30.03. | Paul Temple und der Fall Marquis |
03.03. | Die weiße Mafia |
16.02. | Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen |
11.02. | Im Dutzend zur Hölle |
28.01. | Die Engel von St. Pauli |
21.01. | Die Todeskralle des grausamen Wolfes |
06.01. | Die Mörderklinik |
12.12. | Paul Temple: Jagd auf Z |
27.11. | Die drei Supermänner räumen auf |
30.10. | Die Heuchler |
10.10. | X 312 … Flug zur Hölle... |
03.10. | Das Todeslied des Shaolin |
15.09. | Der Koloss von Konga |
26.08. | Das Omen des Bösen |
11.08. | Menschen im Hotel |
06.08. | Mädchen: Mit Gewalt |
kurzrezension
09.11. | Return of the Warrior |
30.05. | Iron Sky - Director's Cut (blu-ray) |
21.05. | Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“ |
22.04. | True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray) |
Rezension von Christina Wittkop vorlesen lassen
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14 Jahre nach „Die Passion des Darkley Noon“ („The Passion of Darkley Noon“) meldet sich Philip Ridley mit einem Kinofilm zurück, der bei uns auf Bluray und DVD erschienen ist.
Das herzförmige Feuermal über seinem linken Auge macht aus dem jungen Londoner Jamie einen Außenseiter. Die Nachbarskinder verhöhnen ihn auf offener Straße. Jamies größte Leidenschaft ist die analoge Fotographie. Als er auf einem seiner Bilder etwas Merkwürdiges entdeckt, häufen sich Dämonenerscheinungen, welche die medial verkündeten Gewalttaten einiger Jugendbanden in ein anderes Licht rücken. Die Gewalt kommt Jamie immer näher und plötzlich taucht der bizarre Papa B auf, der Jamie einen Handel anbietet. Für eine kleine Dienstleistung kann er ihm ein Leben ohne Feuermal mit liebevoller Frau verschaffen. Aber so einfach, wie Papa B die Angelegenheit darstellt, ist sie natürlich nicht. Der wahre Preis muss erst noch ermittelt werden.
Nächtliche Aufnahmen des rauen, manche würden sagen heruntergekommenen, Londoner Eastend erzeugen eine zwischen sozialer Realität und poetischer Schönheit wechselnde Bildsprache. Während die offensichtlich nicht vom Wohlstand geküssten Straßenzüge ein schlichtes London jenseits der nahen Glitzerfassaden der Docklands zeigen, sorgt das gelblich-orangefarbene Licht für eine heimelige, fast märchenhafte Atmosphäre. Ridley gelingt es, eine visuelle Offenheit zu entwerfen, die Raum für Phantasie und realistische Gewalt bietet. Die Taten der Jugendbanden künden von einer Welt, die aus den Fugen gerät. Die Menschen sind dabei, ihr Zusammenleben ohne Rücksicht auf das jeweilige Gegenüber zu führen. In den Banden spiegelt sich diese brutale, angsterfüllende Tendenz wieder, welche bei der Bevölkerung Schockzustände auslöst, die noch an ein friedliches Miteinander glaubt. Jamie stellt demgegenüber fest, dass mehr dahinter steckt. Er nimmt Dämonen war, die als bösartige Manifestation der Düsternis die herzlose Seite des menschlichen Wesens in einen phantastischen Kontext rücken. Die sich daraus ergebende Chance, in einer nicht nach den Maßstäben physikalischer Logik funktionierenden Welt über sich hinaus zu wachsen, um die Dämonen zu bekämpfen, schlägt Jamie jedoch zugunsten eines Handels mit Papa B aus. Das Leiden an seinem Außenseiterstatus hat ihn empfänglich für die Verführungskraft des Bösen gemacht, erst später wird er erkennen, auf was er sich wirklich eingelassen hat.
Ridley verknüpft zahlreiche Verweise auf Märchen und andere literarische Werke zu einer wundervollen Reise in die Dunkelheit. Zauberhafte Elemente wie das kleine Mädchen Belle, das
mit Glitzerkleid Jamie beratend zur Seite steht, verleihen der Düsternis eine poetische Schönheit, die mit den anfänglichen Straßenszenen aus Londons Eastend korrespondieren. Alle Grausamkeit, die Jamie erlebt und ausüben muss, wird dadurch immer wieder auf verführerische Weise verdrängt. Schock durch plötzliche Gewalt sowie das mögliche, wenn auch aufgrund der bösartigen Herkunft vergiftete Glück, gehen eine spannungsreiche Allianz ein, welche dank der hervorragenden Kameraarbeit in intensive Bilder gegossen wurde. Gleißendes, schmerzlich weißes Licht in zwei Schlüsselszenen wechselt sich mit wärmeren Grün- oder Gelbtönen ab. Dadurch verstärkt Ridley die emotionalen Zustände seiner Hauptfigur perfekt, dessen Pakt mit dem Bösen eine tragische Reaktion auf die alptraumhafte Realität der Jugendbanden sowie des ihn ausgrenzenden Umgangs seiner Mitmenschen ist. Dabei hält Ridley die Balance zwischen Phantasie und Realität soweit, das sie miteinander verschwimmen und eine eigene Wirklichkeit entsteht. Diese Offenheit ist lange Zeit die große Stärke des Films, der seine psychologische Betrachtung Jamies als düsteres Märchen entwickelt, das die Realität neu ordnet. Dadurch entstehen neue, unermesslich reichhaltige Räume für die Phantasie, für die Interpretation der allegorischen Bilder und für die Wechselwirkung zwischen menschlicher Vorstellungskraft und Realität. Das wir am Ende aber zugunsten einer Eindeutigkeit geopfert, welche keinen Raum mehr dafür lässt, dass die Phantasie die Realität beeinflussen könnte. Der Schwebezustand ist vorbei, die Magie dahin.
