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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

dvd

Der Gesellschaftschronist

Elio Petri Edition

„Zwei Särge auf Bestellung“ - „Das verfluchte Haus“ - „Die Arbeiterklasse kommt ins Paradies“

Elio Petri Edition

Der italienische Regisseur Elio Petri gehört zu den besten Filmemachern, die das Mittelmeerland in der Vergangenheit hervorgebracht hat. Trotz zahlreicher Auszeichnungen hält Petris Bekanntheitsgrad nicht mit der hohen Qualität seiner Filme mit, die einem politisch-engagierten Geist und einem versierten Künstler entsprungen sind. Koch Media fügt mit der Elio Petri Edition dem zuvor bei Bildstörung erschienenen Werk „Das 10. Opfer“ drei weitere Filme aus Petris Schaffen hinzu.

Zwei Särge auf Bestellung

Nachdem Arturo Manno (Luigi Pistilli), der Apotheker eines kleinen sizilianischen Ortes, zusammen mit seinem Freund Dr. Antonio Roscio (Franco Tranchina) bei einem Jagdausflug erschossen wurde, nimmt die Polizei ein paar Bauern fest. Sie sollen die Tat begangen haben , weil sich Manno bei seinen amourösen Abenteuern zu weit vorgewagt hat. Drohbriefe an den Apotheker, die er vor seinem Tod erhalten hat, scheinen den Verdacht zu bestätigen. Der Professor Paolo Laurana (Gian Maria Volonté) zweifelt jedoch an der offiziellen Version. Die Buchstaben der Drohbriefe stammen beispielsweise aus einer religiösen Zeitung, die unter den Bauern nicht gelesen wird. Das und andere Hinweise genügen ihm als Indizien, um eigene Ermittlungen anzustellen. Luisa Roscio (Irene Papas), die Witwe des anderen Mordopfers, unterstützt ihn dabei.

Elio Petri schickt den intellektuellen Laurana auf eine gefährliche Reise in die Untiefen der sizilianischen Gesellschaft, die wie von unsichtbaren Kräften auf unheilvolle Weise geleitet wird. Bei seinen Nachforschungen findet er zwar jede Menge Hinweise auf politische und kriminelle Machenschaften heraus, aber sie bleiben so vage, dass er dem Kern der Angelegenheit nie näher kommt. Wie ein naiver Junge schleicht er um die wahren Hintergründe herum, während er bereits von einem Netz aus Beobachtern umfangen ist, das ihn jederzeit unmerklich kontrolliert. Petri gelingt eine bemerkenswerte Gesellschaftsanalyse, die in der Naivität sowie der Gleichgültigkeit der Bürger den subtilen Schrecken findet, der mit organisierter Kriminalität verbunden ist. Während Laurana die taktischen Fähigkeiten vermissen lässt, um die Verhältnisse nachhaltig ändern zu können, haben sich die meisten Menschen ohnehin damit abgefunden. Wenn in Palermo eine Bombe explodiert, dann ist die Aufregung darüber nur Elio Petri Edition wenige Sekunden spürbar, bevor der Alltag normal weitergeht. Die grausame Abstumpfung der Bevölkerung offenbart nicht nur die tragische Dimension einer lethargischen, in Passivität erstarrten Einwohnerschaft, sie sät auch Zweifel an der Integrität jedes Einzelnen. Denn wer so gleichgültig auf einen Anschlag reagiert, der könnte auch selbst Teil des Systems sein, das solche Aktionen stützt.
Die Unsichtbarkeit der Mächte entpuppt sich als ihre größte Stärke. Die Waffe der vorgetäuschten Normalität ist ein Schwert, dem Laurana nichts entgegenzusetzen hat. Sein Verständnis der Dinge wird nicht weiter, je mehr er ermittelt, das Dickicht wird nur unübersichtlicher und verworrener. Petri übersetzt das in eine dynamische Kameraarbeit, deren Blick sich letztlich immer weiter verengt. Laurana fehlt zunehmend die Luft zum Atmen, weil er sich gegen ein gesellschaftliches System stellt, in dem die Mächtigen aus den unterschiedlichsten Kreisen zusammenarbeiten. Das überträgt Petri auch auf den Schnitt, der die aufsteigende Drucksituation Lauranas kongenial widerspiegelt. Es bräuchte schon einen Herkules, um dem Stand halten zu können, aber Petri ist nicht so naiv-optimistisch, um einen Herkules zu präsentieren.

