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rezensionen

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kurzrezension

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blu-ray

Triumph des Nichts!

Sag nicht, wer Du bist

Sag nicht, wer Du bist

Auf der Suche nach der Identität stößt man oft auf rätselhafte Dinge, die verunsichern, aber auch animieren können und manchmal sind es die rätselhaften Dinge, die einen erst dazu bringen, sich mit der Identität zu beschäftigen. Doch im Rätsel lauert auch die verborgene Gefahr, am Ende nur noch in Ausdruckslosigkeit zu erstarren.
Tom (Xavier Dolan) fährt angesichts der Beerdigung seines verstorbenen Liebhabers Guillaume von Montreal zu dessen Mutter Agathe (Lise Roy), die auf einer Farm wohnt. Scheinbar weiß sie nichts von der Homosexualität ihres toten Sohnes. Guillaumes Bruder Francis (Pierre-Yves Cardinal), der die Farm bewirtschaftet, schleicht sich nachts in Toms Zimmer, um ihm gewaltsam mitzuteilen, dass Agathe auch weiterhin darüber im Unklaren bleiben soll. Tom lässt sich darauf ein, Agathe eine entsprechende Komödie vorzuspielen. Doch Francis Forderungen werden immer zudringlicher, weil er den Gast aus der Stadt offensichtlich nicht mehr abreisen lassen will. Tom macht dabei weiter mit.

Xavier Dolan legt bei „Sag nicht, wer Du bist“ einen Inszenierungs- und Erzählstil an den Tag, der nur mehr ein völlig offenes Angebot an Publikum und Kritiker ist, den Inhalt selbst zu bestimmen. Dabei geht es nicht um die banale Tatsache, dass filmische Erzählungen und deren Bilder immer einer individuellen Interpretation unterliegen, nein, Dolan weigert sich einfach, Emotionen, Drama, Spannung oder sonstige inhaltliche Punkte jenseits eines dürren Gerüstes aus wenigen, mageren Eckpunkten zu formulieren. Er verhält sich wie ein Zauberer, der sein Publikum zwingt, die Tricks selbst zu imaginieren.
Die Erzählung wird immer bis zu bestimmten Punkten geführt, an denen andeutungsweise etwas Zentrales passiert, dann aber bricht Dolan ab und macht woanders weiter. Übrig bleibt eine Ellipse. So nimmt Francis den unverhofften Gast Tom eines abends auf eine Spritztour mit. In der dunklen Einsamkeit der ländlichen Einöde kommt es zu einer gewaltsamen Annäherung, deren Folgen nicht gezeigt werden. Francis und Tom waschen sich ihren blutigen Arme, weil sie möglicherweise bei der Geburt eines Kalbes geholfen haben. Die Aktion war jedoch nicht zu sehen, später an einem anderen Tag wird ein totes Kalb gezeigt. Gegen Ende ruft Tom eine Frau mit dem Namen Sarah (Evelyne Brochu) an, die Guillaumes Freundin spielen soll. Tatsächlich kommt sie auch, die genaue Beziehung zwischen Tom und ihr bleibt im Unklaren. Die Liste ließe sich noch weiter fortführen. Das Stilmittel der Ellipse ist an sich nichts verwerfliches, lässt sich doch auf diese Weise eine elegante Offenheit und damit auch Sag nicht, wer Du bist Vielschichtigkeit kreieren, wenn sie einen Resonanzboden hat. Sie benötigt zuvor oder danach formulierte Themen beziehungsweise Dramen, mit denen sie kommuniziert. In „Sag nicht, wer Du bist“ ist das jedoch nicht der Fall, die Ellipse wird zum Selbstzweck eines billigen Taschenspielers.

Alles, was innerhalb des Films formuliert wird, ist die Fragestellung der Homosexualität innerhalb eines völlig unklaren, weil nicht charakterisierten Umfeldes. Wie steht die Mutter, die so krampfhaft vor der Erkenntnis über die sexuelle Orientierung ihres Sohnes bewahrt werden soll, tatsächlich dazu? Unklar. Welches sexuelle Begehren findet in Francis und welches in Tom statt? Unklar. Was treibt Sarah an? Unklar. Natürlich kann man sich zu allem etwas ausdenken, aber Dolan hält nicht einmal den Hauch einer Andeutung parat. Das was zu sehen ist, kann alles und nichts bedeuten. Passend dazu wirken die Gesichter der Darsteller die meiste Zeit über völlig steril. Weder sie noch die Bildgestaltung sind dazu geeignet, auf emotionaler Ebene in die Bresche der mit zunehmender Laufzeit zum lästigen Gag verkommenden Nullstellen zu springen. Die kühle Atmosphäre setzt sich bis zum drögen Ende fort. „Sag nicht wer Du bist“ wirkt zunehmend wie eine aseptische Aneinanderreihung bedeutungsloser Szenen. Ein einziges miteinander verschlungenes Rätsel, das keine Lösung hat, das nur dazu einlädt, den Sinn, das Drama, die Fragestellung und alles weitere sonst selbst zu gestalten.

Bildqualität

Sag nicht, wer Du bist

Die Bildqualität der Bluray ist erwartungsgemäß sehr gut. Die knackige Schärfe sorgt für klare Konturen und einen hohen Detailgrad. Die Farben sehen kräftig aus, der Schwarzwert ist tief. Der ausgewogene Kontrast sorgt für eine vielschichtige Bildwiedergabe.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren klingen ebenfalls gut. Zu den klaren Dialogen gesellt sich die druckvolle Musik, die auch aus den hinteren Lautsprechern ertönt. So entsteht eine räumliche Atmosphäre.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

Xavier Dolan treibt es mit seinen Ellipsen zu weit. „Sag nicht wer Du bist“ ist emotionsloses, nichtssagendes Kino der schlechten Art, das lediglich dazu einlädt, seine eigenen Gedanken in das ausgestellte Nichts zu projizieren. Technisch ist die Bluray sehr gut.

Stefan Dabrock

12.01.2015

   
Originaltitel Tom à la ferme (Kanada/Frankreich) 2013)
Länge 102 Minuten (24p)
Studio Indigo
Regie Xavier Dolan
Darsteller Xavier Dolan, Pierre-Yves Cardinal, Lise Roy, Evelyne Brochu, Manuel Tadros, Jacques Lavallée, Anne Caron, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS HD Master 5.1 Deutsch, Französisch
Untertitel Deutsch
Extras -
Preis ca. 18 EUR
Bewertung schwach, technisch sehr gut