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Anonyme Briefe aus Blei

1000 Dollar Kopfgeld

Rezension von Stefan Dabrock vorlesen lassen

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1000 Dollar Kopfgeld

Klaus Kinskis Rolle in „1000 Dollar Kopfgeld“ ist zwar nur sehr klein, der Genre-Hybrid aus Italowestern und Krimi gehört aber nicht zuletzt aufgrund Gianni Garkos herrlich blasierter Darstellung eines privaten Ermittlers zu den sehenswerten Genrevertretern seiner Zeit.
Nach einem Überfall auf den örtlichen Saloon, bei dem zwei der Angreifer erschossen wurden, wird Klaus Kinski alias Chester Conway eingebuchtet. Obwohl die Täter maskiert waren, so dass der dritte Mann, der entkommen konnte, keineswegs einwandfrei identifizierbar ist, sind die meisten Bürger überzeugt, dass es sich um Conway handelt. Denn der Eingesperrte hat sich mit seinem moralisch nicht einwandfreien Lebenswandel in dem kleinen Städtchen sehr unbeliebt gemacht. In einem Schauprozess wird Conway trotz fehlender Beweise zum Tode am Galgen verurteilt. Sein Pflichtverteidiger engagiert daraufhin den privaten Ermittler Mister Silver, der die wahren Hintergründe aufklären soll, um so die Unschuld Conways zu beweisen.

Ein Unbekannter beobachtet eine junge Frau durch ein Fenster. Nach kurzer Zeit geht er um das Haus herum, klopft an der Tür und dringt in den Wohnraum ein, nachdem die junge Frau in Erwartung ihrer Mutter geöffnet hat. Mit vorgestreckten Händen geht der Unbekannte langsam auf sein Opfer zu. Es kommt schließlich zu einem kleinen Handgemenge, in dessen Verlauf die Frau getötet wird. Die ganze Szene, die aus der subjektiven Sicht des Mörders gefilmt wurde, stellt eindeutige Genreparallelen zum Giallo her, der zum Entstehungszeitpunkt des Films 1000 Dollar Kopfgeld bereits große Popularität genoss. So ist es nur konsequent, dass die gesamte Handlung in „1000 Dollar Kopfgeld“ als großes Rätsel weiter entwickelt wird, um eine Verbindung aus Italowestern und Krimi zu erzeugen. Der für die Ermittlung wichtige Bezug zwischen dem subjektiv gefilmtem Mord am Anfang des Werkes und dem Überfall auf den Saloon bleibt bis zum Schluss im Unklaren, auch wenn es durchaus möglich ist, ihn selbst zu erschließen. Garko als Mister Silver führt seine Nachforschungen als Kampf gegen die Bigotterie der sich selbst wohlanständig fühlenden Bürger durch, die an der wahren Aufklärung gar nicht interessiert sind. Der Fall kommt ihnen gerade recht, um Conway los zu werden. Mit den Mitteln des Unrechts wollen sie ihre Form der Gesellschaftsorganisation durchsetzen, in der kein Platz für lasterhaftes Verhalten wie Lust und Glücksspiel sein soll. Mister Silver hat für derlei Rechtsbeugung ebenso wenig übrig wie für Morde an wehrlosen Menschen. Seine Ermittlungen stehen weder im Dienste Conways noch des Gesetzes, sondern seiner eigenen Moralvorstellungen, die nur den offenen Kampf akzeptieren.

Natürlich spielt auch Geld eine große Rolle, um ihn überhaupt aktivieren zu können. Denn Mister Silver benimmt sich wie ein echter Dandy, der Arbeit, wenn auch gegen Bezahlung, nur zum Zeitvertreib nachgeht, eine kultivierte Kleidung sowie höfliche Umgangsformen pflegt und nie um eine hintergründige Entgegnung verlegen ist. Trotz seines fragwürdigen Rufes – er tötet gegen Geld, indem er seine Gegner provoziert, um sie in Notwehr zu erschießen – verleiht im sein demgegenüber anständiges, ohne falsche Tricks arbeitendes Auftreten eine Autorität, die sonst nur noch die Saloonbesitzerin für sich in Anspruch nehmen kann. Ohne Verlogenheit betreibt sie ganz offen ihr Gewerbe mit Glücksspiel und Prostitution. Während des Prozesses gegen Conway hält sie trotz persönlicher Hassgefühle auf den Angeklagten eine flammende Rede für ein anständiges Verfahren, bei dem es um Beweise und nicht um Vorverurteilung geht. Der blasierte, dandyhafte Silver und die handfester wirkende Etablissementchefin werden schließlich zum Stachel im Fleisch einer Gesellschaft, die nur ihresgleichen dulden will. Die abgehobene Art des ermittelnden Helden versetzt ihn in eine Position, über den Dingen schwebend seine Nachforschungen durchzuführen. Das macht ihn letztlich unantastbar, obwohl die Gefahr stets präsent bleibt. Denn in den nächtlichen Gassen des kleinen Örtchens peitschen die Pistolen- und Gewehrschüsse gerade auch in Mister Silvers Richtung.