Das verfluchte Haus

Der Maler Leonardo Ferri (Franco Nero) sieht sich selbst als Vollblutkünstler, dessen Schaffen in keine Schablone gepresst werden kann. Aber Ferri will von seiner Kunst leben. Das versetzt ihn in eine Zwickmühle, weil er darauf angewiesen ist, immer wieder neue Werke zu produzieren. Nennenswerte Pausen kann er sich nicht leisten. Leonardos Frau Flavia (Vanessa Redgrave), die sich um seine Vermarktung kümmert, muss ihn stets an seine Pflicht der Kunsterschaffung erinnern. Bei einem geschäftlichen Termin auf dem Land fühlt sich Leonardo von einem einsam gelegenen, leerstehenden Haus angezogen. Er lässt es schließlich anmieten, um in der Abgeschiedenheit arbeiten zu können. Aber das Haus birgt ein Geheimnis aus der Vergangenheit, denn eine junge Frau kam während des Zweiten Weltkriegs auf dem Anwesen ums Leben. Sie pflegte nicht nur eine amouröse Beziehung zu einem deutschen Soldaten, sondern war auch mit dem halben Dorf im Bett, das in der Nähe liegt.

Das Ideal eines freigeistigen Künstlers, der bei seiner Arbeit kreativen Impulsen folgt, um sie in aufregende Werke zu übersetzen, taucht in „Das verfluchte Haus“ nur als abwesende Idee auf. Die erste Einstellung zeigt Franco Nero in der Rolle des Malers Leonardo auf einen Stuhl gefesselt, während ihm seine Frau seltsam anmutende Einkäufe neusten Elektronikschicks präsentiert. Hinter dem sexuell motivierten Spiel steckt eine Ernsthaftigkeit, die das symbolische Bild dem restlichen Film wie ein Stempel aufdrückt. Der Künstler wird von Kräften beherrscht, die ihn in seiner Entfaltung sichtlich einengen. Der Konsum triumphiert hämisch paradierend vor dem Maler, der zum Diener degradiert worden ist.
Das Verhältnis zwischen dem kreativen Wahn Leonardos und den
Das verfluchte Hauswirtschaftlichen Interessen, die Flavia im Dienste der kommerziellen Kunstsammler vertritt, beherrscht Elio Petris hysterisch inszenierten Film. Auf der Flucht vor der Bedrohung seiner künstlerischen Freiheit, die aber in Wirklichkeit schon längst Geschichte ist, zieht sich Leonardo in das einsame Haus zurück. Da die Einsamkeit aber nichts daran ändert, dass von ihm die immerwährende Produktion neuer Kunstwerke verlangt wird, er also wie ein Fabrikarbeiter tätig zu sein hat, gerät sein ohnehin schon angegriffener Geist immer weiter in Unordnung. Die Kamera reflektiert die zermalmende Wucht der Auseinandersetzungen in Leonardos Kopf mit rasanten Bewegungen sowie teilweise unübersichtlichen Einstellungen, die durch den aggressiven Schnitt weiter angeheizt werden. Fiebrig-wabernde Bilderwelten erzeugen im Verbund mit der dissonanten Musik Morricones ein ständiges Gefühl der Unsicherheit, das einen überfällt, wenn andere Mächte die Kontrolle übernommen haben.
Petris Auseinandersetzung mit dem Dilemma des Künstlers, der letztlich ein System stützt, das er eigentlich nicht gut heißt, hat aber noch eine weitere Dimension. Die bürgerliche Großkotzigkeit, mit der die Kunstsammler die Werke Leonardos nur als Ware betrachten, trifft über die Geistergeschichte auf die faschistische Vergangenheit. Die erzählerische Verknüpfung stellt eine unheilige Allianz beider Gesellschaftsbereiche her, die erschreckende Verbindungslinien zeichnet. So kann die Kunst selbst in einem kommerziellen System wie dem Filmgeschäft unbequem sein. Denn Petris Film trägt natürlich auch selbstreflexive Züge.

