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dvd

Mit Volldampf in die Betten

Schwarzer Nerz auf zarter Haut – Mord an Bord

Schwarzer Nerz auf zarter Haut – Mord an Bord

Nachdem der Schweizer Erwin C. Dietrich als Produzent zweier Heimatfilme Mitte der 1950er Jahre ins Kinogeschäft eingestiegen war, verlegte er sich in den 1960ern auf Krimis. Titel wie „Schwarzer Markt der Liebe“ (BRD 1966), „St. Pauli zwischen Nacht und Morgen“ (BRD/Frankreich 1967) oder auch „Seitenstraße der Prostitution“ (BRD 1967) zeugen davon, dass Dietrich keine Scheu vor Sex- und Milieuthemen hatte. Während dabei Spannung und Atmosphäre noch häufig im Vordergrund standen, markiert der im Reportstil pseudoaufklärerisch angelegte „Seitenstraße der Prostitution“ bereits eine Abkehr von solchen inszenatorischen Prinzipien. Sex wurde im Werk Dietrichs ein bestimmendes Merkmal, das auch seine eigene Regiearbeit „Schwarzer Nerz auf zarter Haut“ prägt. Formal legte der Schweizer den Film nach einem Spionagethriller des Trivialschriftstellers Heinz G. Konsalik noch als Agententhriller an, inszenatorisch spielt so etwas wie Spannung jedoch kaum eine Rolle. Somit wirkt der Film wie ein Übergangswerk zwischen dem frühen Genrekino Dietrichs und den reinen Sexfilmen, die er als Regisseur in den 1970ern und frühen 1980ern realisierte.
Der Agent Hergarten (Erwin Strahl) soll auf einem Kreuzfahrtschiff wichtige, wissenschaftliche Geheimpapiere nach Amerika bringen, bevor sie in die falschen Hände konkurrierender Geheimdienste landen. Unterstützt wird er dabei durch eine attraktive Kollegin (Franca Polesello). Gemeinsam versuchen sie die gegnerischen Agenten in Schach zu halten, die sich als Passagiere oder gar als Schiffsarzt (Herbert Fux) getarnt ebenfalls an Bord des Luxusliners befinden. Dazu gehört auch eine verführerische Brünette (Tamara Baroni), mit der Hergarten noch kurz vor seiner Abreise im Bett war. Als die erste Leiche zu beklagen ist, wissen alle, dass auch der Tod mitfährt.

