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rezensionen

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kurzrezension

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22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

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Strategie des Meisters

Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern

Western Unchained Nr. 7: alle Filme

Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern

Bevor Franco Giraldi ins Regiefach wechselte war er unter anderem bei Sergio Corbuccis „Romulus und Remus“ („Romolo e Remo, Italien 1961) als Second Unit Regisseur sowie bei Sergio Leones „Für eine Handvoll Dollar“ („Per un Pugno die Dollari“, Italien 1964) als Regieassistent tätig. „Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern“ ist sein dritter selbst inszenierter Italowestern.
Darin muss der ehemalige Ermittler Sugar Colt (Jack Betts), der inzwischen rachsüchtigen Frauen der Gesellschaft den Umgang mit dem Revolver beibringt, mitansehen, wie sein alter Bekannter Alan Pinkerton (George Rigaud) auf offener Straße niedergeschossen wird. Der als Detektiv tätige Pinkerton hat an dem Fall eines nach dem Ende des Bürgerkriegs verschollenen Nordstaatler-Bataillons gearbeitet. Er wollte Sugar Colt reaktivieren, der lehnte jedoch ab. Die kaltschnäuzig begangene Tat sorgt jedoch dafür, dass Colt in die Rolle des verschrobenen Wanderarztes Dr. Tom Cooper schlüpft, um im Verbrechernest Snake Valley Nachforschungen über die verschwundenen Soldaten anzustellen. Dort trifft er nicht nur auf die reizende Saloon-Bedienung Josepha (Soledad Miranda) und die Lokalbesitzerin Bess (Gina Rovere), sondern auch auf erheblichen Widerstand. Colt wähnt sich deswegen auf der richtigen Spur, die er gegen alle Gefahren hartnäckig verfolgt.

Nachkriegsanarchie, strategische Meisterleistungen und pfiffiger Humor fügen sich in „Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern“ zu einer perfekten Einheit zusammen. Die Grausamkeit des amerikanischen Bürgerkriegs hat Wunden hinterlassen, die skrupellose Menschen neu aufreißen. Der Zusammenbruch zivilisatorischer Errungenschaften, der mit kriegerischen Handlungen immer verbunden ist – weder heute noch damals gab es so etwas wie einen sauberen Krieg jenseits heuchlerischer Rechtfertigungstiraden militärischer Brandstifter -, bringt auch nach dem Ende des Bürgerkrieges die gewalttätige Seite der menschlichen Natur ans Tageslicht. In der Pampa des Wilden Westens herrscht nur selten eine ordnende Kraft. Die Anarchie wird durch Banden gefüllt, die selbst mit dem Krieg in Verbindung stehen. Colonel Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern Haberbrook (Giuliano Raffaelli), ein selbstgefälliger Veteran, schwingt das Zepter im Verbrechernest Snake Valley, in das Sugar Colt als Tom Cooper einreitet. Der ehemalige Soldat ist die Instanz, mit der man sich hier auseinandersetzen muss, denn andere Menschen mit Macht gibt es nicht. Als Despot kann er schalten und walten wie er will.
Um an diesem Ort der Anarchie nicht unter die Räder zu kommen, muss Colt strategische Überlegenheit beweisen. Er beschwört zunächst einen Kampf des Geistes gegen die schnöde Brutalität herauf, wobei er ganz ohne handfeste Methoden auch nicht auskommt, um sich Respekt zu verschaffen. Der Identitätswechsel zum verschrobenen Dr. Tom Cooper ist deswegen nicht nur ein einfaches Versteckspiel, die Art der Rolle erfüllt eine zentrale Funktion. Die Chinesen kennen das Vorgehen unter dem blumigen Namen „Den Idioten spielen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren“. Das linkische Auftreten Coopers brüllt den Banditen förmlich ein „Ich bin harmlos“ entgegen. Zylinder, Brille und die etwas ungelenken Bewegungen funktionieren als optischer Code der Unterlegenheit. Und gerade das versetzt Colt in eine Überlegenheitsposition, die er schon kurz nach den ersten Misshandlungen ausspielt, wenn er seine Gegner im fairen Boxkampf niederstreckt. Trotz dieser Demonstration erfüllt die Maskerade weiterhin ihre Zweck. Denn das optische Auftreten Coopers ist so stark, dass es auch durch den Kampf nicht weggewischt werden kann. Die Täuschung erweist sich als strategische Meisterleistung, mit deren Pfund Colt wuchern kann.
Fast naturgemäß ergeben sich daraus humorvolle Einlagen, werden die Banditen doch immer wieder düpiert. Das ruft den Zorn Colonel Haberbrooks auf den Plan, der langsam realisiert, mit was für einem gefährlichen Gegner er es zu tun hat. Daraus entwickelt sich eine packende Auseinandersetzung um die Beeinflussung der Bodentruppen. Während Colt als Cooper die Gefolgsleute Haberbrooks in Sicherheit wiegen will, versucht der ehemalige Soldat, diesen Bann zu brechen. Zwei Strategen liefern sich ein Duell um die bessere Taktik. Die Auseinandersetzung tritt in der Ödnis des staubigen Snake Valley besonders gut zu Tage. Ohne störende Einflüsse, können die einzelnen Figuren agieren. Die wüstenartigen Berge, die ockerfarbenen Ebenen und die teilweise einsam wirkende Stadt bereiten die ideale Bühne für den Kampf. Hier sind sie alle auf sich allein gestellt, sodass Giraldi Anarchie, Strategie und Humor perfekt herausarbeiten kann. Ein schöner Italowestern.

