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dvd

Die Last der inneren Dämonen

Beast Stalker

Special Edition (2 DVDs)

Rezension von Stefan Dabrock vorlesen lassen

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Beast Stalker

Dante Lam gehört zu den gehobenen Regisseuren des aktuellen Hongkong-Kinos, der sich auf packende Genre-Filme versteht. Neben dem jetzt auf DVD veröffentlichten „Beast Stalker“ lief auch sein 2000 entstandener Film „Jiang Hu: The Triad Zone“ („Kong woo giu gap“) auf der Berlinale.
Die Handlung in „Beast Stalker“ lehnt sich an klassische Genre-Muster an. Ein Gangster fürchtet, vor Gericht zu einer langen Haftstrafe verurteilt zu werden. Deswegen lässt er die Tochter der zuständigen Staatsanwältin entführen, um die Frau erpressen zu können. Sie soll wichtige Beweismittel vernichten, die für eine Verurteilung unumgänglich sind. Für die Staatsanwältin ist die Entführung der eigenen Tochter bereits der zweite Schicksalsschlag innerhalb kurzer Zeit, da ihre andere Tochter nur wenig zuvor bei einem tragischen Unfall ums Leben kam. Darin war auch der Polizist Tong verwickelt, der auf ein flüchtiges Auto geschossen hat, ohne zu wissen, dass sich im Kofferraum ein kleines Mädchen befand. Denn die Gangster, die Tong verfolgt hatte, mussten nach einem spektakulären Autounfall den Wagen wechseln. Das Gefährt der Staatsanwältin war gerade griffbereit, da sie ein paar Meter entfernt telefonierte. Die Gangster schnappten sich ihr Auto und verfrachteten das kleine Mädchen in den Kofferraum, wo es durch Tongs Schüsse tödlich getroffen wurde. Nachdem die zweite Tochter der Staatsanwältin nun entführt wurde, setzt Tong alles daran, das Leben des kleinen Mädchens zu retten.

Alle zentralen Figuren innerhalb des Films sind durch den spektakulären Autounfall verbunden, der eine Reihe tragischer Schicksalsschläge für die Beteiligten nach sich gezogen hat. Dante Lam gelingt es, diese absolut unwahrscheinliche und kaum glaubwürdige Konstellation dank eines intensiv in Szene gesetzten Genre-Kontextes in den Hintergrund zu drängen. Dadurch vermeidet er, dass das Geschehen in seiner Konstruktion so deutlich zu Tage tritt, dass es das Beast Stalker eigentliche Drama überstrahlen würde. Stattdessen forciert er einerseits die Suche nach dem entführten Mädchen und stellt andererseits die Situation des Entführers in den Mittelpunkt. Da beides eine emotionale Kraft jenseits der Verquickung mit dem Unfall besitzt, funktioniert Lams Erzählung. Nach dem Tod des kleinen Mädchens hat Polizist Tong die Nähe ihrer Schwester gesucht, um mit seiner Schuld fertig werden zu können. Ihre Entführung versetzt ihn in einen Zustand größter Angst, erneut versagen zu können. Da er den einen Tod tragischerweise verursacht hat, fühlt er sich verantwortlich für das Leben des verschleppten Mädchens. Die Suche nach ihr wird für Tong deswegen auch zu einer notwendigen Aktion, um seinen inneren Zusammenbruch zu verhindern. Daraus resultiert eine Rastlosigkeit, mit der er seine Ermittlungen durchführt. Nahezu im Alleingang will er symbolisch wieder gut machen, was faktisch gar nicht gut zu machen geht. Denn die Rettung des entführten Mädchens, wird ihre tote Schwester nicht wieder lebendig machen.

Lam verknüpft Tongs verzweifelten Kampf um das Leben des Entführungsopfers, den der Polizist zur Eindämmung seiner inneren Dämonen führt, mit dem Schicksal des ebenfalls verzweifelten Entführers. Als körperlich Gezeichneter hat er eine Frau zu versorgen, die nahezu vollständig gelähmt ist. Die Gefangennahme des kleinen Mädchens bietet ihm die Möglichkeit, das notwendige Geld zu beschaffen, um über die Runden zu kommen. Insofern bilden er und Polizist Tong zwei Pole, die nicht wegen der reinen Profitgier gegeneinander stehen. Ihre persönlichen emotionalen Schicksale sind jeweils mit der Entführung verbunden. Hinter dem Kampf stehen existenzielle Beweggründe, welche dem dramatischen Genregeschehen eine Vielschichtigkeit verleihen. Die Frage um Leben und Tod reflektiert die weitreichenden Konsequenzen, mit denen die Figuren konfrontiert werden, wenn sie gegen den jeweils anderen unterliegen. Der rasante Schnitt, der auch vergleichsweise ruhige Ereignisse mit einer Dynamik versetzt, steigert die Emotionalität der Ereignisse immer weiter, bis sie im Finale auf konsequente Weise melodramatisch kulminieren. Damit korrespondiert die leicht unruhige, aber niemals hektische Handkamera, welche den Stadtraum Hongkongs immer wieder als erdrückenden Kosmos präsentiert, wenn beispielsweise große, unpersönliche Wohnblocks eingefangen werden. Die Figuren kämpfen darin gegen das Schicksal, das seine mächtige Kraft offenbart, ohne dass es zur alles bestimmenden Komponente wird. Denn Tong zeigt, dass sein Kampfeswille eine Rolle spielt.

