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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Die Revolution gebiert ihre eigenen Kinder

Tepepa

Western Unchained Nr. 4: alle Filme

Tepepa

„Tepepa“ gehört zu den ambitioniertesten Werken des italienischen Regisseurs Gulio Petroni, der auf dem Gebiet des Italowestern unter anderem noch „Die Rechnung wird mit Blei bezahlt“ („Da uomo a uomo“ aka. „Death Rides a Horse“, Italien 1967) mit Lee Van Cleef in der Hauptrolle inszenierte. Die politische Dimension macht „Tepepa“ zu einem typischen Vertreter der italienischen Western über die mexikanische Revolution Anfang des 20. Jahrhunderts. Hier spielten die Genreregisseure ihre jeweilige Neigung am deutlichsten aus.
Der einfache Landarbeiter Jesus Maria Moran entwickelt sich unter dem Kampfnamen Tepepa (Tomás Milian) zu einem Revolutionär gegen die mächtigen Landbesitzer. Kurz vor seiner Erschießung durch ein Militärkommando unter Führung des mexikanischen Colonel Cascorro (Orson Welles) taucht der englische Arzt Henry Price (John Steiner) auf, um Tepepa zu befreien. Die Motive des Briten haben jedoch nichts mit Menschenfreundlichkeit zu tun, stattdessen will er sich an Tepepa rächen. Der Revolutionär nimmt seinen persönlichen Widersacher jedoch gefangen und bringt dessen klare Absichten mithilfe geschickter Vereinnahmungstaktiken ins Wanken. Während ein zwiegespaltener Price den Anstrengungen Tepepas beiwohnt, den Aufstand gegen die nach anfänglichen Revolutionserfolgen wiedererstarkten Landbesitzer neu anzufachen, macht Colonel Cascorro Jagd auf den entflohenen Kämpfer.

Die Darstellung der Revolution als legitimer Kampf der Entrechteten gegen eine tyrannische Obrigkeit ist ein Ergebnis allgemeiner Geschichtsdarstellungen, die in der übergeordneten Klassifizierung Ergebnisse historischer Zusammenhänge gewinnen und präsentieren will. Dieser berechtigten Methode kann der Film als Medium, in dem einzelne Personen im Rahmen einer konkreten Erzählung agieren, ganz neue, ebenso berechtigte Blickwinkel hinzufügen. Aus einem relativ abstrakten Aufstand mit relativ allgemeinen Motiven wird so ein konkreter Baustein im Revolutionsbild, der mit sehr persönlichen Motiven und Verhaltensweisen gefärbt ist.
Tomás Milian hat vor diesem Hintergrund als Tepepa wenig mit dem idealisierten Freiheitskämpfer allzu euphorischer Geschichtsdarstellungen zu tun. Sein Motiv gründet auf den selbst erlittenen Erfahrungen der Armut einfacher Landarbeiter unter den bestehenden Herrschaftsverhältnissen. Aus Enttäuschung über die Machtlosigkeit des neuen Präsidenten Madero, der nach Revolutionserfolgen gegen die mexikanische Armee eingesetzt wurde, greift er erneut zur Waffe. Neben dem Kampf gegen soziale Missstände sind es auch eigene Machtgelüste, die Tepepa antreiben. Die Mischung aus verschmitzter Bauernschläue und Tepepa Beweihräucherung der eigenen Person, mit der Milian die Figur anlegt, zeugt von der inneren Gemengelage, mit der er agiert. Ungehemmter Machismo, der unter anderem durch gockelhafte Tanzeinlagen mit einer Frau bei einer Fiesta visuell auf den Punkt gebracht wird, drücken einen Teil des revolutionären Geistes in Tepepas Persönlichkeit aus. Passenderweise verdichtet Petroni diese Szene, indem er sie zusammen mit der Perspektive des Briten Price montiert, der Tepepas Tanz als Teil dessen in der Vergangenheit liegenden Sündenfalls wahrnimmt, aus dem sich Price' Rachegelüste speisen. So verknüpft Petroni die Ikone Tepepa, der sich selbst als übergeordnetes Korrektiv wahrnimmt, mit dem Menschen Jesus Maria Moran, der hinter dem schillernden Kampfnamen steckt.

