Keine Lust auf Lesen?
Es gibt auch Audio-Tracks zu einigen Rezensionen!
30.03. | Paul Temple und der Fall Marquis |
03.03. | Die weiße Mafia |
16.02. | Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen |
11.02. | Im Dutzend zur Hölle |
28.01. | Die Engel von St. Pauli |
21.01. | Die Todeskralle des grausamen Wolfes |
06.01. | Die Mörderklinik |
12.12. | Paul Temple: Jagd auf Z |
27.11. | Die drei Supermänner räumen auf |
30.10. | Die Heuchler |
10.10. | X 312 … Flug zur Hölle... |
03.10. | Das Todeslied des Shaolin |
15.09. | Der Koloss von Konga |
26.08. | Das Omen des Bösen |
11.08. | Menschen im Hotel |
06.08. | Mädchen: Mit Gewalt |
kurzrezension
09.11. | Return of the Warrior |
30.05. | Iron Sky - Director's Cut (blu-ray) |
21.05. | Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“ |
22.04. | True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray) |
Für eine herausragende DVD-Edition (sehr gute Bildqualität und überzeugendes Bonusmaterial) wird dieser DVD der Gipfel verliehen.
Sieben Jahre vor „Zeder“, einer rätselhaften Mischung aus Horrorfilm und Thriller, drehte der italienische Regisseur Pupi Avati den Leidensweghorrorfilm „Das Haus der lachenden Fenster“.
Darin soll der Restaurator Stefano (Lino Capolicchio) in einem kleinen italienischen Dorf mitten im Nirgendwo ein wertvolles Kirchenfresko wiederherstellen, das die grausamen Qualen des heiligen Sebastian zeigt. Der Pfarrer der Gemeinde hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg, dass er die Wandmalerei lieber aus dem Gotteshaus entfernen lassen würde als ihr neuen Glanz zu verschaffen. Der örtliche Bürgermeister (Bob Tonelli) sieht demgegenüber das Potential des Kunstwerkes. Es stammt vom inzwischen verstorbenen Maler Buono Legnani (Tonino Corazzari), der sich einen Ruf als Künstler der Todesqualen erworben hat, indem er die letzten Augenblicke unter Schmerzen sterbender Menschen eingefangen hat. Schon kurz nach seiner Ankunft schlägt Stefano seitens der Dorfbewohner Zurückhaltung entgegen, nur die Aushilfslehrerin Francesca (Francesca Marciano) lässt sich näher mit ihm ein. Der Hauch des Mysteriösen umwebt die kleine Ansammlung der Häuser und das Wirken Buono Legnanis, so dass Stefano beginnt, Nachforschungen anzustellen. Seine Neugier wird weiter angestachelt, als er unter fadenscheinigen Gründen sein Pensionszimmer räumen muss und vom seltsamen Kirchendiener in ein einsam gelegenes Haus geführt wird, in dem er wohnen kann. Im ersten Stock lebt eine bettlägrige alte Frau, die sich über Stefanos Anwesenheit freut, aber der befindet sich mit Francesca schon auf einer Reise in Gefilde jenseits des klaren Verstandes.
Pupi Avati beweist mit seinem bekanntesten Film „Das Haus der lachenden Fenster“ sein meisterliches Gespür für bedrohliche Szenarien, das auch später „Zeder“ bevölkern sollte. Geschickt streut er Merkwürdigkeiten ein, die mal am Rande bizarrer Groteske, mal voller Undurchdringlichkeit eine rätselhafte Spannung aufbauen. Der geistig debil wirkende Kirchendiener balanciert mit aufgerissenen Augen sowie einem grenzwertigen Lachen auf dem schmalen Grad zwischen Lächerlichkeit und Grauen. Die Stimmung kippt aber nie in Richtung
alberner Komödie, weil Avati immer offen lässt, ob nicht im nächsten Moment die grausame Brutalität der Gewalt Einzug hält. Deswegen verkörpert der Kirchendiener auf perfekte Weise die beiden Aspekte in Avatis Spannungsaufbau aus Absurdität und undurchdringlicher Tiefe. Alles scheint wesentlich mehr zu offenbaren, als auf den ersten Blick sichtbar ist. Immer wieder sorgt Avati mit weiteren Details dafür, dass normale Dinge ein bisschen mehr preisgeben. So ist die Darstellung des Martyriums eines Heiligen in der Kirchenkunst beileibe nichts ungewöhnliches, aber die schlaglichtartig eingestreuten Hintergründe über den Maler dieses Freskos sorgen in Verbindung mit der dezent feindseligen Stimmung innerhalb des Dorfes für die notwendige Anspannung. Sie vermitteln dem Zuschauer des Films wie der Hauptfigur Stefano eine Ahnung von den Dämonen, die unter der Oberfläche lauern könnten. Sie wecken die Neugier auf das Verderben.
