dvdheimat und blurayheimat - das magazin für dvd und bluray-rezensionen

rezensionen

30.03. Paul Temple und der Fall Marquis
03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Deckards Schatten

Natural City

Natural City

Mit offensichtlichen Anleihen bei Ridley Scotts Science-Fiction-Klassiker „Blade Runner“ um den Replikantenjäger Rick Deckard versucht der koreanische Regisseur Byung-chun Min ein in der Zukunft angesiedeltes Melodrama mit Actionausflügen auf die Beine zu stellen.
2080 in Korea: Der speziell ausgebildete Kämpfer R (Ji-tae Yu) hat sich in den Androiden Ria (Rin Seo) verliebt. Aber die Lebensdauer der künstlichen Wesen ist begrenzt, so dass Ria nur noch kurze Zeit zu leben hat. Das weiß auch R, der mit Hilfe eines exzentrisch wirkenden Untergrund-Wissenschaftlers an einer Lösung arbeitet, damit Ria weiter existieren kann. Dafür benötigt R einen passenden Menschen, der in der resoluten Prostituierten und Wahrsagerin Cyon (Jae-un Lee) gefunden zu sein scheint. Während sich R auf die Suche nach Cyon macht, um sie in seine Gewalt zu bekommen, ist auch der Android Cypher (Doo-hong Jung) hinter der jungen Frau her. Sie könnte ebenfalls seine Fahrkarte in ein längeres Leben sein. Die Auseinandersetzung um Cyon spitzt sich zu, weil die Frau keine Lust hat, als Rohstoff für andere zu dienen, und weil Noma (Chang Yun), Rs Vorgesetzter aus der Spezialeinheit, den verbotenen Aktivitäten Rs nachgeht.

In „Natural City“ brandet immer dann Action auf, wenn Kampfandroid Cypher gegen den Willen der Menschen für seine persönliche Sache eintritt. Er will einfach nicht nach der vorgegebenen Zeit den Löffel abgeben. Sein durchaus verständliches Ansinnen wird lose mit den Bemühungen Rs um das Überleben der Androidfrau Ria verbunden. Die Aktivitäten haben nur deswegen etwas miteinander zu tun, weil Cyon für beide der Schlüssel zum Ziel ist. Über weite Strecken laufen die Ereignisse parallel nebeneinander her, ohne dass der Film die Verbindung offenbart. Das verhindert die Entstehung einer dichten Dramaturgie, in der Fragen um das Recht auf Leben sowie die Natur der Androiden eine Rolle spielen könnten. Cyphers Handlungsstrang wird lange Zeit so stiefmütterlich in das restliche Geschehen eingebunden, dass er wie ein Fremdkörper wirkt.

Für die philosophischen Fragen und die emotionale Seite muss deswegen alleine die Liebesgeschichte zwischen R und Ria herhalten. Das intellektuelle Potential scheint Regisseur Byung-chun Min jedoch nicht interessiert zu haben. Die potentielle Opferung eines Menschen, um einen Androiden am Leben zu erhalten, wird nicht weiter hinterfragt. So bleiben Überlegungen über die Existenz außen vor. Der offensichtliche moralisch-ethische Konflikt in Rs Handlungen, der sowohl seine persönliche Verzweiflung reflektieren als auch grundsätzliche Fragen diskutieren könnte, verpufft im Nirwana der Ignoranz. Übrig bleibt die emotionale Seite der Liebe, die zwar die bemerkenswerte Nichtbeachtung moralischer Fragestellungen Natural City keineswegs ausmerzen könnte, die aber immerhin als dramaturgisches Zentrum ihre Kraft entfalten könnte. Sie leidet aber unter der depressiven Stimmung, die von Anfang an herrscht. Die idyllische Situation zu Beginn des Films löst sich nach wenigen Minuten in einer Illusion auf, die jegliche Romantik zerstört. Das ändert sich über die gesamte Laufzeit des Films nicht mehr. Angesichts ihrer schwindenden Lebenskraft stapft Ria mit fast ausdruckslosem Blick durch die Szenerie. Damit dies als tragischer Kristallisationspunkt seine Wirkung entfalten könnte, hätte der Film an anderer Stelle einmal das Glück präsentieren müssen, das R mit Ria empfunden hat. Die Trauer benötigt einen Gegenpol, um verständlich machen zu können, worum getrauert wird. Da sich Byung-chun Min darum jedoch nicht gekümmert hat, wirkt Rs Kampf um Ria wie absurdes Theater ohne verständliche Motivation. Die Liebesgeschichte bricht in sich zusammen und damit auch der letzte Teil der Erzählung. Visuelle Ideen, Action und Musik bilden nur eine Hülle um ein Vakuum.