Die Rückführung allgemeiner, absolut konsistenter politischer Ideen auf weniger konsistente Eigenschaften menschlicher Ratio in Verbindung mit triebhaftem Verhalten gehört zu den großartigen analytischen Leistungen des Film. Revolutionen gründen sich keinesfalls nur auf abstrakte Lehrsätze, sie ergeben sich aus ganz persönlichen Machtmotiven ambivalenter Natur, zu denen auch hehre Grundsätze gehören. Damit wird das Ansinnen der Aufständischen nicht herabgewürdigt, sondern nur in ein vielschichtigeres Bild übersetzt. Gute Ziele und fragwürdige Begleitumstände bedingen sich oftmals. „Tepepa“ stellt die unangenehme Frage, inwieweit man mit gewalttätiger Gräuel während umstürzlerischer Vorgänge leben will und muss, um das übergeordnete Ziel einer gerechteren Gesellschaft erreichen zu können.
Auf die so gestellte Gretchenfrage gibt er keine klare Antwort, aber er setzt sich mit den Folgen entsprechender Verfehlungen auseinander. Die Persönlichkeit Tepepas muss in zwei Ausprägungen gespalten werden, wenn die Revolution erfolgreich sein will. Der menschlich schwache Teil, der sich schuldig gemacht hat, wird als Jesus Maria Moran abgetrennt, während die Ikone Tepepa ohne Makel den Geist der hehren Ziele verkörpern kann. So wird der Ausländer Price, der sich am Menschen Jesus Maria Moran abarbeitet, zu einem wichtigen Helfer der Revolution, obwohl er damit wenig zu schaffen hat.

Mit seiner steifen Art bleibt John Steiner als Price ein stetiger Fremdkörper, der in Mexiko wenig verloren hat. Petroni stilisiert ihn mit seiner abgehobenen Kleidung, die aber auch nichts mit den Machtkutten der Landbesitzer zu tun hat, zu einem merkwürdigen Spielball der politischen Auseinandersetzungen. Sowohl Tepepa als auch die mexikanische Armee instrumentalisieren diesen machtlosen Fremden für die eigenen Ziele. Price versteht die mexikanische Gesellschaft nicht. Deswegen kann er kaum etwas ausrichten. Ein bisschen wirkt er wie Petronis allegorische Reflexion über ausländische Präsenz während innerer Konflikte.
Demgegenüber verkörpert Orson Welles mit der Rolle des Armeeoffiziers im Dienste der alten Machtverhältnisse eine reaktionäre Figur reinsten Wassers. Seine Bösartigkeit gründet sich weniger auf eine Vorliebe für die Landbesitzer, als auf die Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit. Welles ruhiges Nuscheln lässt keinen Zweifel aufkommen, dass ihm Emotionen angesichts gnadenloser Unterdrückung oder revolutionärer Kampfansagen fremd sind. Er hat sich in der Position eingerichtet, die ihm das alte System vermittelt hat. Das will er nicht verlieren. Welles massige Figur steht in Verbindung mit seinem aufgedunsenen, an Dekadenz gemahnenden Gesicht für die unbändige Kraft der alten Verhältnisse.
Der mächtigste Gegner der Revolution ist nicht die kämpferische Gegenwehr, sondern die stabile Balance, die einem viele Jahre währenden System innewohnt. Das Gleichgewicht nachhaltig zu stören, ist die schwierigste Aufgabe. Mit seiner Figurenkonstellation spürt Petroni sowohl dem abstrakten, als auch dem persönlichen Geist revolutionärer Vorgänge nach. Er gibt dem Ideal ein weniger einfaches Fundament, dessen komplexe Natur jeden einzelnen Menschen betrifft.

