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rezensionen

30.03. Paul Temple und der Fall Marquis
03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Der Mond hat viele Gesichter

Iron Sky – Wir kommen in Frieden

Iron Sky – Wir kommen in Frieden

Die Crowd-Funding-Geschichte der finnischen Science-Fiction-Groteske „Iron Sky“ wurde bereits in vielen Texten anderer Medien ausführlich gewürdigt. Deswegen nur kurz der Hinweis, dass das Budget unter anderem auch durch Fans aufgebracht wurde, die bei der kreativen Gestaltung ein Mitsprachrecht eingeräumt bekamen.
Das ging glücklicherweise nicht zulasten einer geschlossenen Erzählung, die auf der absurden Annahme beruht, ein paar Nazis könnten 1945 mit einem oder mehreren Raumschiffen auf den Mond geflüchtet sein. Dort leben sie in einer ideologisch gestrigen Gesellschaft, um Pläne für eine Erdinvasion zu schmieden, mit der sie die Herrschaft an sich reißen wollen. Da ihre Basis auf der Rückseite des Mondes liegt, die der Erde stets abgewandt bleibt, wurden sie bislang nicht entdeckt. Der afroamerikanische Astronaut James Washington (Christopher Kirby) wird durch Nachrichtenübermittlungsoffizier Klaus Adler (Götz Otto) gefangen genommen, als sich Washington auf dem Mond befindet, um mit einer Landung auf dem Erdtrabanten Wahlkampf für die amtierende US-Präsidentin (Stephanie Paul) zu machen. Adler, der für den gegenwärtigen Nazi-Führer Wolfgang Kortzfleisch (Udo Kier) nur demütigenden Respekt zeigt, treibt die Invasionspläne voran. Da ihm Washington verspricht, er könne ein Treffen mit der US-Präsidentin arrangieren, fliegen die beiden zur Erde. Begleitet werden sie von Adlers zukünftiger Frau Renate Richter (Julia Dietze), die sich heimlich an Bord geschlichen hat und als Lehrerin unbedingt die Erde sehen will, über die sie im Unterricht immer spricht. Adler möchte von der Reise technische Geräte mit auf den Mond bringen, um die „Götterdämmerung“, ein gigantisches Kriegsraumschiff, flott zu machen. Außerdem plant er den Sturz des Führers Kortzfleisch. Auf der Erde stellt Renate jedoch fest, dass die Nazi-Ideologie keineswegs friedliebend ist. Sie wurde als Lehrerin von den eigenen Leuten instrumentalisiert, um die Propagandaerziehung des Nachwuchses glaubwürdig durchführen zu können. Aufgrund ihrer neuen Erkenntnisse stellt sie sich gegen Adler und versucht, die Nazinvasion zu verhindern.

Obwohl die groteske Handlung keinen Zweifel lässt, dass sie im Prinzip grober Unfug ist, behandeln sie die Macher des Films wie ein ernstes Drama. Die Mondrealität wurde mit liebevollen Details so prägnant wie möglich gestaltet. Das liegt unter anderem an den Sets, die nicht nur irgendwelche kahlen Räume präsentieren, sondern zahlreiche Hebel, Knöpfe, Mobiliar und sonstige Gestaltungselemente besitzen, die der Nazi-Gesellschaft auf dem Mond Leben einhauchen. Vom Klassenzimmer, in dem Renate Richter den Kindern etwas beibringen will, bis zum Kommandostand der „Götterdämmerung“ greift alles nahtlos ineinander. Die Nazis auf Iron Sky – Wir kommen in Frieden dem Mond haben sich einen Mikrokosmos erschaffen, der in sich geschlossen ist. Dadurch gewinnt die Geschichte so viel Glaubwürdigkeit, wie sie angesichts der grotesken Idee überhaupt gewinnen kann. Das ist das Reservoir, aus der die anschließende politische Satire und die emotionale Dramatik ihre Kraft schöpfen. „Iron Sky“ ist kein Schenkelklopfer, der ein Gagfeuerwerk präsentiert, das nur als Nummernrevue funktionieren würde. Hier greifen die Erzählung und das satirische Potential ineinander, klassische Gags wie in einem Sketch werden nur sparsam eingesetzt. Und wenn das einmal der Fall ist, dann hat das Drehbuch auch keine Angst vor Plattitüden. Adlers an Renate gerichtetes Kompliment, sie sei umwerfend, quittiert der Film mit einem auf Adler herunterfallenden Astronauten Washington, der den Nazi außer Gefecht setzt. Das lockert das Geschehen auf, ist aber nur so selten präsent, als dass der Film leiden könnte.