Hier übertreibt Regisseur Lorenzo Gicca Palli das eingeschlagene Konzept auch ein wenig, wenn er sehr ähnlich inszenierte Anschlagsversuche mehrfach im Film unterbringt. Um ihnen auch beim dritten mal noch Spannung abringen zu können, wäre eine differenzierte Kameraarbeit notwenig. Eine entsprechende Variation der Szenen fehlt aber. Genauso irritierend bleiben die derben Komödienausflüge. Zweimal ist ein Goldgräbercamp zu sehen, in dem sich die angehenden Millionäre wie in einem Spencer-Hill-Film prügeln, ohne dass die Drescharien in irgendeinem stilistischen oder inhaltlichen Zusammenhang zum Rest des Films stehen. Das Camp selbst spielt zwar eine kleine Rolle, das im Film gezeigte Verhalten seiner Bewohner aber nicht. Hier kommt eine gewisse Unsicherheit zum Ausdruck, ob neben der Verschmelzung mit dem modernen Krimi nicht auch noch der Trend der Italowesternkomödie eingefangen werden soll. Letzteres funktioniert nicht, vermag dem Film aufgrund der sehr kurzen Ausflüge in das Terrain aber auch nicht zu schaden.

Bildqualität

Das weitgehend saubere Bild der DVD verfügt über eine angesichts des Filmalters gute Schärfe, die natürlich nicht verhindern kann, dass das Bild etwas weich wirkt. Schlecht ist die Schärfe aber nie. Die kräftigen Farben überzeugen ebenso wie der gute Kontrast, der für eine differenzierte Darstellung der einzelnen Elemente sorgt. Der Schwarzwert ist zwar nicht immer optimal, da die Nachtszenen etwas ins gräuliche gehen, aber auch das bleibt im Rahmen. Neben einem leichten Hintergrundrauschen fallen keine weiteren Rauschmuster störend auf.

Tonqualität

Die 2.0-Mono-Tonspuren weisen verständliche Dialoge ohne nennenswertes Rauschen auf. Während der deutsche Ton nur wenig Volumen besitzt, überzeugt der italienische Ton auch auf diesem Gebiet, wenn auch mit kleinen altersbedingten Abstrichen. Insgesamt kann man mit dem Ton zufrieden sein.

Extras

1000 Dollar Kopfgeld

In der Featurette „Giallo Western“ (etwa 20 Minuten) ordnet Filmjournalist Antonio Bruschini das Werk in den Kontext einer von ihm als Giallo-Western-Trilogie bezeichneten Reihe dreier Filme ein. Darüber hinaus beleuchtet er ein wenig den Stil des Films und setzt ihn in Bezug zur öffentlichen Wahrnehmung bei seinem Kinostart. Daneben kommen auch noch Kameramann Franco Villa sowie Darsteller Gianni Garko zu Wort. Während sich Garko und Villa an die angenehme Zusammenarbeit mit Klaus Kinski erinnern äußert sich Villa zusätzlich über die damaligen Gepflogenheiten in der Filmbranche. Ein gewohnt gelungener Beitrag.

Im Klappentext geht Steffen Wulf vor allem auf den Aspekt der kriminalistischen Ermittlungen innerhalb des Films ein, beschäftigt sich mit einigen Darstellern und benennt aus seiner Sicht vorhandene inszenatorische Schwächen des Werkes.

Eine Bildergalerie ist ebenfalls auf der DVD enthalten.

Fazit

„1000 Dollar Kopfgeld“ ist es erfolgreich gelungen, Italowestern und Krimi zu verschmelzen, da die rätselhaften Hintergründe der zwei Straftaten die Handlung stets interessant halten. Leichte inszenatorische Schwächen auf Seiten der Kameraarbeit, die etwas mehr Variationsreichtum benötigt hätte, und bei der Hereinnahme zweier unnötig derb-humoriger Prügelszenen stören kaum. Technisch ist die DVD gelungen.

Stefan Dabrock

17.04.2010

   
Originaltitel Il venditore di morte (Italien 1971)
Länge 89 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Lorenzo Gicca Palli
Darsteller Gianni Garko, Franco Abbiana, Gely Genka, Luciano Catenacci, Giancarlo Prete, Klaus Kinsi, Alfredo Rizzo, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch
Untertitel Deutsch, Englisch
Extras Featurette „Giallo Western“, Bildergalerie, Trailer, Klappentext
Preis ca. 11 EUR
Bewertung guter Durchschnitt, technisch gelungen