Bildqualität

Das saubere und konturenscharfe Bild der DVD mag zwischenzeitlich leichte Schwächen beim Detailreichtum aufweisen, gehört aber zu den guten Vertretern seiner Zunft. Die gräuliche Farbpalette, die nur selten einmal zu bunten Tönen greift, wurde sehr gut auf die DVD übertragen. Der ausgewogene Kontrast sorgt für ein differenziertes Bild. Die Körnigkeit des Bildes unterstützt die dynamische Atmosphäre des emotionalen Geschehens auf hervorragende Weise. Sonstige Rauschmuster fallen nicht auf.

Tonqualität

Die 5.1-Tonspuren verfügen über klare und verständliche Dialoge, können aber nicht die räumliche Atmosphäre entfachen, die man sich angesichts der Dramatik des Geschehens gewünscht hätte. Das liegt vor allem daran, dass die hinteren Lautsprecher kaum für Geräuscheffekte genutzt werden. Einzig die Musik sorgt hier für ein wenig räumliche Atmosphäre. Insgesamt ein ordentlicher, aber nicht ganz gelungener Ton.

Extras

Beast Stalker

Der deutsch untertitelte Audiokommentar von Dante Lam (Regie), Jack Ng (Drehbuch) und Wai-Ming Yau (Produktionsdesign) widmet sich sowohl den Drehorten als auch den Themen der Geschichte, die über die schicksalshaften Ereignisse transportiert werden sollen. Darüber hinaus erfährt man auch etwas über die Drehbedingungen in Hongkong, die manchmal recht ruppig sein können. Insgesamt ein lohnenswerter Kommentar.

Auf der zweiten DVD ist das restliche ebenfalls deutsch untertitelte Bonusmaterial untergebracht.
Das etwa 14minütige Making Of ist überraschenderweise nicht nur reines PR-Gerede, sondern geht auch auf ein paar Stunts sowie die Verhältnisse vor Ort ein. Das macht den Beitrag zwar nicht überragend, sorgt aber für interessante Passagen.

Hinter „Behind the scenes“ (etwa 25 Minuten) verbirgt sich unkommentiertes B-Roll-Material, bei dem man neben viel Leerlauf immerhin auch nochmal einen Blick auf die Vorbereitungen zu einigen Actionszenen werfen kann. Besonders faszinierend ist die Rahmenkonstruktion, die für den Autoüberschlag gebaut wurde.

Die Deleted scenes (etwa 21 Minuten) sind eine ganz hübsche Ergänzung zum Film, indem beispielsweise am Ende thematisiert wird, dass die Staatsanwältin nun nach Peking umsiedelt, etwas Besonderes haben sie aber nicht zu bieten.

Das etwa 17minütige Interview mit Regisseur Dante Lam setzt die beiden letzten Filme Lams - „Beast Stalker“ und „The Sniper“ - miteinander in Bezug, geht auf einzelne Darsteller und Drehorte sowie das Motiv der Hoffnung ein. Darüber hinaus äußert sich der Hongkong-Chinese in dem interessanten Gespräch auch über geplante Projekte.

In seinem etwa achtminütigen Interview äußert sich Darsteller Nick Cheung über sein Verhältnis zur Thematik des Films, die Vorbereitung auf die Rolle und seine Art sich als Schauspieler zu entwickeln. Ein recht ordentliches Interview.

Hinter dem etwa achtminütigen Beitrag „Interview Lam/Cheung“ verbirgt sich kein Interview sondern ein Zusammenschnitt mit Impressionen vom Far East Festival in Udine, bei dem „Beast Stalker“ lief.

Trailer zum Film sind ebenfalls auf der DVD enthalten.

Fazit

„Beast Stalker“ nutzt die Genregeschichte um die Entführung eines kleinen Mädchens, mit deren Hilfe ein Gangster eine Staatsanwältin erpressen will, zur intensiven Betrachtung seiner Hauptfiguren, die gegen die Konsequenzen erlittener Schicksalsschläge kämpfen. Dank seines dynamischen Inszenierungsstils gelingt Regisseur Dante Lam eine melodramatische Überhöhung der Ereignisse, die ihre volle Wucht entfalten. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

14.04.2010

   
Originaltitel Ching yan (Hongkong 2008)
Länge 106 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Dante Lam
Darsteller Nicholas Tse, Jingchu Zhang, Nick Cheung, Kai Chi Liu, Pu Miao, Philip Keung, Jing-hung Kwok, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Kantonesisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar mit Dante Lam (Regie), Jack Ng (Drehbuch) und Wai-Ming Yau (Produktionsdesign), Making Of, Deleted Scenes, Trailer, u.m.
Preis ca. 14 EUR
Bewertung sehr gut, technisch recht gut