Theoretisch hätte Erwin C. Dietrich die Möglichkeiten aufnehmen können, die ein Spionagekonkurrenzkampf auf engem Raum bietet, aber an der Inszenierung eines Thrillers war der Schweizer nicht interessiert. Ganz nebenbei hakt er ein paar Standards des Genrekinos ab, indem er mehrere Leichen präsentiert. Eine Auflösung, wer für die Morde verantwortlich ist, bleibt er jedoch schuldig. In einer Szene stellt er sogar auf absonderliche Weise in Frage, ob die Toten überhaupt existieren. Denn einer der Körper verschwindet wie von Geisterhand wieder.
Während Dietrich die Krimihandlung mit nachlässiger Ignoranz straft wird schnell klar, worauf es ihm ankommt. Symptomatisch dafür ist eine Nebenhandlung über einen Gigolo, der sich auf primitive Weise an eine Frau heranmacht. Er benutzt schäbige Methoden, um sein Objekt der Begierde schließlich ins Bett zu bekommen. Hintergründe über die beiden Figuren lässt Schwarzer Nerz auf zarter Haut – Mord an Bord Dietrich, der auch das Drehbuch geschrieben hat, im Dunkeln. Er präsentiert lediglich zwei Menschen im luftleeren Raum, die er für eine schmierige Sexgeschichte benutzt. Passend dazu geht es auch bei den Agenten nur um das Eine. Die attraktive Kollegin Hergartens ist mehr damit beschäftigt, mit ihrem beruflichen Partner die Betten zu testen, als sich um ihre Spionagetätigkeit zu kümmern. Die brünette Geheimdienstmitarbeiterin der Gegenseite behält sie hauptsächlich im Auge, weil diese eine Konkurrentin um die Gunst Hergartens ist. Herbert Fux als Schiffsarzt und Agent will ebenfalls in erster Linie seine sexuelle Lust befriedigen, während der Kampf um die wichtigen Papiere nebenher läuft.
Aus der Konzentration auf Bettszenen mit nackter Haut resultiert ein absurdes Theater, bei dem die Dinge, die sonst die Handlung vorantreiben würden, im Stile zahlreicher Botenberichte in die Dialoge gesteckt wurden. Viel mehr Filmzeit räumt Dietrich Einstellungen ein, in denen Menschen durch die Flure des Schiffes gehen, an der Bar sitzen, tanzen oder sich eben im Bett aufhalten. Das Geschehen kommt dabei zum Stillstand, weil die Geheimpapiere keine Rolle mehr spielen und die amourösen sowie die Freizeitabenteuer isolierte Einzelszenen sind.
Der ohnehin kaum vorhandene Zusammenhalt der vielen für nichts stehenden Szenen wird zusätzlich torpediert, indem auf inflationäre Weise immergleiche menschenleere Bilder vom fahrenden Ozeanriesen zu sehen sind. Sie sollen vermutlich daran erinnern, dass sich alle noch an Bord eines Schiffes befinden, außerdem dienen sie zu Verlängerung des Films auf knapp 90 Minuten. Das ist der Offenbarungseid eines Regisseurs, der sich einfach weigert, die Geschichte zu erzählen und stattdessen seine eigene Obsession von nackter Haut auslebt. Leider fehlt Dietrich das filmische Handwerkszeug oder der geistige Wahnsinn, um das interessant zu halten.

Bildqualität

Schwarzer Nerz auf zarter Haut – Mord an Bord

Das Bild der DVD entspricht der Qualität einer etwas abgenutzten, aber noch sehr ordentlichen Filmkopie. Das analoge Rauschen stört nicht, die Schärfe ist solide. Allzu viele Details sollte man bei der Darstellung nicht erwarten, aber das Ergebnis ist für einen Film Ende der 1960er Jahre völlig in Ordnung. Die Farben wirken leicht ausgebleicht, der Kontrast ist etwas steil.

Tonqualität

Der 2.0-Monoton kommt ohne gravierende Schwächen daher. Die Dialoge lassen sich gut verstehen, Verzerrungen sind kaum zu hören. Ein gelungener Monoton.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einem gut vierminütigen Interview mit Darsteller Claus Tinney, in dem er sich relativ oberflächlich an die Dreharbeiten erinnert, einem Grußwort Tinneys und einer Bildergalerie. Außerdem enthält die DVD noch eine PDF-Datei des vollständigen Cinesex-Romans „Visione Nero Su Pelle Morbida“ in dem die Handlung des Films mit Standbildern und Sprechblasen nacherzählt wird.

Fazit

„Schwarzer Nerz auf zarter Haut“ ist ein als Agententhriller getarnter Sexfilm, bei dem Erwin C. Dietrich die Genrehandlung mit Nichtbeachtung straft und sich stärker um nackte Tatsachen kümmert. Leider fehlt Dietrich jede filmisch Inspiration, um sein absurdes Theater ohne stringente Handlung interessant zu halten. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.

Stefan Dabrock

26.08.2014

   
Originaltitel Schwarzer Nerz auf zarter Haut (BRD 1969)
Länge 85 Minuten (Pal)
Studio Pidax Film
Regie Erwin C. Dietrich
Darsteller Tamara Baroni, Erwin Strahl, Herbert Fux, Claus Tinney, Franca Polesello, Elio Crovetto, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch
Untertitel -
Extras Grußwort von Claus Tinney (Darsteller), Interview mit Claus Tinney, Bildergalerie
Preis ca. 11 EUR
Bewertung schwach, technisch sehr ordentlich