Die Arbeiterklasse kommt ins Paradies

Lulù Massa (Gian Maria Volonté) arbeitet in der Fabrik seines Chefs wie ein Tier, um den höchsten Akkordlohn mit nach Hause zu nehmen. Wenn es darum geht, zu überprüfen, welche Stückzahlen an den einzelnen Maschinen in einer festgelegten Zeit produziert werden können, dann benutzt der Fabrikbesitzer Massa als Testarbeiter. So können die Produktivitätsvorgaben zum Ärger der übrigen Kollegen immer weiter gesteigert werden. Aber Massa ist auch nur ein armer Hund, denn daheim jammert er über körperliche Beschwerden, die ihn wegen der Arbeit plagen. Für die anstehenden Arbeitskämpfe hat er jedoch nichts übrig, weil er stolz auf seine Produktivität ist. Während die Gewerkschaften den Akkordlohn neu verhandeln wollen, gesellen sich kommunistisch gesinnte Studenten an das Fabriktor, die mit revolutionären Parolen dafür sorgen möchten, dass die Arbeiter viel radikaler vorgehen. Als Massa bei der Arbeit einen Finger verliert, schließt er sich nicht den Gewerkschaften, sondern den Studenten an.

Elio Petri bleibt seiner pessimistischen Weltsicht treu, indem er einen Menschen in den Mittelpunkt des Filmes stellt, der zwischen den verschiedenen Kräften langsam aber sicher zermalmt wird. Arbeitgeber, Die Arbeiterklasse kommt ins ParadiesGewerkschaften und radikale Studenten habe nicht das Wohl der Arbeiter im Sinn, sondern sie agieren strategisch, um ihre Macht zu festigen. Massa befindet sich stets zwischen allen Stühlen. Am Anfang lobt ihn sein Chef, später wird er einfach entlassen. Die Studenten wollen das Symbol Massa ebenso für sich nutzen wie die Gewerkschaften. Denn ein Arbeiter, der aufgrund der Produktionsbedingungen einen Finger verloren hat, ist ein starkes Machtinstrument. Massa lässt sich vor die einzelnen Karren spannen, ohne je eine eigene Identität ausprägen zu können. Denn er hat keine Ruhepause. Selbst sein privates Umfeld aus geschiedener Frau mit Kind und neuer Partnerin, ebenfalls mit Kind, bietet ihm keine Erholung.
Der Sturmwind, der Massa von allen Seiten angreift, spiegelt sich auch in Petris inszenatorischer Umsetzung wieder. Der Film wird von einer fast pausenlosen Lärmkulisse aus kakophonisch durcheinander brüllenden Gestalten beherrscht, die selbst beim Zuschauen ungemein anstrengend ist. Schnelle Schnitte vervollständigen die zunehmend hysterische, am Rande des Wahnsinns balancierende Atmosphäre. So überträgt Petri die Auflösung der Persönlichkeit, mit der die Arbeiter angesichts unmenschlicher Produktionsbedingungen konfrontiert werden, auf den Zuschauer. Ein Entkommen scheint nicht möglich. Es bleibt nur die Wahl zwischen bedingungsloser Unterwerfung oder Wahnsinn, weil das System mit unglaublichen Kräften seinen Bestand verteidigt.

Bildqualität

Die beiden Filme „Zwei Särge auf Bestellung“ und „Die Arbeiterklasse kommt ins Paradies“ verfügen über eine sehr ordentliche bis gute Bildqualität. Das leicht weiche Bild gibt die Ästhetik des Filmmaterials gut wieder, so dass sowohl Konturen als auch Details angemessen zur Geltung kommen. Filmkorn ist zwar sichtbar, stört aber nicht. Die präzise Farbdarstellung unterstützt die visuelle Atmosphäre des Films, die sich auch auf einen ausgewogenen Kontrast verlassen kann. Dreckspuren oder Defekte halten sich in Grenzen.
„Das verfluchte Haus“ kommt nicht ganz an die Qualität der beiden anderen Filme heran, weil die Defekte etwas zahlreicher sind und das Filmkorn in manchen Passagen etwas deutlicher sichtbar ist. Ansonsten macht aber auch dieser Film trotz des noch etwas weicheren Bildes eine gute Figur.

