30.03. | Paul Temple und der Fall Marquis |
03.03. | Die weiße Mafia |
16.02. | Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen |
11.02. | Im Dutzend zur Hölle |
28.01. | Die Engel von St. Pauli |
21.01. | Die Todeskralle des grausamen Wolfes |
06.01. | Die Mörderklinik |
12.12. | Paul Temple: Jagd auf Z |
27.11. | Die drei Supermänner räumen auf |
30.10. | Die Heuchler |
10.10. | X 312 … Flug zur Hölle... |
03.10. | Das Todeslied des Shaolin |
15.09. | Der Koloss von Konga |
26.08. | Das Omen des Bösen |
11.08. | Menschen im Hotel |
06.08. | Mädchen: Mit Gewalt |
kurzrezension
09.11. | Return of the Warrior |
30.05. | Iron Sky - Director's Cut (blu-ray) |
21.05. | Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“ |
22.04. | True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray) |
Der russische Kriegsfilm „White Tiger“ wurde von seinem Land in das Oscarrennen um den besten fremdsprachigen Film geschickt, kam aber nicht unter die fünf Nominierten. Den Preis heimste am Ende bekanntlich Michael Hanekes „Liebe“ ein. Nach der Ansicht von „White Tiger“ stellt sich allerdings die Frage, was die Russen geritten hat, gerade dieses Werk einzureichen. Die Tragödie des Zweiten Weltkriegs gibt zwar immer einen guten Hintergrund für preisträchtige Geschichten ab, aber Shakhnazarovs Film bleibt so sehr in russischer Paranoia stecken, dass jeder universelle Anspruch auf der Strecke bleibt.
Nach einer verheerenden Panzerschlacht bleiben in der russischen Ebene die stählernen Trümmerhaufen vernichteter Kettenfahrzeuge zurück. Die rote Armee hat eine vernichtende Niederlage erlitten, weil ein sagenumwobener weißer Panzer Nazideutschlands aus dem Nichts auftauchte, seine todbringende Munition verschoss und wieder verschwand. In einem der zurückgelassenen Wracks wird ein Fahrer gefunden, der noch lebt, obwohl 90 Prozent seiner Haut verbannt ist. Da er sich an seine Herkunft nicht mehr erinnert, wird er kurzerhand Ivan Naydenov (Aleksey Vertkov) genannt. Binnen kurzer Zeit verheilen seine Wunden, obwohl das für die Ärzte ein Ding der Unmöglichkeit ist. Naydenov soll mit einem neu gebauten Spezialpanzer und ausgesuchten Soldatenkollegen Jagd auf das übermächtige deutsche Kettenfahrzeug machen. Der wiedergeborene Kämpfer, der seit seiner Genesung eine spirituelle Beziehung zu Panzern pflegt, nimmt den Auftrag an. Denn er will das weiße Ungetüm vernichten.
„White Tiger“ erlaubt einen tiefen Einblick in die Ängste der russischen Seele, die mithilfe geschickter Paranoia-Propaganda gefüttert werden. Wer „White Tiger“ versteht, der kann auch nachvollziehen, was eines der Leitbilder aktueller russischer Politik ist.
Die Inszenierung der deutschen Bedrohung während des Zweiten Weltkriegs als mythologisch überhöhte Panzerexistenz, die mit gewöhnlichen Mitteln nicht besiegt werden kann, ist nachvollziehbar. Die moralischen Rollen dieser historischen Auseinandersetzung sind jenseits einzelner Begebenheiten, bei denen beide Kriegsparteien Schuld auf sich geladen haben oder integer handelten, klar verteilt. Den Deutschen kommt in keiner Weise eine positive Stellung
zu. Shakhnazarov unterfüttert den bedrohlichen Auftritt des weißen Tigerpanzers mit Wagnerklängen, Nebelkulisse und geschickten Einstellungen des übermächtig wirkenden Kanonenrohrs. Faszination und Schrecken verbinden sich zu einer angsterfüllenden Vision eines todbringenden Kriegsgerätes, dessen wahre Natur sich überhaupt nicht begreifen lässt. Ohne erkennbare Besatzung verstärkt sich der unnahbare Eindruck des deutschen Gegners. Der weiße Panzer entpuppt sich nicht nur als eine Vernichtung bringende Waffe, er spiegelt das Grauen der kriegstreibenden Natur wieder, mit der Nazideutschland die Welt in ein Schlachtfeld voller Gräuel und Gewalt verwandelt hat.
Zur eindrucksvollen mythologischen Überhöhung gesellt sich die Wucht des Kampfes, mit der die Kettenfahrzeuge gegeneinander antreten. Shakhnazarov hat zahlreiche PS-starke Panzer zur Verfügung, die er über die russische Wildnis brausen lässt. Der Krieg wird zu einem gnadenlosen Kräftemessen aus menschlichem und technischem Vermögen. Die Schlachtszenen strahlen die Dynamik aus, die einer Auseinandersetzung auf Leben und Tod gerecht wird. Und mitten drin agiert dieser seltsame russische Panzerfahrer, der durch seine wundersame Genesung sowie seine spirituelle Verbindung zum Kriegsgerät selbst eine Art Mythos geworden ist. Manche halten ihn aber auch für übergeschnappt, weil er glaubt, die Panzer würden mit ihm sprechen.
