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Western-Legenden Nr. 2: alle Filme
Rezension von Stefan Dabrock vorlesen lassen
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In Texas, so einige Teilnehmer des Lynchmobs aus „Ritt zum Ox-Bow“, verlassen wir uns nicht auf Gerichte. Die Aussage dokumentiert eine Mischung aus Rechtsstaats- und damit auch Demokratiefeindlichkeit sowie der Hybris, die Angelegenheiten des Verbrechens selbst am besten regeln zu können, die William A. Wellmans Westernklassiker durchzieht.
Die beiden Cowboys Gil (Henry Fonda) und Art (Harry Morgan) tauchen in einem verschlafenen Westernkaff auf, wo Gil hofft seine Freundin Rose (Mary Beth Hughes) wiederzutreffen. Kurz nach ihrer Ankunft verbreitet ein eilig in das Städtchen eingerittener Einheimischer die Kunde vom Tod des angesehenen Ranchers Robert Kinkaid. Ein paar Viehdiebe sollen den armen Burschen über den Haufen geschossen haben. Schnell formieren die Bürger der Stadt einen Lynchmob, der keine Zeit verlieren will, um die Banditen zu jagen. Mäßigende Stimmen werden in den Wind geschlagen, die gemahnen, man solle erst die Untersuchungen des Sheriffs abwarten, der sich zur Ranch Kinkaids begeben hat. Gil und Art schließen sich dem Lynchmob aus Angst an, sie würden sich andernfalls verdächtig machen. In der Nacht bringt die Truppe der freiwilligen Banditenjäger schließlich ein Lager dreier Viehtreiber auf, die aufgrund vager Indizien schnell für schuldig erklärt werden. Während die drei ihre Unschuld beteuern, kommt es zu Diskussionen zwischen den wenigen Skeptikern und denjenigen, die eine schnelle Hinrichtung wollen.
Nach der souveränen Einführung der beiden wenig heldenhaften Cowboys Gil und Art sowie der zentralen Selbstjustizbefürworter auf Seiten des Lynchmobs, darunter auch ein ehemaliger Südstaatenoffizier (Frank Conroy) mit gnadenloser Attitüde, entwickelt Willam A. Wellman den Film zu einem Gerichtssaaldrama unter freiem Himmel. Im Gegensatz zu klassischen Vertretern des Justizthrillers stehen jedoch nicht nur Fragen über Schuld oder Unschuld der Angeklagten, sondern auch Fragen über die Legitimität der Ankläger im Vordergrund der
brillanten Zuspitzung auf eine dichte Erzählung. Wellman nimmt die Rechtschaffenheit der Bürger auseinander, mit der diese glauben, ein Selbstjustizgericht abhalten zu können, indem er die Motive der treibenden Figuren offen legt. Eine standrechtliche Aburteilung mit sofortigem Vollzug der Strafe verliert deswegen ihre Legitimität, weil eine solche Handlungsweise nie etwas mit Rechtsfindung zu tun hat. Der Südstaatenoffizier, der auch noch im Verdacht steht, nie in der Armee gewesen zu sein, steigert sich in eine Gier hinein, Autorität ausüben zu dürfen. Seine gefühllosen Augen offenbaren eine gnadenlose Kälte, die nicht seine emotionale Neutralität gegenüber den Beschuldigten, sondern seine Machtlust ausdrücken. Andere Teilnehmer des Lynchmobs sind von sadistischem Hass durchzogen, der keinen Raum für Unabhängigkeit kennt. Gegen die Dynamik aus Macht und Freude an der Gewaltausübung haben die Mahner keine Chance, die sich dem Lynchmob angeschlossen haben, um das schlimmste verhindern zu können.
