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30.03. | Paul Temple und der Fall Marquis |
03.03. | Die weiße Mafia |
16.02. | Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen |
11.02. | Im Dutzend zur Hölle |
28.01. | Die Engel von St. Pauli |
21.01. | Die Todeskralle des grausamen Wolfes |
06.01. | Die Mörderklinik |
12.12. | Paul Temple: Jagd auf Z |
27.11. | Die drei Supermänner räumen auf |
30.10. | Die Heuchler |
10.10. | X 312 … Flug zur Hölle... |
03.10. | Das Todeslied des Shaolin |
15.09. | Der Koloss von Konga |
26.08. | Das Omen des Bösen |
11.08. | Menschen im Hotel |
06.08. | Mädchen: Mit Gewalt |
kurzrezension
09.11. | Return of the Warrior |
30.05. | Iron Sky - Director's Cut (blu-ray) |
21.05. | Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“ |
22.04. | True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray) |
Der amerikanische Komiker Danny Kaye spielt in seinen Filmen gerne Durchschnittstypen, die aus der Normalität ihres gewohnten Umfeldes herausgerissen werden und Bewährungsproben überstehen müssen. Zwischen Schüchternheit und unfreiwilligem Draufgängertum schwankend legt er so die Mehrschichtigkeit der menschlichen Natur offen, die nur selten eindeutige Bewertungen zulässt. In „Der Held des Tages“ („The Kid from Brooklyn“, Regie: Norman Z. McLeod, USA 1946) war er ein unscheinbarer Milchmann, der sich aufgrund diverser Umstände plötzlich für einen unschlagbaren Boxchampion hält. Aus dem zurückhaltenden Menschen entwickelte sich dadurch ein arrogant-selbstgefälliger Angeber. Während „Der Held des Tages“ noch unter mangelndem Timing litt, führte Kaye seinen Rollentypus im nachfolgenden „Das Doppelleben des Herrn Mitty“ zu einem sympathisch-verschobenen Höhepunkt.
Der Lektor Walter Mitty (Danny Kaye) weiß genau Bescheid, wie sich Helden in reißerischen Trivialromanen verhalten müssen. Im eigenen Leben steht er allerdings unter der Fuchtel seiner überfürsorglichen Mutter, die ihn stets zum Bahnhof bringt und nicht müde wird, ihm genauste Aufträge für Besorgungen mit auf den Weg zu geben. Auch Mittys zukünftige Ehefrau Gertrude (Ann Rutherford) versteht sich darauf, liebevolle Dominanz auszuüben. Sein Chef, Verlagsbesitzer Bruce Pierce (Thurston Hall), gibt ohnehin die Ideen seiner Mitarbeiter als eigene aus. Anerkennung sucht Mitty deswegen in Tagträumen, die der Realität aus den Trivialromanen gleicht, mit denen er beruflich zu tun hat. Als er eines Tages zufällig die attraktive Rosalind van Hoorn (Virgina Mayo) trifft, muss sich zeigen, ob irgendetwas vom Draufgängertum seiner Fantasiegestalten zwischen Kriegsheld und Abenteuerer auch in ihm steckt. Denn unversehens findet er sich in einer Verschwörungsgeschichte um die verschollenen niederländischen Kronjuwelen wieder.
Danny Kaye spielt als Walter Mitty auf brillante Weise mit den Unsicherheiten, die einen als Mensch immer wieder überfallen können. Im Alltag wird man stets mit so vielen Regeln und Erwartungen konfrontiert, dass man an ihnen nur scheitern kann, wenn man zu sehr darüber nachdenkt und allem gerecht werden will. Mitty wird unter der Last der Anforderungen zu einem herumkaspernden Hektiker, der in entscheidenden Szenen Peinlichkeiten auf sich lädt. Mehrfach hintereinander muss er aufgrund absurder Umstände auf den Knien über das in luftiger Höhe des Verlagsgebäudes befindliche Außensims rutschen, um sich in das Zimmer seines Chefs zu retten, der gerade eine geschäftliche Besprechung führt. Beim unrühmlichen Abgang rennt er mehrfach einen sitzenden älteren Herren über den Haufen, der dabei fast vom Stuhl fällt. Außerdem arbeitet Kaye noch weitere Gegenstände in das Geschehen ein, die sich durch seine zappeligen Bewegungen auf fast magisch-groteske Weise ganz plötzlich in seinen
Händen befinden. So entsteht die absurde Choreographie eines Menschen, der unabsichtlich tollpatschige Dinge tut, die in ihrer bemerkenswerten Geschwindigkeit wie aberwitzige Kunststücke wirken. Dieser Gegensatz erzeugt eine brüllend-komische Slapstick-Atmosphäre.
