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kurzrezension

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Roms Zwillinge

Die Kröte

Die Kröte

Umberto Lenzi hat wie viele italienische Regisseure der 1960er – 1980er Jahre vom Monumentalfilm über den Italowestern und den Giallo bis zum Polizeifilm nahezu jedes Genre bedient, das in Italien gerade populär war. Dabei ging es oft rabiat zu, aber der Gangsterfilm „Die Kröte“ wirkt ruhiger.
Vincenzo Marazzi (Tomas Milian), auch 'Der Bucklige' genannt, ist wieder in Rom aufgetaucht. Der Gangster will mit ein paar alten Kumpanen, zu denen unter anderem der aufbrausende Milo (Salvatore Borghese) gehört, einen großen Coup landen. Das Ziel ist der Geldtransporter einer Bank, der nur mäßig gesichert ist. Aber der Tag der fetten Beute wird für Vincenzo zu einem Albtraum, weil seine Komplizen planen, ihn zu töten und das Geld alleine einzustreichen. Trotz einer Schussverletzung gelingt Vincenzo die Flucht. Unterstützt von der Prostituierten Maria (Isa Danieli), die ihm Unterschlupf gewährt, und seinem Zwillingsbruder Monnezza (Tomas Milian) sinnt er auf Rache. Gleichzeitig will Vincenzo aber auch mit neuen Beutezügen erfolgreich sein.
Umberto Lenzi wusste genau, dass er auf genretypische Zutaten wie Schießereien und Verfolgungsjagden nicht verzichten durfte, sollte „Die Kröte“ erfolgreich sein. Aber das Herz des Films bildet die darstellerische Leistung Tomas Milians, der in der Doppelrolle des Zwillingsbruderpaares Vincenzo/Monnezza überzeugt. Der körperlich gezeichnete 'Bucklige' hat auch mit psychischen Narben zu kämpfen. Milian spielt diesen Gangster mit unterdrückter Anspannung, die stets in Gewalt ausbrechen kann. Vincenzo glaubt, von den Reichen der Gesellschaft um seinen gerechten Anteil am Wohlstand betrogen worden zu sein. Das hat eine Verbitterung ausgelöst, die er mithilfe krimineller Beutezüge abbauen möchte. Sein leicht verzerrtes Minenspiel spiegelt die eigenen inneren Wunden ebenso wieder wie es die restliche Bevölkerung an Probleme zwischen Arm und Reich erinnert. Vincenzo kommt wie das schlechte Gewissen der Menschen über ihr Gemeinwesen und verbreitet gehörigen Schrecken. So erzählt Lenzi nicht nur vom Drama einer Schattengestalt, er bindet sie auch in Andeutungen eines größeren Zusammenhangs ein, der vor allem in der Discoszene präsent ist. Erst hat Vincenzo Schwierigkeiten, in den exklusiven Club eingelassen zu werden, und dann überschüttet er die starr vor Schreck umherstehenden Wohlhabenden mit einer düsteren Rede über Macht und Geld. Dabei wirkt Milian so bedrohlich, als wäre er der Leibhaftige selbst, der ein Strafgericht abhält.
Vincenzos Zwillingsbruder Monnezza strahlt demgegenüber die Leichtigkeit des Lebenskünstlers aus, der auf sein Schicksal als armer Mensch mit lockeren Sprüchen reagiert. Etwas halbherzig versucht er, an den kriminellen Aktivitäten seines Bruders teilzuhaben, aber Die Kröte in Wirklichkeit steckt in diesem Hallodri kein Verbrecher mit Gewaltneigung. Stattdessen schlägt er sich mit dem Instinkt der Straße durchs Leben, um nicht vollkommen unter die Räder zu geraten. Milian verkörpert Monnezza mit einer Mischung aus aufgedrehter Energie und lässiger Schnoddrigkeit, um ein Gegenbild zu Vincenzo zu entwickeln. Dank der einzigartigen Schauspielkunst Milians, hat man tatsächlich das Gefühl, zwei verschiedene Menschen zu sehen.

Aus dem ungleichen Brüderpaar entwickeln Lenzi und Milian eine Geschichte, in der es in überzeichneter Form um die Auswirkungen sozialer Probleme auf betroffene Menschen geht. Die Details der gesellschaftlichen Aspekte interessieren sie dabei nicht. Während Vincenzo zur Gewalt greift, droht Monnezza ein Schicksal in Resignation. Beide Reaktionen auf empfundenes Unrecht spiegeln die tiefen psychologischen Wunden wieder, mit denen sie zu kämpfen haben.

Bildqualität

Die Kröte

„Die Kröte“ sieht auf der DVD-Veröffentlichung ausgesprochen sauber aus. Die Farben der an sich gut erhaltenen Vorlage wirken leicht ausgebleicht, können sich angesichts des Filmalters aber noch sehen lassen. Der Kontrast wirkt leicht flau, ohne dass sich das besonders störend auswirkt. Die Schärfe des Bildes macht einen guten Eindruck, auch wenn es natürlich nicht so detailreich wie bei vielen aktuellen Produktionen ist.

Tonqualität

Die Mono-Tonspuren werden alles von einem leichten Hintergrundrauschen begleitet, das die Verständlichkeit der Dialoge aber nie beeinträchtigt. Nennenswerte Verzerrungen gibt es nicht.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einem Trailer zum Film und der etwa 25-minütigen Featurette „A Conversation with Franco Micalizzi“ Part 2. Darin äußert sich der Fimmusikkoponist über seine Zusammenarbeit mit Umberto Lenzi, erinnert sich an Tomas Milian und beschreibt ein bisschen wie er arbeitet. Die Antworten sind in der Regel recht kurz, aber durchaus interessant. Allzu tiefe Einblicke sollte man aber nicht erwarten. Micalizzi skizziert aus der Erinnerung heraus.
Im 8-seitigen Booklet versuchen die Filmwissenschaftler Ivo Ritzer und Marcus Stiglegger „Die Kröte“ in den Kontext des italienischen Genrekinos und die Entstehungszeit einzuordnen. Dabei fällt auf, dass im Text diverse Aspekte genannt werden, als ginge es darum Stichworte abzuhaken. Ein Routineprodukt.

Fazit

„Die Kröte“ ist ein vergleichsweise ruhiger Vertreter des italienischen Gangsterfilms, in dem der sonst für rabiate Szenen bekannte Umberto Lenzi stärkeres Gewicht auf die charakterliche Entwicklung des Zwillingsbruderpaares Vincenzo/Monnezza gelegt hat. Tomas Milian verkörpert beide Figuren mit überzeugender Energie und legt psychische Armutsfolgen auf überzeichnete Weise offen. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

20.11.2013

   
Originaltitel La banda del gobbo (Italien 1978)
Länge 95 Minuten (Pal)
Studio filmArt
Regie Umberto Lenzi
Darsteller Tomas Milian, Pino Colizzi, Isa Danieli, Salvatore Borghese, Luciano Catenacci, Solvi Stubing, Guido Leontini, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton Mono Deutsch, Italienisch, Englisch
Untertitel Deutsch, Englisch
Extras Featurette „A Conversation with Franco Micalizzi“ Part 2, Trailer, 8-seitiges Booklet
Preis ca. 24 EUR
Bewertung gut, technisch gut