Bildqualität

Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern

Das Bild der DVD ist in Ordnung, kann aber nicht mit den besten Scheiben der Reihe mithalten. Das liegt unter anderem an dem Schleier, der über den Totalen zu liegen scheint. Bei Kamerabewegungen ergibt sich so an den Kanten der Objekte eine auffällige Unruhe. Die Schärfe ist bei den Nahaufnahmen gut, lässt aber außerhalb der Innenräume nach. Die Farben wirken demgegenüber recht frisch und nur leicht ausgebleicht. Der Kontrast macht eine gute Figur. Das analoge Rauschen überrascht nicht, dafür halten sich Defekte und Dreckspuren in Grenzen.

Tonqualität

Die beiden deutschten und die italienische Tonspur liegen ungefähr auf dem gleichen Qualitätsniveau. Nennenswertes Rauschen gibt es kaum, die Dialoge lassen sich gut verstehen und sind kaum verzerrt. Auch die Musik kommt gut zur Geltung. Demgegenüber klingt der englische Ton etwas dumpfer, aber auch noch auf einem sehr ordentlichen Nivau.

Extras

Die etwa 14-minütige Featurette „Sugar Franco“ besteht aus einem Interview mit Regisseur Franco Giraldi, der kurz auf seinen Werdegang zu Beginn der Filmkarriere eingeht und dann erläutert, wie er an „Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern“ gearbeitet hat und welchen Stil er auf die Leinwand bringen wollte. Hörenswerte Hintergründe paaren sich mit Einblicken in die Arbeitsweise eines Regisseurs, der eher zufällig beim Italowestern gelandet war.
In der etwa 10-minütigen Featurette „Rocco der Rächer“ ordnet Filmhistoriker Fabio Melelli das Werk gewohnt souverän in den Genrekontext ein und arbeitet Besonderheiten Giraldis heraus. Auffällig sind die teilweise etwas schwachen Untertitel. So ist beispielsweise von „nordischen Soldaten“ die Rede, gemeint sind Angehörige der Nordstaatenarmee.
Das knapp 40-minütige Interview mit Hauptdarsteller Jack Betts dreht sich um die Italowesternkarriere des amerikanischen Darstellers. Betts erzählt, wie es zu seinem ersten Engagement kam, schildert den darstellerischen Ansatz, mit dem er seine Charaktere angegangen ist, geizt nicht mit Anekdoten und geht auf verschiedene Kollegen ein, mit denen er damals zusammengearbeitet hat. So entfaltet sich auf lebendige Weise ein Stück Filmhistorie.
Zwei Trailer zum Film und eine Bildergalerie sind auf der DVD ebenfalls enthalten.

Fazit

„Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern“ überzeugt als treffende Darstellung anarchischer Machtzustände, denen nur mit überlegener List beizukommen ist. Der Mensch erscheint in Giraldis Genrebeitrag gleichsam als niederträchtig, strategisch klug, humanistisch und humorvoll. Ein ebenso reichhaltiger, wie gut inszenierter und gewitzter Italowestern. Technisch ist die DVD in Ordnung.

Stefan Dabrock

14.03.2013

   
Originaltitel Sugar Colt (Spanien/Italien 1967)
Länge 97 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Franco Giraldi
Darsteller Jack Betts, Soledad Miranda, Giuliano Raffaelli, Gina Rovere, Erno Crisa, Víctor Israel, Paolo Magalotti, George Rigaud, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Featurette „Sugar Franco“, Featurette „Rocco der Rächer“, Interview mit Jack Betts (Darsteller), Bildergalerie, Trailer
Preis ca. 10 EUR
Bewertung gut, technisch in Ordnung