dvdheimat und blurayheimat - das magazin für dvd und bluray-rezensionen

rezensionen

30.03. Paul Temple und der Fall Marquis
03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

dvd

Wahnmoral

Saat der Angst

Saat der Angst

Die Frage nach moralisch richtigem Handeln ist ein großes Thema der Philosophie, das von griechischen Klassikern über Cicero bis hin zu Kant und natürlich auch heutigen Denkern immer wieder behandelt worden ist. In Eugenio Martíns „Saat der Angst“ steht die Moral ebenfalls im Vordergrund, allerdings treibt der Gedanke daran bei zwei Schwestern mittleren Alters extrem verquere Blüten.
Marta (Aurora Bautista) und Verónica (Esperanza Roy) betreiben in einem kleinen spanischen Dorf eine Pension. Als sie ihre Mieterin May (Loreta Tovar) auf der Dachterrasse beim Sonnenbaden im Bikini erwischen, während gegenüber ein paar Jugendliche den Anblick johlend begrüßen, will vor allem Marta, dass May die Pension verlässt. Beim anschließenden Handgemenge stürzt May die Treppe hinunter und ist tot. Was für Verónica ein Unfall ist, bezeichnet Marta als gerechte Strafe Gottes. Sie sieht sich als Werkzeug, um im Dorf für die Einhaltung der Moral zu sorgen, die durch freizügige Touristinnen zunehmend gefährdet sein soll. Schon kurz nach dem tödlichen Unfall taucht mit Helen (Lone Fleming) die nächste Frau auf, die vor allem Marta ein Dorn im Auge ist. Denn Verónica, die ein Verhältnis mit dem jüngeren Angestellten Luis (Charley Pineiro) hat, agiert eher als Mitläuferin beim wahnhaften Feldzug Martas. Gleichzeitig trifft auch noch Mays Schwester Laura (Judy Geeson) ein, die das Verschwinden ihrer Verwandten untersucht. Marta sieht ihre wichtige Mission gefährdet.
„Du sollst nicht töten“ ist eines der Gebote, das die religiös geprägte Marta nicht einfach so übertreten kann. Denn natürlich ist sie prinzipiell an diesen zentralen, ethischen Grundsatz ihres Weltbildes gebunden. Aber der Wahn schafft ihr ein Ventil, um die Frustration sowie Erregung angesichts hedonistisch auftretender junger Leute in mordlüsterner Weise abzubauen. Sie glaubt nicht nur genau zu wissen, dass die Touristinnen moralisch verdorben sind, sie glaubt auch zu wissen, dass Mord in diesem Fall moralisch gerechtfertigt ist, weil sie von Gott auserwählt wurde. Es liegt praktischerweise in der Natur der Sache, dass ein Beleg dafür nicht nötig ist. Denn Gott braucht so etwas profanes, menschliches wie einen Beweis nicht.

Es gehört zum Grundbaukasten des Fundamentalismus jenseits jeder Moral, sich selbst als Werkzeug einer höheren Macht zu begreifen. Mit Hochmut und Anmaßung als Triebfedern des Handelns lässt sich fast alles rechtfertigen. Marta geht ihren eingeschlagenen Weg mit konsequenter Härte. Dabei wird sie nicht zu einer wild-emotional auftretenden Frau, sondern bleibt weitgehend kontrolliert. In ihrem Blick ist aber die Abscheu sowie der Wahn zu sehen, der sie ergriffen hat. Dadurch wirkt Aurora Bautista ungemein bedrohlich, während die filmische Erzählung wenig Dynamik besitzt. Das liegt an der fehlenden dramaturgischen Saat der Angst Verknüpfung so mancher Einzelbegebenheit. So läuft Lauras Beziehung zu einem Mann, der May vor ihrem Verschwinden öfter gesehen hat, etwas ins Leere, auch wenn sie im Finale noch eine gewissen Rolle spielt. Das tut der zunehmend beängstigenden Atmosphäre aber keinen Abbruch. Martas grausamer Irrsinn füllt den Raum spielend ein, den die etwas einfache Erzählung offen lässt.
In einer besonders eindrucksvollen Szene läuft sie durch dorniges Gestrüpp, nachdem sie ein paar Jugendliche beim Nacktbaden beobachtet hat. Der Schmerz und die blutigen Verletzungen zeugen im gleichen Maße von sexueller Erregung wie von gerechter Bestrafung. Mit ihrem Blick auf das „unzüchtige“ Treiben hat sie sich schuldig gemacht. Dafür muss sie natürlich belangt werden, was die Dornen als „Gotteswerk“ gleich erledigen. Die Sühne sorgt für die Befriedigung, die sie aufgrund unterdrückten Verlangens sonst nicht empfindet. Gleichzeitig leidet sie, weil der Weg für die Gerechten steinig und dornig ist. So erscheint das Motiv der Qual in einem ganz anderen Licht. Denn die Lust hat viele Facetten.
Eugenio Martín spielt auch an anderer Stelle mit dem Motiv der Eindeutigkeit, das sich später zu einer komplexeren Situation entwickelt. Das verleiht dem Moralthema die Eindringlichkeit, bei der Klarheit immer nur eine Frage der vorliegenden Informationen ist.

Bildqualität

Saat der Angst

Die Bluray verfügt über ein sehr ordentliches Bild mit angenehmer Schärfe. Das vorhandene Filmkorn stört nicht und die leichte Abnutzung des vorhandenen Materials lässt sich verschmerzen. Die Farben kommen gut zur Geltung. Die sonnendurchfluteten Gassen des spanischen Dorfes mit ihren hellen Tönen strahlen einen unbeschwerte Atmosphäre aus, während Marta ihr düsteres Werk verrichtet. Weitgehend klare Kontraste unterstützen den Gegensatz zwischen der hellen äußeren Welt und den zum Teil bedrückend schummrigen Innenräumen. Angesichts des Filmalters insgesamt eine gute Veröffentlichung.

Tonqualität

Die Tonspuren sind völlig in Ordnung ohne besondere Stärken oder Schwächen aufzuweisen. Die Dialoge lassen sich gut verstehen. Bei der englischen sowie bei der ungefilterten deutschen Version ist das Hintergrundrauschen relativ deutlich, bei der gefilterten deutschen Version ist davon kaum noch etwas zu hören, dafür ist der Ton hier eine Spur dumpfer.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus der geschnittenen, alten deutschen Fassung, die alle veröffentlichungshistorisch Interessierten begeistern dürfte, einer Bildergalerie und dem Trailer zum Film.

Fazit

„Saat der Angst“ scheint auf den ersten Blick ein simpler Film über Doppelmoral im Zeichen der Religion zu sein, auf den zweiten Blick erkennt man jedoch Ambivalenzen. Denn Bewertungen ändern sich je nach Informationslage und das bleibt ein entscheidendes, ethisches Thema aller Zeiten. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

26.08.2016

   
Originaltitel Una vela para el diablo (Spanien 1973)
Länge 87 Minuten (Pal)
Studio Subkultur Entertainment
Regie Eugenio Martín
Darsteller Aurora Bautista, Judy Geeson, Esperanza Roy, Víctor Alcázar, Lone Flemming, Blanca Estrada, Charley Pineiro, Loreta Tovar, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch, Englisch
Extras Deutsche Videofassung, Bildergalerie, Trailer
Preis ca. 22 EUR
Bewertung gut technisch gut