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Endstation Entebbe

...die keine Gnade kennen

...die keine Gnade kennen

Am 27. Juni 1976 entführten Aktivisten der Volksfront zu Befreiung Palästinas sowie Mitglieder der deutschen Revolutionären Zellen ein Air France Flugzeug, das sich auf dem Weg von Tel Aviv über Athen nach Paris befand. Nach dem Start in der griechischen Hauptstadt übernahmen die Terroristen gewaltsam die Kontrolle über die Maschine, die sie mit Zwischenstopp in Libyen zum ugandischen Flughafen in Entebbe umdirigierten.
Auf diesem Vorfall basiert Irvin Kershners „...die keine Gnade kennen“, der laut imdb bereits am 26. Dezember 1976 in Dänemark ins Kino gebracht wurde. Die extrem schnelle Umsetzung der dramatischen Ereignisse haben sich auch in der Machart niedergeschlagen, wie später noch zu erwähnen sein wird.
In Entebbe durften die Passagiere zwar das Flugzeug verlassen, wurden im mit Sprengsätzen präparierten Flughafengebäude aber weiterhin als Geiseln gehalten. Das ugandische Militär sorgte mit waffenstrotzender Präsenz für eine zusätzliche Drohkulisse. Unter Führung Wilfried Böses (Horst Buchholz) nehmen die Terroristen schließlich eine Separierung der jüdischen Passagiere von den übrigen Mitreisenden vor. Während die israelische Regierung geheime Verhandlungen mit Ugandas Diktator Idi Amin (Yaphet Kotto) führt, um Zeit zu gewinnen, plant ihr Militär eine Befreiungsaktion durch gut ausgebildete Spezialkräfte. Amin spielt die Rolle des Vermittlers, unterstützt die Terroristen aber, weil er die Situation zu seinem Vorteil ausnutzen will. Die Flugzeugentführer wollen mit ihrer Aktion Gesinnungsgenossen freipressen, die in israelischen, französischen, bundesdeutschen und Schweizer Gefängnissen einsitzen. Während sich die Ereignisse zuspitzen, feilt das israelische Militär an seinem Befreiungsplan und wartet auf den Start der Aktion.

Für die gesamte Produktion des ambitionierten TV-Films standen von der Drehbuchentwicklung bis zum Endschnitt nur knapp sechs Monate zur Verfügung. Das lässt angesichts des komplexen Geschehens, in das neben den zahlreichen Passagieren, der Crew und den Terroristen noch eine Vielzahl an Entscheidungsträgern in Politik und Militär verwickelt waren, nur wenige Möglichkeiten offen. Man kann beispielsweise die Fakten grob zur Kenntnis nehmen und sie in ein bewährtes Actionfilmmuster mit vorgegebener Dramaturgie übersetzen oder man kann sich recht genau an die bekannten Fakten halten und sie inszenatorisch ausbauen, indem notwendige Lücken geschlossen werden.
Kershner und Drehbuchautor Barry Beckerman sind den zuletzt genannten Weg gegangen. Ihnen ging es um eine dokumentarisch anmutende Aufbereitung des Geschehens, sodass der Film zwischen den einzelnen Gruppen hin und her springt. Die Parallelmontage soll den jeweils ...die keine Gnade kennen aktuellen Stand vermitteln, um einen Gesamtüberblick zu bieten. Der zunehmend bedrohlicher werdenden Situation in Entebbe steht das Ringen des israelischen Regierungschefs Rabin (Peter Finch) um die richtige Entscheidung sowie die Gedankengänge der militärischen Führung und die Vorbereitung der Elitesoldaten unter der Leitung Dan Shomrons (Charles Bronson) gegenüber. Durch den Ansatz der universellen Abdeckung verleiht Kershner dem Zuschauer eine überlegene Position, weil man im Gegensatz zu den einzelnen Beteiligten weiß, was die Kontrahenten machen. Das befriedigt nicht nur den menschlichen Wissensdurst, es steigert auch die Authentizitätswirkung. Denn mit der Illusion, überall dabei zu sein, schwindet die Angst, erzählerisch auf den Holzweg geführt zu werden. Wo kaum noch Fragen übrig bleiben, werden oftmals auch keine gestellt. Auf extrem spannungssteigernde Szenen verzichtet Kershner demgegenüber. Das ist auch nachvollziehbar, wenn man bedenkt, das der Ausgang der Entführung damals noch den meisten im Gedächtnis gewesen sein dürfte.