Gleichzeitig macht Mitty all das so ungeschickt, was man als Zuschauer gerne souverän erledigt. Als sympathischer Mensch mit herzensgutem Wesen übernimmt er stellvertretend die Rolle des Clowns. Da er mit unbändigem Willen immer wieder aufsteht, verliert das Scheitern im Alltag seinen Schrecken. Es ist im Witz gebannt. Dadurch entfaltet die Komödie eine nachhaltig befreiende Wirkung.
Die andere Seite der Medaille ist der Einbruch des „Gefährlichen“ in den Alltag. Was in den Tagträumen Mittys zunächst nur die Sehnsuchtsfantasterei eines Untergebutterten ist, entwickelt eine größere Bedeutung, als er in die Verschwörung um die niederländischen Kronjuwelen hineingerät. Die zappelige Art, mit der er auf die Verfolgung durch eine sinistre Gestalt reagiert, steht im Gegensatz zur ruhigen Wunschsouveränität aus den Tagträumen. Auf brillante Weise reflektiert Kaye über das Wesen des Helden, indem er dessen scheinbar notwendige Fähigkeiten infrage stellt. Denn Mitty bereitet seinen grimmigen Gegnern große Schwierigkeiten, obwohl er die Ungeschicklichkeit nicht ablegen kann. In einem Kaufhaus kaspert er sich inklusive willkürlicher Einkäufe und aufgesetztem Maulkorb so übersteigert durch die Abteilungen, dass sein Verfolger keine Chance hat, ihm das wichtige schwarze Notizbuch mit den Geheimnissen abzuluchsen.
Mit unerwarteten Aktionen entzieht er sich seinen Gegenern und legt so genügend Eigenschaften an den Tag, um zu bestehen. Deswegen verweist die künstliche, manchmal auch kulissenartige Optik aus Mittys Tagträumen nicht nur auf ihren Fantasiecharakter, sondern auch auf die brüchige Natur des Heldentypus. In Literatur, Film und sonstigen Erzählungen ist er eine Konstruktion, die vor allem in der Trivialliteratur eine unantastbare Größe besitzt. Kaye zeigt, dass man diese übermenschlichen Eigenschaften nicht braucht, um zum Helden zu werden. Bruchstücke aus dem makellosen Bild der Fantasie genügen schon, um etwas Besonderes zu leisten, selbst wenn man so komplexbeladen wie Walter Mitty ist. „Das Doppelleben des Walter Mitty“ feiert mit seinem bissigen Humor die Qualitäten des Durchschnittsmenschen. Die Komödie wird zum Triumph einer warmherzigen Weltsicht jenseits der Kälte überzogener Leistungsgedanken.
Bildqualität
Für die DVD stand eine recht ordentliche deutsche Kopie zur Verfügung, deren Bild bei den wenigen Totalen relativ matschig wirkt. Da die Komödie aber hauptsächlich in Innenräumen spielt, fällt das nicht so ins Gewicht. Denn bei den hier vorherrschenden Szenen, die aus näherer Distanz zum Geschehen gefilmt wurden, wirken die Konturen knackiger. Die Farben sehen recht ordentlich und nur leicht ausgebleicht aus. Der Kontrast könnte etwas prägnanter sein, um dem Bild mehr Kraft zu verleihen, aber man kann damit recht gut leben. Abnutzungserscheinungen der Kopie sind immer wieder sichtbar, ohne Überhand zu nehmen. Das analoge Rauschen stört nicht.
Tonqualität
Natürlich kommen die Monotonspuren nicht ohne Hintergrundrauschen aus, aber es beeinträchtigt die Verständlichkeit der Dialoge nicht.
Extras
Bonusmaterial existiert nicht.
Fazit
In „Das Doppelleben des Herrn Mitty“ brilliert Danny Kaye als Durchschnittsmensch, der in eine Verschwörung hineingerät. Sein hektischer Humor entfaltet sich mit perfektem Timing. Dadurch reflektiert er auf hintersinnige Weise über die Fähigkeit, etwas Besonderes zu leisten, obwohl man keine übermenschlichen Eigenschaften besitzt, und über die Unsicherheit, die in uns allen angesichts der Anforderungen des Alltags schlummert. Technisch ist die DVD ordentlich.
Stefan Dabrock
19.08.2013
Originaltitel | The Secret Life of Walter Mitty (USA 1947) |
Länge | 108 Minuten (Pal) |
Studio | Big Ben Movies |
Regie | Norman Z. McLeod |
Darsteller | Danny Kaye, Virginia Mayo, Boris Karloff, Fay Bainter, Ann Rutherford, Thurston Hall, Gordon Jones, Florence Bates, u.a. |
Format | 1:1,33 (4:3) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch |
Untertitel | - |
Extras | - |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch ordentlich |