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rezensionen

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kurzrezension

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Surreales Waldlabyrinth

Hansel & Gretel

Hansel & Gretel

Leider hat sich das Label MFA die Rechte für die DVD-Auswertung des südkoreanischen Fantasy-Films „Hansel & Gretel“ gesichert. Wie schon bei Johnnie Tos hervorragendem Film „Sparrow“ wird der deutsche Käufer deswegen mit einer Veröffentlichung ohne Originaltonspur abgespeist, was bei einem aktuellen Werk dem Medium DVD nicht gerecht wird. Bei älteren Filmen können Rechteschwierigkeiten oder aber fehlendes Material ein Grund sein, der eine Veröffentlichung allein mit deutscher Tonspur rechtfertigt, bei einer neuen Produktion jedoch nicht.

Der Film selbst stellt einen jungen Mann ins Zentrum der Erzählung, der einen Autounfall baut, weil er mit seiner Freundin am Telefon streitet. Als er nachts wieder aufwacht führt ihn ein junges Mädchen zu einem mitten im Wald gelegenen Haus. Dort wohnt eine kitschig-friedliche Familie in einer bonbonbunten Zauberwelt. Zum Frühstück gibt es gerne auch mal schmackhafte Süßspeisen mit farbigem Zuckerguss. Die Atmosphäre8 wirkt zwar etwas skurril, aber noch schöpft der junge Mann keinen Verdacht. Erst als es ihm am nächsten Tag nicht gelingt, den Wald zu verlassen, um die Straße wiederzufinden, dämmert ihm langsam, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Ein Streit zwischen den Eltern der drei hier wohnenden Kinder offenbart erste Brüche in der heilen Harmoniewelt. Kurz darauf sind die Eltern sogar verschwunden. Da es dem jungen Mann weiterhin nicht gelingt, den Ort zu verlassen, die Kinder zunehmend seltsam wirken und unklare Geräusche die merkwürdige Atmosphäre weiter anheizen, muss er herausfinden, was wirklich los ist.

„Hansel & Gretel“ ist keine Adaption des bekannten Märchens, er spielt lediglich mit ein paar Motiven – beispielsweise das Haus im Wald, die verlassenen Kinder, etc. - sowie der moralischen Grundkomponente, um daraus eine eigene surreale Fantasy-Welt zu kreieren, die mit zunehmender Lauflänge des Films immer bedrohlichere Züge annimmt. Gewalt gegen Kinder und dessen psychische Folgen werden darin zu einem zentralen Element, das Regisseur Pil-Sung Yim mit der visuellen Metaphorik widerspiegeln will. Der scheinbar konfliktfreie Ort des Hauses im Wald, an dem es an nicht mangelt, erfüllt die Funktion eines Zufluchtsortes. Hansel & Gretel Diverse Labyrinthsymbole reflektieren die geschundenen Seelen der Kinder, die sich letzten Endes ihrerseits im Dickicht der Düsternis verfangen haben, die aus der Gewalt resultiert. Das bonbonbunte Harmonieszenario erfüllt den Zweck einer tragische Verdrängungslogik, die in visuell eindrucksvolle Bilder gegossen wurde. Die Ausleuchtung der Szenerien geht eine perfekte Allianz mit der grotesken Ausstattung ein, die mit Hilfe der Farben und Elementen wie Spielzeug sowie großen Süßspeisenmengen eine Kinderphantasiewelt erschafft. Daraus entsteht eine Hochglanzoptik, welche den Schein der Friedlichkeit so weit überbetont, dass das Bedrohliche schon sichtbar ist. Denn der schöne Schein ist zu perfekt, als das er stimmen könnte. Pil-Sung Kim nimmt sich zwar ein paar Freiheiten, wenn er bei der Entwicklung der Geschichte nicht alles einer logischen Erklärung unterwirft, aber das macht bei einer solch absurden Geschichte mit märchenhaftem Charakter rein gar nichts. Das zentrale Element ist vielmehr die perfekte Optik, welche die Themen des Films aufgrund ihrer ausladenden Gestaltung geschickt verstärkt. Das Drama um die Gewalt kann sich so nachhaltig einbrennen, da der Film nicht nur die traurige Realität in vielen Gesellschaften widerspiegelt, in denen Kinder vernachlässigt werden, sondern auch die Verdrängungsmechanismen anklagend präsentiert. Dabei verhindert das surreale Gewand des Films, dass die Erzählung mit erhobenem Zeigefinger daher kommt. Die Erzählung bleibt ein Märchen, dass es zu entschlüsseln gilt.