Während Wellman die Auseinandersetzung zwischen den Hinrichtungsfreunden und den Gegnern zu einem intensiven Drama über den Kampf zwischen Rechtsstaat und Rechtswillkür entwickelt, verhandelt er aber gleichzeitig auch über die Schwierigkeit, Zivilcourage zu zeigen. Gerade der von Henry Fonda mit eindrucksvoller Zerrissenheit verkörperte Cowboy Gil schafft es nicht, stärker Partei zu ergreifen, obwohl er weiß, dass hier ein schändliches Schauspiel abläuft. Er duckt sich wie sein Freund Art fast die ganze Zeit weg, bevor er wenigstens im späteren Verlauf noch eine stummes Zeugnis des Widerspruchs gegenüber dem Selbstjustiztreiben ablegt. Gil wird zu einer tragischen Gestalt, die das Dilemma zwischen Angst um das eigene Leben und mutigem Widerstand bündelt. Er sieht sich einem latenten Faschismus gegenüber, der weite Teile des Gesellschaft im Griff hat, und das gilt auch für das amerikanische Gemeinwesen. Mit seiner bohrenden, umbequemen Art, den Finger in die Wunde unzivilisierter Rechtswillkür zu legen, ist „Ritt zum Ox-Bow“ auch heute noch aktuell. Dafür muss man nur den Aussagen einiger, scheinbar demokratischer Politiker dies- und jenseits des Atlantiks sowie seinen Mitmenschen zuhören.
Bildqualität
Das Bild der Bluray ist für einen fast 70 Jahre alten Film sehr ordentlich. Gleich zu Beginn tauchen allerdings etwas stärkere analoge Defekte auf, wenn am rechten Rand ein Laufstreifen sichtbar ist und etwas Verregnung über das Bild huscht. Die Schärfe ist sehr ordentlich bis gut, da die Konturen einwandfrei dargestellt werden und je nach Komposition auch einige Details sichtbar sind. Die Grauabstufungen des Schwarzweiß-Materials wurden gut auf die Bluray übertragen. Das analoge Rauschen stört kaum.
Tonqualität
Der englische Ton weist zu Beginn ein deutliche Rauschen und Knistern auf, das nach einem Aktwechsel kaum noch vorhanden ist. Dafür wird der Ton zwischenzeitlich etwas leiser und dumpfer. Das irritiert bei der Ansicht des Films merklich, da man gezwungen ist, die Lautstärke des Films nachzuregulieren. Leichte, am Anfang auch stärkere Verzerrungen, sind ebenfalls zu hören.
Extras
Der Audiokommentar von Dick Eulain (Westernexperte) und William Wellman Jr. (Sohn des Regisseurs), der aus zusammengeschnittenen Teilen besteht, geht detailreich auf die Hintergründe der Produktion, zahlreiche historische Aspekte und die Darsteller ein. Aufgrund seiner Informationsfülle ein sehr guter Kommentar.
Die etwa 45-minütige Dokumentation „Henry Fonda: Hollywoods ruhiger Held“ zeichnet Fondas berufliche Karriere sowie einige private Aspekte nach. Darin kommen unter anderem Henry Fondas Kinder, die beiden Schauspieler Jane und Peter, zu Wort. In chronologischer Reihenfolge entsteht so ein ansprechendes biographisches Portrait des Darstellers.
Laut Herstellerangaben liegt der DVD auch ein Booklet bei. Da die Rezensionsfassung ohne Originalverpackung ausgeliefert wurde, können an dieser Stelle dazu keine Angaben gemacht werden.
Fazit
„Ritt zum Ox-Bow“ ist ein brillantes Drama, das als Anklage gegenüber Rechtswillkür, faschistischen Tendenzen und Grausamkeit funktioniert sowie Fragen der Zivilcourage verhandelt. Technisch ist die Bluray angesichts des Filmalters in Ordnung.
Stefan Dabrock
12.09.2011
Originaltitel | The Ox-Bow Incident (USA 1943) |
Länge | 75 Minuten (Pal) |
Studio | Koch Media |
Regie | William A, Wellman |
Darsteller | Henry Fonda, Dana Andrews, Anthony Quinn, William Eythe, Harry Morgan, Jane Darwell, Matt Briggs, Harry Davenport, Frank Conroy, u.a. |
Format | 1:1,33 (4:3) |
Ton | DTS-HD-Master 2.0 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Englisch |
Extras | Audiokommentar von Dick Eulain und William Wellman Jr. (Sohn des Regisseurs), Dokumentation „Henry Fonda: Hollywoods ruhiger Held“, Bildergalerie, Booklet (laut Herstellerangaben liegt ein Booklet bei, das Rezensionsexemplar wurde ohne verschickt) |
Preis | ca. 17 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch in Ordnung |