Bildqualität
Das saubere Bild der Bluray weist eine wechselnde Qualität auf. Während die nächtlichen Außenaufnahmen etwas weich erscheinen, sind Innenaufnahmen deutlich schärfer, weil sie einen höheren Detailreichtum aufweisen und die Konturen klarer ausgeprägt sind. Die weichere Optik der Nachtszenen betont allerdings deren märchenhaften Charakter, weil ihre leichte Verschleierung etwas Geheimnisvolles erzeugt. Insofern bleibt von einer scheinbaren Schwäche nicht mehr viel übrig. Die Farben wirken sehr kräftig, so dass die ausgefeilte Gestaltung des Kameramanns gut zur Geltung kommt. Der Schwarzwert ist oftmals etwas schwach, so dass der Nachthimmel gräulich aussieht. Hinzu kommt ein vernehmliches Hintergrundrauschen.
Tonqualität
Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren sorgen nicht für den brachialen Budenzauber, sondern sie verfügen über eine stets spürbare mit leichten Klangeffekten sowie der guten Musik arbeitenden räumlichen Atmosphäre. Manchmal greift das Design der Tonspur auch zu dynamischen Schockeffekten, die entsprechend wirkungsvoll sind. Die Dialoge sind klar und verständlich.
Extras
Im Audiokommentar äußert sich Regisseur Philip Ridley ausführlich über die künstlerische Gestaltung des Films, indem er das visuelle Design erläutert, Vorbilder und Motive offen legt und teilweise die dramaturgische Struktur der Erzählung analysiert. Das mag dem einen oder anderen zu viel Interpretation vom Autoren selbst sein, liefert aber einen faszinierenden Einblick in Ridleys Konzept. Daneben spricht er noch ein paar Herausforderungen an, die der Dreh bereitgehalten hat.
Bei den Interviews sind nur die Gespräche mit Regisseur Philip Ridley und Hauptdarsteller Jim Sturgess interessant. Ridley geht in knapp elf Minuten auf seine filmische Konzeption sowie die visuelle Gestaltung und das Casting ein. Dabei wiederholt er manches aus dem Audiokommentar, bringt aber auch ein paar neue Fakten. Jim Sturgess nutzt seine gut zehn Minuten für eine Reflexion über die Dimension der Geschichte und seiner Rolle. Die übrigen, jeweils gut eine Minute langen Interviews bestehen hauptsächlich aus einer knappen Charakterisierung der eigenen Rolle.
Die Making Of-Sequenzen bestehen im wesentlichen aus B-Roll-Material vier ausgewählter Szenen. Da es sich um effekttechnische Schlüsselszenen handelt ganz nett.
Der gute dreiminütige Beitrag „Publikumsreaktionen“ ist ein Zusammenschnitt kurzer Aussagen einiger Zuschauer nach Ansicht des Films. Natürlich sind sie positiv.
Hinter „Musik-Videos“ verbergen sich zwei Lieder aus dem Film, die Jim Sturgess mit Musikern in einem Kino live spielt. Ein schöner Auftritt.
Trailer zum Film sind auf der Bluray ebenfalls enthalten.
Fazit
„Heartless“ überzeugt bis kurz vor Schluss als brillante Horrormärchenerzählung, die über den emotionalen Verfall des menschlichen Miteinanders, die Verführbarkeit durch das Böse und die Sehnsucht nach einer Existenz in „Normalität“ reflektiert. Der Schwebezustand zwischen Realität und Phantasie, der sich über weite Strecken nicht auflösen lässt und der dem Werk eine Reichhaltigkeit verleiht, wird am Ende zugunsten einer kargen Eindeutigkeit geopfert. Technisch ist die Bluray gut.
Stefan Dabrock
04.03.2011
Originaltitel | Heartless (GB 2009) |
Länge | 114 Minuten (24p) |
Studio | Senator |
Regie | Philip Ridley |
Darsteller | Jim Sturgess, Clémence Poésy, Noel Clarke, Luke Treadaway, Justin Salinger, Fraser Ayres, Ruth Sheen, Timothy Spall, Joseph Mawle, Eddie Marsan, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Audiokommentar von Philip Ridley, Interviews, Trailer, u.m. |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | sehr gut, aber abwertendes Ende, technisch gut |