Bildqualität

Tepepa

Das Bild der Bluray lässt den Film im wunderbaren Glanz erstrahlen. Sieht die Szenerie über dem Vorspann noch relativ künstlich aus, so hat sie digitale Bearbeitung im weiteren Verlauf keine Probleme Natürlichkeit und Klarheit miteinander zu verbinden. Die Schärfe kann sich für einen Italowestern Ende der 1960er Jahre mehr als sehen lassen. Selbst Blurays mit aktuellen Filmen sehen nicht immer so gut aus wie „Tepepa“, wenn die verwendeten Kameras das nicht hergeben. An sehr wenigen Stellen ist mal ein Laufstreifen zu sehen, sonst tauchen keine Defekte auf. Die Schärfe überzeugt mit Details bei Nahaufnahmen und Halbtotalen während Landschaftsaufnahmen naturgemäß weniger klar aussehen. Die Farben wirken frisch und kräftig, sodass sowohl Innenaufnahmen mit dunklen Tönen als auch die hellen Nuancen der ockerfarbenen Landschaft gut zur Geltung kommen. Der Kontrast überzeugt mit einer differenzierten Darstellung. Das leichte Rauschen stört nicht.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-2.0-Tonspuren sind ordentlich bis gut. Während der englische Ton relativ dumpf klingt, machen sowohl die deutsche als auch die italienische Tonspur einen helleren Eindruck. Das Hintergrundrauschen der englischen Fassung ist deutlicher zu hören als bei den beiden anderen Versionen. Insgesamt macht die deutsche Tonspur den besten Eindruck. Nennenswerte Verzerrungen gibt es bei keiner der Fassungen.
Die Szenen, für die es weder einen deutschen noch einen englischen Ton gibt, sind auf Italienisch mit deutschen Untertiteln enthalten.

Extras

Direkt nach dem Start der Bluray wendet sich Regisseur Giulio Petroni mit einem Grußwort an den Zuschauer, in dem er sich freut, dass der Film nun ungeschnitten präsentiert werden kann.
Der Audiokommentar von Giulio Petroni (Regie) weist zwei lange Pausen auf. Ab Minute 20 herrscht etwa 25 Minuten Funkstille und ab einer Stunden und fünf Minuten regiert fast 40 Minuten lang Schweigen. In dieser Zeit kann man dem italienischen Ton des Films ohne Untertitel lauschen. Angesichts der Tatsache, dass Petroni nicht alleine vor dem Mikrofon sitzt, sondern von einem unbekannten Filmkenner interviewt wird, sind die Pausen unverständlich. Eine sorgfältige Vorbereitung auf den Kommentar hätte das sicher verhindern können. Unabhängig davon sind die Ausführungen während der restlichen Zeit gelungen. Einerseits gehen die beiden Kommentatoren szenenspezifisch auf einzelne Charakteristika der Inszenierung oder der Handlung ein, lassen die Dreharbeiten Revue passieren oder äußern sich zu den Darstellern.
Die etwa 30-minütige Featurette „Freude und Revolution“ besteht aus einem Videointerview mit Regisseur Giulio Petroni und einem Audiointerview mit Darsteller Tomás Milian. Die Ausführungen Petronis wiederholen einiges aus dem Audiokommentar, aber auch manch neuer Aspekt kommt zur Sprache. Milian äußert sich unter anderem zu seiner intensiven Art, die Profession des Darstellers zu interpretieren, und geht auf sein Verhältnis zu Orson Welles während der Dreharbeiten ein. Eine ordentliche Dokumentation.
Die knapp 3-minütige entfallene Szene ist nur noch ohne Ton enthalten. Sie zeigt ein Treffen Tepepas mit Präsident Madero. Auch Petroni kennt den Inhalt des Dialogs zwischen den beiden Figuren nicht mehr. Die Szene wird von ihm entsprechend kommentiert.
Der alternative Vorspann besteht aus anderen oder längeren Einstellungen, die etwas anders geschnittenen wurden.
Zwei Trailer zum Film und einer Bildergalerie sind auf der Bluray ebenfalls enthalten.

Fazit

„Tepepa“ setzt sich mit der persönlichen, menschlichen Motivation und Triebkraft auseinander, die einen entscheidenden Anteil an revolutionären Ereignissen hat. Er übersetzt die Verquickung aus hehrer Idee, Schuld und Abhängigkeiten in ein komplexes Bild, das mit dramatischer Wucht überzeugt. Technisch ist die Bluray sehr gut.

Stefan Dabrock

13.02.2013

   
Originaltitel Tepepa (Italien/Spanien 1969)
Länge 132 Minuten (24p)
Studio Koch Media
Regie Giulio Petroni
Darsteller Tomas Milian, Orson Welles, John Steiner, Luciano Casamonica, Ángel Ortiz, Annamaria Lanciaprima, José Torres, Paloma Cela, George Wang, Francisco Sanz, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 2.0 Deutsch, Englisch, Italienisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Giulio Petroni (Regie), Featurette „Freude und Revolution“, Bildergalerie, Trailer, u.m.
Preis ca. 13 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut