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Zeitgleich veröffentlicht Donau Film mit „Schamlos“ und „Geißel des Fleisches“ zwei Werke des österreichischen Regisseurs Eddy Saller, die in keinem abgesegneten Kanon wertvoller Filme auftauchen. Sehenswert sind sie dennoch.
Statt Österreich und Wien nun Deutschland und Frankfurt. Eddy Saller siedelte sein wüstes Sex-and-Crime-Werk „Schamlos“ in der Stadt an, die neben ihrem heutigen Bankenimage auch die Phantasie anregt, wenn es um verruchte Milieus geht. Udo Kier verkörpert einen jungen Zuhälter, der mit seinen Plänen noch lange nicht am Ende ist. Die hübsche Annabella ist sein nächstes Ziel. Mit ihr will er das Bett teilen und an ihren Stripshows gutes Geld verdienen. Die Überzeugungskraft der Gewalt macht seine Gangsterrivalen schließlich vorübergehend gefügig, so dass er Annabella in seiner Truppe begrüßen kann. Richard Kowalski aber, der einen Schrottplatz besitzt und zusätzlich ganz groß im Zuhältergeschäft mitmischt, hat keine Lust, dem aufstrebenden Gegner Anteile vom finanziellen Kuchen zu überlassen. Während Kowalski daran arbeitet, verlorenes Terrain zurückzugewinnen, wird Annabella ermordet. Ihr Vater beauftragt den jungen Zuhälter, einen bereits freigesprochenen Angeklagten zu einem Mordgeständnis zu bewegen. Da der junge Zuhälter für Annabella auch etwas empfunden hat, setzt er ein privates Gericht ein, dass Licht ins Dunkel bringen soll.
Gegenüber „Schamlos“ wirkt der drei Jahre zuvor gedrehte „Geißel des Fleisches“ geradezu bieder. Saller und seinem Produzenten sind sichtlich die Pferde durchgegangen, als sie sich an die Umsetzung ihres neuen Genre-Beitrags machten. „Schamlos“ ist purer Pulp geworden, der mit seiner auf absonderliche Szenerien konzentrierten Dramaturgie prächtig unterhält. Da wäre
beispielsweise Playboy und Partykönig Rolf Eden, der als Gangsterboss Kowalski den dicken Max markiert, wenn er genüsslich rauchend in einer Wanne mit Aquarium in der Seitenwand Konferenz mit seinen Untergebenen abhält. Seine Prostituierten residieren in mobilen Wohnwagen, mit denen sie das Geld ranschaffen können. Marina Paal gibt in der Rolle der Annabella das durchtriebene Luder, das ganz offensichtlich Spaß an ihrer Striptätigkeit hat, da sie sich dabei lasziv gebärden kann. Zur Charakterisierung ihrer Persönlichkeit greift Saller sogar auf die skandalträchtige Kunst des Wiener Aktionismus zurück, indem Annabella bei einem solchen daran angelehnten Happening als lebendiger Pfannkuchen mit Eiern beschmiert wird.
Am wichtigsten aber ist Udo Kier als junger, draufgängerischer Zuhälter, der zwischen arroganter Selbstgefälligkeit, erotischer Kraft und irrsinniger Selbstüberschätzung changiert. Er alleine bündelt das Pulpuniversum der grellen Zuspitzung, das ohne ihn auseinander brechen würde. Er ist die Figur der Sensation. Sein Eingangsmonolog verortet ihn im Zirkusmilieu, aus dem er stammt, ein Milieu, das auf die Zurschaustellung ungewöhnlicher Attraktionen spezialisiert ist. Aus der darin zum Ausdruck kommenden biederen Institutionalisierung hat er sich in die Welt der Kriminalität geflüchtet, in der er aber letztlich scheitert. Die Lust an der Sensation, der Pulp fordert seine Opfer, wenn man sich darauf nicht nur im Kino einlässt.
Bildqualität
Das Bild der DVD weist immer wieder kleinere Verschmutzungen und durchgehend leichte Verregnung sowie hier und da Laufstreifen auf. Die analogen Defekte stören den Filmgenuss aber kaum, da sie im Schwarzweiss-Szenario relativ unauffällig bleiben. Die Schärfe überzeugt mit klaren Konturen und einem ansprechenden Detailreichtum. Der ausgewogene Kontrast sorgt für ein differenziertes Bild mit einem guten Schwarzwert. Leider stimmt das Bildformat ganz offensichtlich nicht, da der Vorspann links und rechts leicht abgeschnitten ist. Insgesamt ist der Transfer angesichts des Filmalters aber in Ordnung.
Tonqualität
Der Ton weist vor allem bei der Musik leichte Verzerrungen in den Höhen auf, auch die Dialoge sind leicht verzerrt, lassen sich aber gut verstehen. Die Abmischung der einzelnen Tonelemente ist gut gelungen, so dass sich die Stimmung des Films entfalten kann. Das Hintergrundrauschen stört nicht.
Extras
Das Bonusmaterial ist mit dem der DVD zu „Geißel des Fleisches“ identisch.
Hinter „Interviews mit Regisseur, Produzent und Darstellern“ (etwa 18 Minuten) verbirgt sich ein kurzer Beitrag, in dem ein paar zentrale Strömungen der österreichischen Filmgeschichte nach dem zweiten Weltkrieg angesprochen werden. Über Interviewschnipsel mit Regisseur Eddy Saller, dem Produzenten sowie Darstellern werden die beiden Filme „Geißel des Fleisches“ sowie „Schamlos“ in die österreichische Filmgeschichte eingeordnet. Eine ansprechende Kurzdoku.
Ein Trailer zu „Geißel des Fleisches“ befindet sich ebenfalls auf der DVD.
Fazit
„Schamlos“ überzeugt als zugespitztes Sex-and-Crime-Werk, das seine grellen Figuren in ein Universum aus Lust und Machthunger schickt, in dem sie letztlich aber nur verglühen können. Technisch ist die DVD recht ordentlich, wobei das abgeschnittene Bild schon ärgerlich ist.
Stefan Dabrock
20.12.2009
Originaltitel | Schamlos (Österreich 1968) |
Länge | 73 Minuten (Pal) |
Studio | Donau Film |
Regie | Eddy Saller |
Darsteller | Udo Kier, Marina Paal, Rolf Eden, Thomas Astor, Vladimir Medar, Herbert Kersten, Gino Baldini, u.a. |
Format | 1:1,33 (4:3) |
Ton | Mono Deutsch |
Untertitel | - |
Extras | Interviews mit Regisseur, Produzent und Darstellern, Trailer zu „Geißel des Fleisches“ |
Preis | ca. 19 EUR |
Bewertung | gut, technisch recht ordentlich, aber leicht abgeschnittenes Bild |