Bildqualität

Natural City

Das Bild der Bluray kann nicht ganz überzeugen, weil die Schärfe nur durchschnittliche Werte erreicht. Ein Teil des Mittelmaßes hat sicher mit den digitalen Effekten und Farbfiltern zu tun, die sich nicht positiv auf die Schärfe auswirken, sie reichen als Erklärung für den eingeschränkten Detailreichtum aber nicht aus. Das Bild wirkt immer eine Spur weich. Gegen die Farben lässt sich nichts einwenden, sie präsentieren den visuellen Stil des Films gut. Der Kontrast ist allerdings nicht immer in der Lage, die Details gut voneinander abzuheben. Hinzu kommt ein Grundrauschen.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-Tonspuren müssen ohne nennenswerte Surroundeffekte auskommen, auch die Actionsequenzen könnten druckvoller daherkommen. Die Musik versucht das mögliche, um in die Bresche zu springen. Das gelingt ihr auf ordentlichem Niveau. Die Dialoge wurden sauber abgemischt, so dass sie nicht übertönt werden.

Extras

Das Bonusmaterial wurde dankenswerterweise deutsch untertitelt, sodass man den Ausführungen der koreanischen Stabmitgliedern folgen kann.
Hinter der gut 23-minütigen Kurzdoku „The Story of Natural City“ verbirgt sich ein klassisches Werbe-Making-Of mit Szenen vom Dreh und verschiedenen Interviews. Bei dem Rundumschlag werden Themen wie die Entwicklung der Geschichte, die Spezialeffekte und die Produktionszeit kurz angerissen, wobei Regisseur Byung-chun Min ein paar erhellende Wort über sein Konzept verliert, das er visuell, stimmungstechnisch und inhaltlich verfolgt hat. Insgesamt ein netter Beitrag, der besser als viele vergleichbare Making Ofs ist. Erschreckend nimmt man zur Kenntnis, dass für den Film auch auf zahlreiche Modelle zurückgegriffen wurde, die im endgültigen Produkt eher nach digitalen Kompositionen aussehen. Das Zusammenfügen aus realen, gebauten Sets, digitalen Effekten und an realen Orten aufgenommenen Filmaufnahmen hat nicht besonders gut funktioniert. Statt eines knackigen Bildes haben die Koreaner ein matschiges produziert.
Hinter dem als „Making Of“ bezeichneten Betrag verbirgt sich demgegenüber gut 15 Minuten B-Roll-Material von mäßigem Anschauungswert, weil einfach keine besonders eindrucksvollen Szenerien oder Stunts zu sehen sind.
„Behind the Scenes“ wirkt mit etwa 45 Minuten Lauflänge wie eine ausführlichere Version von „The Story of Natural City“. Zahlreiche Interviewschnipsel wiederholen sich, so dass man zwischen der Wiedergabe des Filminhalts nach neuen Informationen förmlich suchen muss. In kleinen Dosen sind sie dann auch vorhanden.
Die gut fünf Minuten mit Timecode versehenen Deleted Scenes sind nicht der Rede wert.
„Interviews“ enthält Gespräche mit den drei Hauptdarstellern Ji-tae Yu (R), Rin Seo (Ria) und Chang Yun (Noma), die zusammen knapp 18 Minuten lang sind. Über Aussagen zum Inhalt und dem zwar liebenswert sympathisch vorgebrachten, aber letztlich völlig uninteressanten Appell, sich den Film anzusehen, gehen die Interviews aber nicht hinaus.
Mit dem knapp 14-minütigen Beitrag „The World of Natural City“ steigert sich die Qualität des Bonusmaterials erheblich. Ein für die Spezialeffekte verantwortlicher Mitarbeiter der Filmcrew schildert ausführlich, was ihn an der Arbeit zu „Natural City“ fasziniert hat und mit welchen Methoden bestimmte Einstellungen gedreht wurden. Hier bekommt man tatsächlich einen Einblick in den Produktionsprozess.
Ausgesprochen spannend ist das gut achtminütige „Making Of Title Logo“, in dem die Titelsequenzgestalterin über ihre Arbeit spricht. Sie schildert nicht nur anschaulich, welche Bedeutung eine Titelsequenz für einen Film haben kann und gibt so Einblicke in ein ansonsten kaum beachtetes Thema, sie äußert sich auch in einer für eine Asiatin ausgesprochen freimütigen Weise über Differenzen mit Regisseur Byung-chun Min, die ein interessantes Schlaglicht auf Min werfen.
Zwei TV-Spots und eine Bildergalerie sind auf der Bluray ebenfalls enthalten.

Fazit

„Natural City“ krankt an der völlig unzureichenden Ausarbeitung der unterschiedlichen emotionalen Motive. Deswegen sind weite Teile des Geschehens nicht nachvollziehbar. Übrig bleibt eine filmische Hülle ohne Inhalt. Technisch ist die Bluray durchschnittlich.

Stefan Dabrock

29.08.2012

   
Originaltitel Natural City (Südkorea 2003)
Länge 113 Minuten (24p)
Studio Splendid
Regie Byung-chun Min
Darsteller Ji-tae Yu, Jae-un Lee, Rin Seo, Eun-pyo Jeong, Doo-hong Jung, Chang Yun, Eul-dong Kim, Ju-hye Ko, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Kantonesisch
Untertitel Deutsch
Extras Kurzdoku „The Story of Natural City“, Spezialeffekte „The World of Natural City“, „Making Of Title Logo“, u.a.
Preis ca. 10 EUR
Bewertung schwach, technisch durchschnittlich