaten vor der Polizei versteckt hält. Zur Finanzierung weiterer Aktivitäten ist ein Überfall geplant, um die Lohngelder eines Industrieunternehmens einzusacken. Bei der Flucht gerät Johnny aber mit einem Wachmann aneinander, so dass sich bei der anschließenden Rangelei mehrere Schüsse lösen. Der Wachmann ist tot, Johnny schwer verletzt. Seine Komplizen schaffen es nicht, ihren Anführer vollständig ins Auto zu ziehen. Bei der rasenden Fahrt durch die engen Straßen Belfasts fällt Johnny auf die Straße und wird liegen gelassen, weil der Fahrer des Wagens aus Angst vor der bereits alarmierten Polizei nicht wagt, zurückzusetzen. Jetzt muss sich der entkräftete Johnny alleine durch die Stadt kämpfen, um der Polizei zu entgehen. Seine Komplizen unternehmen zwar noch einen späteren Versuch, ihrem Anführer zu helfen, können aber nicht viel erreichen. Einzig Kathleen (Kathleen Ryan), die ihn liebt, bemüht sich um eine sichere Fluchtmöglichkeit Johnnys.
Mit Johnnys Scheitern einer unversehrten Flucht nach dem Überfall beginnt der quälende Leidensweg der Hauptfigur durch das kalte, nächtliche Belfast, bei dem Johnny zum Spielball der ihn umgebenden Menschen wird. Nahezu alle Personen, denen der schwer verletzte Flüchtige begegnet, verfolgen ihr eigenes Interesse im Umgang mit ihm. Zwei ältere Damen helfen Johnny zwar, indem sie ihn von der Straße in ihr Haus holen, aber hinter ihrer Barmherzigkeit steckt auch der Wunsch, die in einem Kurs angeeigneten Erste Hilfe Kenntnisse
einmal anwenden zu können. Als sie aber feststellen, wen sie da im Haus haben, steht die uneingeschränkte Barmherzigkeit nicht mehr im Vordergrund. Angesichts der prekären Situation geht es nun darum, wie man mit der Angelegenheit umgehen soll, bis sich Johnny selbst entscheidet, das Haus wieder zu verlassen. Andere, denen Johnny auf seinem Weg begegnet, wollen den nahezu willenlosen Mann vollständig für ihre Zwecke ausnutzen. Ein besoffener Möchtegernmaler sieht die Chance, einen Mann im Angesicht des Todes auf die Leinwand zu bringen, ein armer Schlucker erhofft sich Geld, wenn er Johnny zum Pfarrer bringt, der scheint mehr an seinem eigenen Seelenheil interessiert zu sein, wenn es ihm vor allem darauf ankommt, dass sich Johnny ihm gegenüber erleichtert. Der Akt der Nächstenliebe ist eine Aufgabe, die der Pfarrer erbringen muss, will er selbst mit sich im Reinen sein. Johnny ist dabei nur Mittel zum Zweck.
Dem düsteren Gesellschaftspanorama der eisernen Nachkriegszeit setzt Carol Reed nur die Liebe Kathleens entgegen. Ihre Gefühle gegenüber Johnny sind aufrichtig. Sie scheut auch nicht die Konfrontation mit der Polizei oder andere Gefahren, um Johnny zu helfen, der sich auf einem Leidensweg befindet. Sie wendet ihre ganze Kraft auf und bleibt dabei äußerlich ruhig. Daraus entwickelt Reed eine dramatische Anspannung, die sich schließlich entladen muss. Sie korrespondiert mit dem menschlichen Elend, dass sich in den wenig selbstlosen Handlungen der meisten übrigen Menschen offenbart. Eine Atmosphäre der Kälte liegt über dieser Stadt, in der sogar ein Engel weinen muss, wenn Reed den Regen so filmt, dass die Tropfen aus den Augen einer entsprechenden Statue auf einem Abbruchgelände zu fließen scheinen.
Dank der exzellenten Kameraarbeit Robert Kraskers, der auch Reeds „Der dritte Mann“ („The Third Man“, GB 1949) oder Anthony Manns Monumentalepen „El Cid“ (USA 1961) und „Der Untergang des römischen Reiches“ („The Fall of the Roman Empire“, USA 1964) fotografierte, entfaltet „Ausgestoßen“ eine geradezu dämonische Kraft. Die Gegenlichtaufnahmen enger Gassen, der Regen, dunkle Innenräume und die Mischung aus Sichtbarem und Unsichtbarem entwerfen das visuelle Bild einer Stadt der Unsicherheit, in der Gefahren lauern und das scheinbar Eindeutige keineswegs Gewissheit bietet. Denn eine der größten dramatischen Stärken des Films ist es, wie Reed Zeichen ihrer Klarheit beraubt. Der Pfarrer wirkt zwiespältig, der Möchtegernkünstler bleibt fragwürdig und die Barmherzigkeit der älteren Damen entpuppt sich als Projektionsfläche für das eigene Wohlbefinden.
Bildqualität
Angesichts des Filmalters wartet die DVD mit einer guten Bildqualität auf. Die Schärfe kann zwar nicht auf ein ausgesprochen detailliertes Bild zurückgreifen, aber die Konturendarstellung ist einwandfrei. Im Rahmen der Möglichkeiten kann man auch mit der Abbildung der einzelnen Elemente zufrieden sein. Ein ausgebombtes Grundstück mit Trümmerteilen und einer alten Hütte entfaltet wie andere Szenarien seine Vielfalt. Mehr Schärfe wäre angesichts der damaligen Produktionsbedingungen auch gar nicht gut, da der Kunstschnee ohnehin schon recht deutlich als solcher erkennbar ist. Die DVD liefert folglich ein Qualitätsniveau, dass die Atmosphäre des Films bewahrt, ohne die Filmbauten zu stark in den Vordergrund zu rücken. Der Kontrast überzeugt mit einer ausgewogenen Darstellung der Graustufen. Die Körnigkeit des Bildes ist in Ordnung.
Tonqualität
Die DD 2.0 Mono-Tonspuren verfügen über eine leicht unterschiedliche Qualität der Dialogwiedergabe. Während der englische Ton einen etwas frischeren Eindruck macht, klingen die deutschen Dialoge etwas dumpf. Die Verständlichkeit wird aber bei beiden Fassungen nicht beeinträchtigt. Insgesamt kann der Ton mit einer relativ vollen Klangfärbung überzeugen.
Extras
Das Bonusmaterial besteht aus einer Bildergalerie, dem Drehbuch im PDF-Format und einem 12-seitigen Booklet mit einem Text von Thomas Willmann, der sich kurz der Frage widmet, inwieweit man von einem britischen Film Noir sprechen kann und dann einige Motive des vorliegenden Films analysiert. Ein lesenswerter Text.
Fazit
„Ausgestoßen“ ist eine meisterliche Leidensweg-Ballade mit düsteren Bildern und einer grimmigen bis melodramatischen Atmosphäre, welche die menschlichen Abgründe sowie die Hoffnungsschimmer illustriert. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters gut.
Stefan Dabrock
06.01.2012
Originaltitel | Odd Man Out (GB 1947) |
Länge | 111 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | Carol Reed |
Darsteller | James Mason, Robert Newton, Cyril Cusack, F.J. McCormick, Fay Compton, Dennis O'Dea, W.G. Fay, Kathleen Ryan, Kitty Kirwan u.a. |
Format | 1:1,33 (4:3) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch |
Untertitel | - |
Extras | Bildergalerie, 12-seitiges Booklet |
Preis | ca. 14 EUR |
Bewertung | meisterlich, technisch angesichts des Filmalters gut |