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Es gibt auch Audio-Tracks zu einigen Rezensionen!
30.03. | Paul Temple und der Fall Marquis |
03.03. | Die weiße Mafia |
16.02. | Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen |
11.02. | Im Dutzend zur Hölle |
28.01. | Die Engel von St. Pauli |
21.01. | Die Todeskralle des grausamen Wolfes |
06.01. | Die Mörderklinik |
12.12. | Paul Temple: Jagd auf Z |
27.11. | Die drei Supermänner räumen auf |
30.10. | Die Heuchler |
10.10. | X 312 … Flug zur Hölle... |
03.10. | Das Todeslied des Shaolin |
15.09. | Der Koloss von Konga |
26.08. | Das Omen des Bösen |
11.08. | Menschen im Hotel |
06.08. | Mädchen: Mit Gewalt |
kurzrezension
09.11. | Return of the Warrior |
30.05. | Iron Sky - Director's Cut (blu-ray) |
21.05. | Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“ |
22.04. | True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray) |
Für eine herausragende DVD-Edition (sehr gute Bildqualität und überzeugendes Bonusmaterial) wird dieser DVD der Gipfel verliehen.
Das gesellschaftliche Klima im Italien der 70er Jahre wurde durch Verunsicherung geprägt. Mafia-Kriminalität sowie Entführungen sorgten für ein wachsendes Bedrohungspotential, das sich auch im Genre-Film niedergeschlagen hat. Sergio Martino, der unter anderem für die wunderschönen Gialli „Der Killer von Wien“ (1971), „Der Schwanz des Skorpions“ (1971) und „Die Farben der Nacht“ (1972) verantwortlich ist, zeigte mit dem 1975 gedrehten „Morte sospetta di una Minorenne“ wie man das gesellschaftliche Klima der Unsicherheit verarbeiten konnte.
Im Zentrum steht der etwas zwielichtig wirkende Germi, der sich gleich zu Beginn in einem Tanzlokal an eine junge Frau heranmacht. Nach anfänglichem Flirterfolg rennt das Mädchen jedoch weg und wird nur wenig später in einer Pension tot aufgefunden, in der Prostituierte verkehren. Germi, der mit Methoden am Rande der Legalität zu Werke geht, rekrutiert einen harmlosen Straßengauner als Gehilfen. Gemeinsam versuchen sie mit gewagten Aktionen Licht ins Dunkel zu bringen. Dabei schrecken sie auch vor kleinen Diebstählen oder Einbrüchen nicht zurück. Als wenig später eine weitere Minderjährige ermordet wird, scheint alles auf einen Ring hinzudeuten, der Mädchen als Prostituierte vermittelt.
Die nachfolgende Filmbesprechung enthält eine kleine Information, die man als kleinen Spoiler interpretieren kann. Sie nimmt zwar nicht den Spaß am Film, aber ein kleines Überraschungsmoment vorweg:
Martino verbindet die beiden zur damaligen Zeit populären Genres Giallo und Polizeifilm zu einer faszinierenden Einheit, die sich zwischendurch kleine chaotische Ausflüge leistet, um die Atmosphäre der totalen Unsicherheit zu reflektieren. So inszeniert er eine Autoverfolgungsjagd als absurden Slapstick, deren Komik als bitterer Kommentar auf die düsteren Ereignisse lesbar ist. In einer Gegenbewebung versucht der Film seinem dunklen Thema zu entkommen, das ihn aber sehr schnell wieder einholt. Kommissar Germi gehört in die klassische Kategorie der ruppigen Polizisten, welche angesichts übermächtiger Kriminalität auch mal zu halbseidenen Mitteln greifen. Claudio Cassinelli spielt diesen Polizisten mit einer Mischung aus Verzweiflung, Wut und Traurigkeit. Sein Germi leidet daran, wenn er den Weg der moralisch korrekten Ermittlungsarbeit verlässt. Während er im einen Moment mit wilder Entschlossenheit die Waffe zückt, um vermeintliche Verbrecher unter Druck zu setzen, scheint er wenig später für einen kurzen Augenblick unter der Last zusammenzubrechen. Cassinellis gekonntes Schauspiel vermittelt das innere Drama des Kommissar Germi mit emotionaler Intensität. Er ist die menschlichste Figur in einer Welt, die ansonsten nur Regelkonformität und deren Missachtung kennt. Germis einsame Wanderschaft auf dem schmalen Grat zwischen Polizeiermittlung und Selbstjustiz verbindet die beiden extremen Milieus, welche in ihrer reinen Form eine unmenschliche Kälte ausstrahlen.