Die Chance, die in der Umwandlung des handfesten Krieges in einen Kampf mythologischer Gegner liegt, wird aber vertan. Die universelle Reflexion über das unfassbare, mit rationalen Mitteln nicht verstehbare Grauen des Krieges, dem sich nur ein ebenso unfassbarer, nach rationalem Wissen nicht erklärbar genesener Soldat entgegen stellen kann, verpufft durch die kleingeistige Rückführung des Films auf handfeste Aspekte. Ein kontroverser Schlussmonolog widmet sich der Bewertung des Zweiten Weltkriegs, dessen Interpretation dem Zuschauer überlassen wird. Ein anderer projiziert die Ereignisse in die Zukunft und beschwört eine Bedrohung der russischen Sicherheit herauf, die jederzeit Realität werden könne. Aus der Beschäftigung mit dem Krieg wird die Darstellung russischer Paranoia, die neue kriegerische Auseinandersetzungen befürchtet. Diese tiefsitzende Angst vor einer Bedrohung von Außen leitet das politische Selbstverständnis einer herrschenden Klasse, die mit dem Appell an solche Ängste auch den eigenen Status sichern will.
Bildqualität
Das Bild der Bluray leistet sich kaum Schwächen. Sowohl die russische Landschaft, als auch die Innenaufnahmen kommen mit klaren Konturen und guter Detailpräsenz zur Geltung. Nur bei einigen dunklen Aufnahmen ist die Durchzeichnung nicht ganz so gut wie man sich das wünschen würde, aber damit kann man leben. Die leicht ausgewaschenen Farben entsprechen der visuellen Konzeption des historischen Settings. Dank eines ausgewogenen Kontrastes werden die einzelnen Bildelemente sauber wiedergegeben. Das gilt insbesondere auch für ähnliche Teile der Natur, deren Braun- und Grünschattierungen differenziert herausgearbeitet werden.
Tonqualität
Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren stehen der Bildqualität in nichts nach. Zu den gut verständlichen Dialogen, die nie übertönt werden, gesellt sich eine druckvolle Kulisse aus Musik und diversen Nebengeräuschen, die alle Lautsprecher nutzt. Besonders intensiv klingt der Ton natürlich bei den Kampfszenen, wenn die Panzer ihre Munition abfeuern oder die PS-starken Gefährte ihre Ketten in Bewegung setzen.
Extras
Der etwa 13-minütige Beitrag „Behind the Scenes“ besteht aus unkommentiertem B-Roll-Material vom Set und der Einspielung der Filmmusik. Untertitel liegen nicht vor. Um die sprachbegeisterten Kenner nicht zu verärgern, wurde auch darauf verzichtet, die Kapitelüberschriften in kyrillischen Buchstaben zu übersetzen.
Der Kurzfilm „Umzingelt“ soll aus nicht verwendeten Szenen entstanden sein. Im Ergebnis handelt es sich um eine Kriegsepisode mit dem Panzerfahrer in der Hauptrolle, der auch in „White Tiger“ die erste Geige spielt. Hier muss er sich verletzt durch feindliche Linien schlagen, um zu überleben.
Zwei Trailer zum Hauptfilm sind auf der Bluray ebenfalls enthalten.
Fazit
„White Tiger“ entwickelt sich als souverän inszenierte, mythologische Kriegsgeschichte, die sich auf den perfekten Einsatz der filmischen Mittel verlassen kann, um eine packende Atmosphäre zu erschaffen. Die Rückführung des Films von einer allgemeinen Betrachtung menschlicher Kriegsneigung auf eine rein russische Paranoia-Haltung, die an tiefsitzende Ängste in der russischen Bevölkerung vor einem Angriff von Außen appelliert, entwertet das Werk jedoch nachhaltig. Technisch ist die Bluray gut bis sehr gut.
Stefan Dabrock
30.03.2013
Originaltitel | Belyy tigr (Russland 2012) |
Länge | 108 Minuten (24p) |
Studio | Ascot Elite |
Regie | Karen Shakhnazarov |
Darsteller | Aleksey Vertkov, Vitaliy Kishchenko, Valeriy Grishko, Dmitriy Bykovskiy, Gerasim Arkhipov, Aleksandr Vakhov, Vitaliy Dordzhiev, Christian Redl, Klaus Grünberg, Dirk Martens, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Russisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Behind the Scenes, Kurzfilm, Trailer |
Preis | ca. 16 EUR |
Bewertung | zwiespältig, technisch gut bis sehr gut |