Bildqualität

Das Bild der DVD besitzt eine gute Schärfe mit oftmals klaren Konturen und einer ansprechenden Detailzeichnung. Zwischendurch bilden sich aber immer wieder leichte Auren um einzelne Bildelemente, die den Sehgenuss ein wenig stören. Die kräftigen Farben überzeugen ebenso auf der ganzen Linie wie der sehr gute Kontrast, welcher die Atmosphäre des Films gut unterstützt. Das Hintergrundrauschen ist mal schwach und mal stärker ausgeprägt.

Tonqualität

Der deutsche 5.1-Ton fällt sehr gut aus. Die Dialoge sind klar und verständlich, die hinteren Lautsprecher werden gut in das akustische Geschehen einbezogen. Das gilt sowohl für Nebengeräusche als auch die Musik, die eine gute Dynamik besitzt.

Extras

Hansel & Gretel

Das Bonusmaterial auf vielen DVDs ist mittelmäßig bis schlecht, die hier lizensierten Beiträge sind aber selbst vor diesem Hintergrund schon etwas Besonderes.

Die „Set-Impressionen“ (etwa zwei Minuten) bestehen aus einer relativ schwungvollen Kamerafahrt durch einzelne Räume des wunderlichen Hauses im Wald. Da die Bildqualität jedoch recht schwammig ausgefallen ist und die Einzelheiten des Sets auch nicht besonders deutlich in Szene gesetzt werden – die Kamera fährt sie einfach ab, einen Kommentar gibt es auch nicht -, lässt sich das Set letztlich viel besser im fertigen Film studieren.

Das „Making Of“ (etwa fünf Minuten) schneidet B-Roll-Material mit kurzen, unglaublich belanglosen Aussagen einiger Darsteller zusammen. Mein Favorit ist Jeong-myeong Cheons sprachliche Nichtigkeit „Insgesamt 30 Leute beim rennen. Es gab viele witzige Zwischenfälle. Ich glaube, ich habe viel bei 'Hansel & Gretel' gelernt“. Musikalisch untermalt wird das Making Of von einer Coverversion des Beatles-Stücks „All you need is love“, leider in englischer und nicht koreanische Sprache, was sicher amüsant gewesen wäre.

„B-Roll“ (etwa 14 Minuten) erfüllt die niedrigen Erwartungen an einen solchen Beitrag und zeigt Aufnahmen vom Dreh. Ein Kommentar, deutsche Untertitel oder Voice Over fehlen jedoch, aber immerhin weiß man nach Ansicht der knapp 14 Minuten, dass der Regisseur den Dreh einer Szene mit dem englischsprachigen Cut und nicht etwa einem koreanischen Pendant abzuschließen pflegt. Der Fairness halber sei noch erwähnt, dass es durchaus ganz interessant zu sehen ist, wie der Unfall zu Beginn des Films gedreht wurde.

Im Interview (etwa zwei Minuten) erläutert Regisseur Pil-Sung Yim seinen Ansatz, mit dem er das Märchen der Brüder Grimm interpretiert hat, um so zu seinerm Werk zu kommen. Kurz aber durchaus interessant. Amüsant ist, dass der Sprecher des Voice Over den Titel „Hansel & Gretel“ mit breiter englischer Klangfarbe ausspricht, nur weil der internationale Titel eben eine englische Schreibweise besitzt. Angesichts das klaren Bezugs zum deutschen Märchen drollig.
Zwei TV-Spots und ein Trailer zum Film schließen das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Hansel & Gretel“ überzeugt als surreale Reflexion über Gewalt gegen Kinder und Verdrängungsmechanismen, die sich in einer bonbonbunten Märchenwelt mit letztlich erschreckender Atmosphäre manifestieren. Technisch weist die DVD leichte Schwächen beim Bild auf, der fehlende Originalton ist ärgerlich.

Stefan Dabrock

23.12.2009

   
Originaltitel Henjel gwa Geuretel (Südkorea 2007)
Länge 112 Minuten (Pal)
Studio MFA+
Regie Pil-Sung Yim
Darsteller Jeong-myeong Cheon, Eun-kyung Shim, Young-nam Jang, Ji-hee Jin, Kyeong-ik Kim, Hee-soon Park, Won-jae Eun, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch
Untertitel -
Extras Making Of, Interview, Trailer, u.m.
Preis ca. 12 EUR
Bewertung gut, technisch mit leichten Schwächen beim Bild