Die Neugier treibt den Restaurator einerseits an, seine Arbeit trotz der Schwierigkeiten weiterzumachen, andererseits führt sie ihn auf den Weg unter die Oberfläche. Dabei bleibt Avatis Stil aber auf der Ebene der gekonnten Andeutung. Die Wahrnehmung Stefanos sowie die Realität vermischen sich zu einem Strudel aus Wahn und Bedrohung. Der Blick scheint immer mehr das zu offenbaren, was Stefano Angst macht. Er sieht in seine eigene Seele, die in einer Welt aus Böartigkeit ums Überleben kämpft. Die fragile Natur des Blicks verdeutlicht Avati nachhaltig in einer Szenenfolge, in der Stefano vergrabene Leichenteile gezeigt werden, die wenig später nicht mehr auffindbar sind, obwohl es völlig unrealistisch ist, dass sie in der Zwischenzeit weggeschaft wurden. Deswegen strahlt alles eine gewissen Unsicherheit aus, was zu sehen ist. Das ändert aber nichts daran, dass das Böse immer näher an Stefano heranrückt. Denn die Dämonen des Schreckens benötigen keine simple, materielle Realität, sie können sich auch auf den Ebenen des Geistes ausbreiten. Das Martyrium des heiligen Sebastian, das den Ausgangspunkt für die Handlung liefert, zeigt zwar körperliche Qualen, aber Stefano erfährt, dass Martyrien auf unterschiedlichen Ebenen Realität werden können.
Er wird zunehmend mit der dunklen Seite menschlicher Existenz konfrontiert, die in dem Dorf zu Hause ist. Deswegen handelt „Das Haus der lachenden Fenster“ auch nicht nur vom Horror der Seele, er ist auch eine gesellschaftliche Allegorie. Die Amtsträger der kleinen Gemeinde sind Teil des grausamen Rätsels, das sich vor Stefano aufbaut und ihn langsam verschluckt. Das Zusammenleben der Menschen wird auch von Personen bestimmt, die in herausgehobenen Positionen agieren, ohne das Vertrauen zu rechtfertigen. „Das Haus der lachenden Fenster“ ist so stark von einem Misstrauen gegenüber den Menschen der Macht durchzogen, dass die gesellschaftliche Konstruktion aus institutionellen Würdenträgern einen allgemeinen Knacks bekommt. Sie können in schlechten Momenten als ein undurchdringliches Netz wirken, aus dem es kein Entkommen gibt.
Bildqualität
Das Bild der DVD kann sich trotz leichter Schwächen absolut sehen lassen. Rauschfilter haben zwar leichte Spuren hinterlassen, so dass manche Szenen weicher als notwendig wirken. Um Konturen haben sich teilweise dezente Auren gebildet, aber das spielt sich nicht in den Vordergrund. Stattdessen überzeugt die Klarheit des Bildes, die bei Nahaufnahmen auch Details gut zur Geltung bringt. Die dezenten Farben des Films wurden sehr gut auf die DVD übertragen, der Schwarzwert sowie der Kontrast machen eine hevorragende Figur. Hier wurde sehr gute Restaurierungsarbeit geleistet. Leichtes Rauschen stört nicht.
Tonqualität
Die DD 5.1-Tonspuren überzeugen mit klaren sowie weitgehend satten Dialogen. Nennenswertes Rauschen gibt nicht. Darüber hinaus wurde mit dezenten Mitteln eine räumliche Atmosphäre geschaffen, die sich auf Geräusche aus den hinteren Lautsprechern verlassen kann. Die Abmischung kommt ohne plumpe Effekthascherei aus und überzeugt mit gut dosierten Klangeffekten. Auch die Musik kommt druckvoll zur Geltung.
Extras
Der Audiokommentar von Markus Stigglegger und Kai Naumann besticht durch eine fundierte Analyse unterschiedlicher Motive des Films, die szenenspezifisch herausgearbeitet werden. Manchmal gleiten sie vielleicht etwas zu stark in einen Vorlesungsstil ab, aber das ist allemal besser als ein Kommentar mit belanglosen Blödeleien. Sehr gut.
Im 12-seitigen Booklet arbeitet Christian Kessler die autobiographische Verbindung des Regisseurs zum Landstrich des Films und den Ängsten heraus, die das Geschehen prägen.
Eine Bildergalerie, der Filmtrailer und eine Postkarte mit Filmmotiv sind ebenfalls vorhanden.
Fazit
„Das Haus der lachenden Fenster“ stürzt Hauptfigur Stefano in einen Strudel aus Wahn, Angstphantasien und einer Bedrohung durch das Böse, die sowohl als Reise in das Martyrium angesichts der eigenen Seelenqualen als auch als Gesellschaftsallegorie funktioniert. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters sehr gut.
Stefan Dabrock
14.07.2012
Originaltitel | La casa dalle finestre che ridono (Italien 1976) |
Länge | 106 Minuten (Pal) |
Studio | cmv laservision |
Regie | Pupi Avati |
Darsteller | Lino Capolicchio, Francesca Marciano, Gianni Cavina, Giulio Pizzirani, Bob Tonelli, Vanna Busoni, u.a. |
Format | 1:1,85 (16:9) |
Ton | DD 5.1 Deutsch, Italienisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Audiokommentar von Marcus Stiglegger und Kai Naumann, Bildergalerie, Trailer, 12-seitiges Booklet, Postkarte mit Filmmotiv |
Preis | ca. 25 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch sehr gut |