Wenn Germi wieder einmal entschlossen agiert, setzt sich die Action in „Morte sospetta die una Minorenne“ durch. Eine Schießerei auf einer Achterbahn gehört ebenso zu den Höhepunkten des Films wie die Horrorthrillerelemente, für die ein schmierig wirkender Killer sorgt, der mit gespiegelter Brille sein böses Handwerk verrichtet. Das Zusammenwirken aller Elemente, die durch die Figur des Polizisten verknüpft werden, reflektiert die chaotische Gefahr, die sich gesellschaftsübergreifend breit zu machen droht. Damit ist „Morte sospetta di una Minorenne“ ein zentraler Film der 70er Jahre und seiner Befindlichkeit.
Bildqualität
Die Bildqualität der vorliegenden DVD ist unanständig gut geraten. Die Schärfe sorgt fast immer für Detailreichtum und eine gute Konturendarstellung. Nur wenige Szenen fallen etwas weicher aus. Dank eines gelungenen Kontrasts wirkt das Bild plastisch, nur sehr selten werden kleinere Details in dunklen Szenen verschluckt. Die Farbwidergabe ist ausgezeichnet. Rauschmuster konnten auf ein Minimum beschränkt werden. Ein besseres Bild dürfte aus dem Material des gut 30 Jahre alten Films nicht herauszuholen sein. Hier wurde das Optimum erreicht.
Tonqualität
Der Ton ist rauschfrei und verständlich, so dass die Dialoge gut wieder gegeben werden. Auch die wunderbare Musik, die teilweise sehr stark an Goblin erinnert, erklingt mit guter Dynamik aus den Boxen. Ein sehr guter Mono-Ton.
Extras
Der Audiokommentar von Christian Kessler und Robert Zion präsentiert in recht launiger Weise eine Fülle an Fakten, wobei der gewollt-gekünstelte Sprachstil die teilweise mit leichten Zynismen versehenen Ausführungen konterkariert. Informationen über einzelne Schauspieler, Einordnung einzelner Szenen in die Geschichte des italienischen Genre-Kinos, politische Exkurse über die neuere italienische Geschichte sowie flapsige Kommentierungen des finsteren Geschehens wechseln sich ab und lassen den Kommentar nie langweilig werden. Bleibt nur noch zu erwähnen, dass Christian Kesslers letzte Worte des Audikommentars „Deutschland wird Weltmeister“ lauten. Geld sollte man auf Kesslers heiße Tipps besser nicht setzen.
„Crime Scene Milan“ (26 Minuten) ist ein Interview mit Sergio Martino, in dem sich der italienische Regisseur an einige der Darsteller aus „Morte sospetta die una Minorenne“ erinnert und ihre Fähigkeiten beschreibt. Darüber hinaus ordnet er seinen Film in die damalige italienische Produktionsgeschichte ein und geht auf die Verleihstrategie ein, die den Titel nach seiner Meinung zu Ungunsten des späteren kommerziellen Erfolgs änderte. Insgesamt ein sympathisch daher geplaudertes Interview, das nicht allzu tief in die Materie eindringt, aber ein paar hübsche Informationen bereithält.
Eine Bildergalerie sowie der Trailer runden das Bonusmaterial ab.
Fazit
„Morte sospetta di una Minorenne” vermischt die italienischen Genres Giallo und Polizeifilm zu einer ereignisreichen Reflexion über die Bedrohungslage der 70er Jahre, denen sich die italienische Gesellschaft ausgesetzt sah. Technisch ist die DVD ausgezeichnet, das Bonusmaterial sehr gut.
Stefan Dabrock
12.10.2006
Originaltitel | Morte sospetta di una Minorenne (Italien 1975) |
Länge | 96 Minuten (Pal) |
Studio | sazuma.com |
Regie | Sergio Martino |
Darsteller | Claudio Cassinelli, Mel Ferrer, Massimo Girotti, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Italienisch |
Untertitel | Deutsch, Englisch, Niederländisch |
Extras | Audiokommentar von Christian Kessler und Robert Zion (beide Filmkritiker), Trailer, u.m. |
Preis | ca. 25 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch ausgezeichnet |