Stattdessen befasst sich das Werk einerseits mit dem bitter-bösen Lernprozess, den Renate Richter durchmachen muss, und andererseits mit der Ausformung politischer Macht, der viele Mittel recht sind. Die US-Präsidentin greift dankbar auf die bevorstehende Nazi-Invasion zurück, um mithilfe eines kriegerischen Gegenschlags die Wahl zu gewinnen. So droht den Bösen das groteske Schicksal, dem erklärten Feind als Steigbügelhalter zu dienen. Statt die Weltordnung zu destabilisieren, könnten sie zur Verfestigung derselben beitragen. Die Nazis sind in dieser satirischen Auseinandersetzung mit der US-Administration nur eine mögliche Bedrohung für den amerikanischen Vormachtanspruch. Das grundsätzliche Muster der US-Reaktion ließe sich auch auf andere machtpolitische Konstellationen übertragen. Die Abrechnung mit der Arroganz der Macht, die sowohl die als Sarah Palin Verschnitt gestaltete Präsidentin mit Sprüchen wie „Wir sind Amerikaner, das ist es, was wir immer tun“ als auch deren PR-Beraterin Vivian (Pete Sergeant) ausstrahlen, bleibt universell. Mit einer geschickten Wendung im Uno-Sicherheitsrat wird sie zudem auf andere Staatschefs übertragen. Ohne die Nazi-Ideologie mit dem Verhalten der politischen Machthaber auf der Erde gleichzusetzen, kristallisiert sich ein grimmiges Verhältnis zur egoistischen Ausformung der jeweiligen Regierungsverantwortung heraus, die mit medialen sowie strategischen Tricks gefestigt werden soll. Sie ist die Zielscheibe des Films, der sich gegen jegliche Macht ohne Gemeinschaftssinn wendet.

Dass sie einer kriegstreiberischen sowie fremdenfeindlichen Ideologie aufgesessen ist, wird auch Renate klar. Sie wird zum entscheidenden Hoffnungsträger für die Menschlichkeit, indem sie Lernfähigkeit demonstriert. Ihre Wandlung ist nicht nur Teil des persönlichen Dramas, das sich auf den Verrat durch die eigenen Leute gründet, sondern auch das Herzstück des Films. Renate wendet sich von den Autoritäten ab, um deren kalten Umgang mit der Gemeinschaft nicht zu unterstützen. Dadurch entwickelt sie sich zu einem Menschen, der einen neuen Weg beschreiten könnte.

Bildqualität

Iron Sky – Wir kommen in Frieden

Das Bild der Bluray ist einwandfrei. Die Schärfe kann sich auf die detaillierten Bilder der digitalen Kamera verlassen, mit der „Iron Sky“ gedreht wurde. Sowohl die Mondszenen als auch die Handlungsteile auf der Erde glänzen durch ihre gelungene Präzision. Die Farben sehen kräftig aus. Der gute Kontrast sorgt dafür, dass die annähernd schwarz-weiß wirkenden Mondbilder mit einer differenzierten Schattierung ausgestattet werden, so dass das Szenario gut zur Geltung kommt.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren verfügen nicht nur über klare Dialoge, die Musik sorgt mit wuchtigem Klang auch für eine gute räumliche Atmosphäre. Einzelne Nebengeräusche wurden ebenfalls präzise auf die Lautsprecher verteilt, so dass sie den Surroundklang unterstützen.

Extras

Im Audiokommentar von Timo Vuorensola (Regie) und Samuli Torssonen (Visuelle Effekte) erfährt man einiges über die Dreharbeiten und die Überlegungen, die in die Ausarbeitung des Films geflossen sind. Das reicht von Hinweisen zur Dramaturgie und zur Gestaltung der Charaktere über das Design bis zu Informationen über einzelne Drehorte. So geht Vuorensola darauf ein, wo sich manche der Räumlichkeiten wie beispielsweise das Büro der Präsidentin befinden, in denen das Filmteam gearbeitet hat. Ein guter Audiokommentar.
„62nd Berlinale: Premiere of Iron Sky“ zeigt in knapp zwölf Minuten Aufnahmen Filmpremiere im Berliner Friedrichstadtpalast. Die Vorstellung des Regisseurs vor der Präsentation des Films gehört ebenso dazu wie die Worte, die Regisseur und Filmteam auf der Bühne danach ans Publikum gerichtet haben, und ein paar Aussagen einzelner Stabmitglieder bei der Premierenparty. Nicht informativ, aber für alle die nicht bei der Berlinale dabei sein konnten ganz hübsch.
„Iron Sky: How it all started“ besteht aus ein paar Interviews und Filmausschnitten. Das Thema ist die Grundidee hinter der Filmerzählung, deren Entstehung unter anderem verraten wird. Ein knapp neunminütiger Beitrag, der starken PR-Charakter hat.
Das gilt auch für die knapp 15-minütige Kurzdoku „Iron Sky: The Story and the Characters“, in der Regisseur Timo Vuorensola und andere Stabmitglieder die einzelnen Figuren erläutern.
Das Bonusmaterial wurde deutsch untertitelt.
Zwei Bildergalerien, drei Teaser und ein Trailer sind auf der Bluray ebenfalls enthalten.

Fazit

„Iron Sky“ ist nicht der Schenkelklopfer, der als Gagfeuerwerk daher kommt, sondern im Gewand einer absurden Groteske eine treffsichere Politsatire, die sich mit Macht und Medien auseinandersetzt. Technisch ist die Bluray sehr gut.

Stefan Dabrock

15.12.2012

   
Originaltitel Iron Sky (Finland/BRD/Australien 2012)
Länge 93 Minuten (24p)
Studio Splendid
Regie Timo Vuorensola
Darsteller Julia Dietze, Christopher Kirby, Götz Otto, Udo Kier, Peta Sergeant, Stephanie Paul, Tilo Prückner, Michael Cullen, u.a.
Format 1:2,40 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch/Deutsch
Untertitel Deutsch, Niederländisch
Extras Audiokommentar von Timo Vuorensola (Regie) und Samuli Torssonen (Visuelle Effekte) „'Iron Sky': How it all started“, Bildergalerie, Trailer, u.m.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gut, technisch sehr gut