Dennoch hätte der Dokudramaansatz die Möglichkeit geboten, die jeweiligen Brennpunkte etwas knackiger aufzubereiten. Peter Finch gibt als Rabin zwar sein Bestes, um die innere Anspannung angesichts der extrem schwierigen Entscheidungen sichtbar zu machen, die er treffen muss, aber Kershner bleibt ein nüchterner Chronist. Die Figuren unterhalten sich, hadern mit der Lage und überlegen wie es weitergeht, um dann einem Schnitt zum nächsten Schauplatz weichen zu müssen. Die zumeist ruhige Kamera beobachtet alles, ohne den Kern des Dramas inszenatorisch zu steigern. Dialoge und Darsteller dominieren den Film. Das gilt auch für die Grenzsituation im Flughafengebäude von Entebbe. Nicht einmal die Selektion der jüdischen von den übrigen Passagieren, der angesichts der historischen Erfahrung des Holocausts eine erschreckende Dimension innewohnt, übersetzt Kershner in metaphorische Bilder. Stattdessen setzt leise er auf den persönlich-menschlichen Faktor ohne historisch-politische Aspekte, wenn er den vergeblichen Versuch einer nichtjüdischen Frau, ihren jüdischen Mann begleiten zu dürfen, als emotionale Chiffre für das hier zugefügte Leid nutzt.
Alles, was über den Faktenmoment hinaus geht, interessiert die Macher des Films nicht. Dabei ist der terroristische Akt unter anderem untrennbar mit Israel und seiner komplexen Lage, der Palästinenserfrage sowie dem geopolitischen Zustand Afrikas verbunden. Wenn man sich nicht auf die Auslotung der Grenzsituation im Flughafengebäude konzentriert, sondern eine umfassende Präsentation des Geschehens suggeriert, dann wäre seine Einordnung schon wünschenswert. Nebenbei bemerkt vermeidet es Kershner auch, die menschlichen Emotionen während der Geiselhaft zuzuspitzen. Einzelne Episoden können dem nüchternen Charakter nichts anhaben.

Bildqualität

...die keine Gnade kennen

Das Bild der DVD ist ordentlich. Leichte Unschärfen vor allem bei den Details lassen sich verschmerzen, dafür wirken die Konturen recht akkurat. Das Filmkorn schwankt zwischen Szenen, in denen es recht dominant wirkt und solchen, in denen es demgegenüber in den Hintergrund tritt. Die Farben sehen 1970er Jahre typisch dezent aus, werden aber sauber wiedergegeben. Der Kontrast kann nicht verhindern, dass in dunklen Szenen einzelne Details verschluckt werden.

Tonqualität

Die Monotonspuren verfügen über ein Hintergrundrauschen, das die Verständlichkeit der Dialoge jedoch nie gefährdet. Beim deutschen Ton ist das Rauschen stärker als beim englischen Original. Auch klingt die Sprache hier manchmal etwas schrebbelig. Der deutsche DTS Ton kann sich davon nicht nennenswert absetzen. Insgesamt ist der Ton ordentlich.
Für die Szenen, die keine deutsche Synchronisation besitzen, wurden deutsche Untertitel erstellt.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

„...die keine Gnade kennen“ bemüht sich um eine relativ nüchterne, möglichst akkurate Darstellung der Ereignisse um die Entführung eines Air France Flugzeugs ins ugandische Entebbe. Dabei verharrt der Film so stark auf seinem dokumentarisch anmutenden Ansatz, dass er die Bedeutung des Geschehens auf menschlicher und politischer Ebene ignoriert. Technisch ist die DVD ordentlich.

Stefan Dabrock

11.05.2013

   
Originaltitel Raid on Entebbe (USA 1976)
Länge 139 Minuten (Pal)
Studio Ascot Elite
Regie Irvin Kershner
Darsteller Peter Finch, Martin Balsam, Horst Buchholz, John Saxon, Sylvia Sidney, Jack Warden, Yaphet Kotto, Charles Bronson, Tige Andrews, Eddie Constantine, Robert Loggia, Stephen Macht, James Woods, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DTS 2.0 Deutsch, DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras -
Preis ca. 10 EUR
Bewertung etwas zu mau, technisch ordentlich