Tonqualität

Die Monotonspuren aller Filme kommen zwar nicht ohne ein leichtes Hintergrundrauschen aus, das behindert aber nicht die Verständlichkeit der Dialoge. Angenehmerweise sind so gut wie keine Verzerrungen zu hören, sodass sich ein ansprechend voluminöser Tonumfang ergibt, bei dem auch die Musik ihre Wirkung entfalten kann.

Extras

Die DVDs mit den Filmen „Zwei Särge auf Bestellung“ und „Das verfluchte Haus“ beinhalten jeweils noch einen Trailer sowie eine Bildergalerie zum jeweiligen Hauptfilm. Bei „Die Arbeiterklasse kommt ins Paradies“ ist eine Bildergalerie vorhanden.

Das weitere Bonusmaterial befindet sich auf einer Zusatz-DVD.

In der 84-minütigen Dokumentation „Elio Petri: Über den Filmemacher“ kommen zahlreiche Weggefährten zu Wort, mit denen Petri zusammengearbeitet hat – unter anderem Komponist Ennio Morricone und Darsteller Franco Nero. Der Film beschäftigt sich mit der gesamten Regiekarriere Petris. Er stellt Motive im Schaffen des politischen Regisseurs heraus, setzt sie in Bezug zu gesellschaftlichen Stimmungen, dokumentiert Reaktionen auf die Filme und geht auf Petris Arbeitsweise ein. Er selbst kommt dank historischer Interviewaufnahmen und per Text eingespielter Äußerungen auch zu Wort. So entsteht das umfassende Porträt eines Künstlers, der stets seinen eigenen Ansatz verfolgte und sich mit gesellschaftlichen Problemstellungen auseinandersetzte. Eine gute Dokumentation.
Die 58-minütige Dokumentation „16 Jahre mit Elio Petri“ besteht aus einem Interview mit Maskenbildner Pierantonio Mecacci, der bei zahlreichen Filmen mit Petri zusammengearbeitet hat. Mecacci schildert die Dreharbeiten als familiären Prozess mit Petri als unumstößlichem Patron, der höflich, aber bestimmt seine Absichten durchsetzte. Die drei Filme der Box nehmen innerhalb des Gesprächs einen breiten Raum ein. Mecacci hat einiges über Darsteller, Arbeitsweisen und künstlerische Intensionen zu sagen. Dabei hält er auch ein paar Anekdoten bereit.
Sechs weitere Interviewschnipsel zwischen vier und acht Minuten Länge beinhalten noch einmal interessante Informationen über ausgewählte Aspekte in Petris Schaffen. Sie tragen die Titel „Elio und die Schauspieler“, „Elio und die Malerei“, „Ein 'amerikanischer' Regisseur“, „Ein zensierter Film“, „Der Quadratschädel“ und „Die letzte Periode“.
Das 20-seitige Booklet enthält einen einführenden Text über Elio Petri, bevor kurz auf jeden der drei Filme aus der Edition eingegangen wird. Das Layout ist relativ großzügig gestaltet.

Fazit

Die „Elio Petri Edition“ fasst drei sehenswerte Filme und gutes Bonusmaterial in einer kompakten Box zusammen. So kann man einen ersten Eindruck vom Schaffen des italienischen Regisseurs gewinnen. Technisch ist die Veröffentlichung angesichts des Filmalters gut.

Stefan Dabrock

23.03.2013

   
Originaltitel A ciascuno il suo / Un tranquillo posto di campagna / La classe operaia va in paradiso (Italien 1967 / 1968 / 1971)
Länge 90 / 102 / 111 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Elio Petri
Darsteller Gian Maria Volonté, Irene Papas, Gabriele Ferzetti, u.a. / Franco Nero, Vanessa Redgrave, Georges Géret, Gabriella Grimaldi, u.a. / Gian Maria Volonté, Mariangela Melato, Gino Pernice, Luigi Diberti, Donato Castellaneta, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch / DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch, Englisch / DD 2.0 Mono Deutsch,
Untertitel Deutsch, Englisch / Deutsch, Englisch / Deutsch
Extras Trailer, Bildergalerie / Trailer, Bildergalerie / Bildergalerie
Preis ca. 35 EUR
Bewertung sehr gut, technisch angesichts des Filmalters gut