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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

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Wer jagt gewinnt!

Das 10. Opfer

Das 10. Opfer

"Die große Jagd" hätte den Zweiten Weltkrieg verhindert, heißt es sinngemäß an einer Stelle in Elio Petris Menschenjagd-Farce "Das 10. Opfer", wenn sie denn schon existiert hätte. Die Aussage stammt von einem, der die Werbetrommel für das Brot-und-Spiele-Projekt rührt, und er begründet sie mit der reichlich absurden Annahme, dass Hitler an ihr teilgenommen hätte, um seine Aggressionen los zu werden. Ein bissiger Seitenhieb auf alle, die an einfache Wirkungszusammenhänge glauben. Konsequent im Hintergrund platziert zeigt er die thematische Fülle des Films, der so offen anspielungsreich konzipiert wurde, dass er immer wieder neu auf die jeweilige Gegenwart bezogen werden kann. Ein zeitloser Klassiker.
"Die große Jagd" ist das zentrale Ereignis in "Das 10. Opfer". Ihre Teilnehmer haben sich freiwillig für das Spektakel angemeldet, bei dem es darum geht, zehn Jagden als Sieger zu überleben. Fünf werden als Opfer und fünf als Jäger bestritten. Während der Jäger alles über sein Ziel weiß, wird das Opfer nur informiert, das die Jagd begonnen hat. Seinen Gegner in dem gnadenlosen Spiel auf Leben und Tod kennt es nicht. Für jeden besiegten Gegner wird ein Preisgeld ausgezahlt. Nach 10 erfolgreichen Durchgängen winkt eine Art Ruhestandsprämie mit weiteren Vergünstigungen. Marcello Polletti (Marcello Mastroianni) hat gerade erfolgreich ein Opfer um die Ecke gebracht und muss nun selbst wieder in diese Rolle schlüpfen. Dabei trifft er auf Caroline Meredith (Ursula Andress), die ihn ins Jenseits bringen soll. Nach neun erfolgreichen Durchgängen hätte sie ihr Ziel erreicht, wenn sie Marcello besiegt. Dessen Beziehungsprobleme halten ihn jedoch nicht davon ab, überleben zu wollen. Deswegen entwickelt sich zwischen den beiden ein fintenreiches Duell, das zusätzlich angeheizt wird, weil Caroline ihre Jagd lukrativ an einen amerikanischen Teeimporteur verkauft hat. Vertragsgemäß muss sie Marcello vor den Ruinen des Venustempel in Rom im Rahmen einer werbewirksamen Show töten.

Die Lust an der lässigen Präsentation gesellschaftskritischer Töne im Gewand eines Menschenjagdspektakels entwertet die Kritik nicht, weil es ohne Zweifel etwas anderes ist, Vergnügen an einer fiktionalen Darbietung zu haben, als sie bei realen Ereignissen zu empfinden. Deswegen ist die bissige Tonlage des Films aufgrund der pointierten Zuspitzung hervorragend geeignet, um zahlreiche kulturkritische Anspielungen zu einem offen interpretierbaren Das 10. Opfer Gesamtbild zusammenzufügen. Das reicht von der Werbeindustrie, die mit den tödlichen Konsequenzen des Spektakels ebenso wie die Teilnehmer der "Großen Jagd" ein Geschäft macht, bis zu Sinnsuchethemen sowie der Abstumpfung der handelnden Figuren. Gefühle spielen über weite Strecken nur eine Rolle als Schatten vergangener menschlicher Lebensinhalte, an die man sich erinnert. Deswegen müssen sie irgendwie abgewickelt werden.
Dabei entgeht Petri der Sterilität, indem die beiden Hauptfiguren durch das Duell aus ihrer geplanten Routine herausgerissen werden. Sie tauchen zwar nicht in einen überbordenden Gefühlstaumel ein, dessen Kontrapunkt auch gar nicht zur lässigen Coolness der Oberflächenschönheit passen würde, aber ihre stromlinienförmige Art bricht etwas auf. Sie empfinden zumindest Gefallen an der Gegnerschaft, was die Anerkennung des Gegenübers als Individuum voraussetzt. Die gesichtslosen Etiketten "Jäger" und "Opfer" kommen nicht mehr zum Tragen, zumal auch die Rollenverteilung immer unklarer wird. Das setzt dem organisierten Zynismus der "Großen Jagd" ein kleines Pflänzchen menschlicher Regung entgegen, die das bissige Potential der restlichen Atmosphäre verstärkt. Denn ohne jede Alternative bliebe kaum etwas gegen das gezeigte System einzuwenden.

Auf brillante Weise reflektiert das stylische Dekor aus poppigen Farben, reduzierten Formen und teilweise surreal anmutenden Szenerien die Lust an der Oberfläche - hier sei nur eine weiße Dachterrasse mit Steinwürfeln erwähnt, auf denen zwei schwarz gekleidete Saxophonisten in praller Sonne einsam ihr musikalisches Handwerk ausüben. Der lässige Schick passt einerseits zum Lebensgefühl der 1960er Jahre und seine Oberflächlichkeit zum propagierten einfachen Lösungsmuster der "Großen Jagd", andererseits verweist die Dominanz der reinen Schönheit auch auf die Notwendigkeit, sie mit Leben zu füllen, um nicht in Sterilität zu sterben. Gleichzeitig hat Petri dadurch vermutlich unbewusst eine Zeitlosigkeit eingebaut, die dem Film auch heute noch zugute kommt. Die Konzentration auf das visuelle Dekor, das selbst damals in dieser massierten Form in der Realität nicht vorkam, erschuf eine Welt unklarer historischer Dimension. So entging "Das 10. Opfer" dem Staub, der sich auf so machen Film schon wieder abgesetzt hat.

Bildqualität

Das 10. Opfer

Die Bluray verfügt über ein klares Bild ohne Verschmutzungen oder sonstige analoge Defekte, bei dem auch die Schärfe überzeugt. Die futuristische anmutenden Szenerien mit ihren klaren Formen kommen dabei sehr gut zur Geltung. Besonders gelungen ist auch die Farbintensität, der eine wichtige Rolle zukommt, da der Film mit bunten Designelementen arbeitet. Der ausgewogene Kontrast leistet sich keine Schwäche und hebt die einzelnen Bildinhalte gut voneinander ab. Leichtes Ruckeln bei manchen Schwenks stört ebenso wenig wie das leichte analoge Rauschen.

Tonqualität

Die DD 2.0 Mono Tonspuren neigen gelegentlich zu einem leichten Schrebbeln bei der Musikwidergabe. Das ist aber so selten der Fall, dass es nicht weiter ins Gewicht fällt. Stattdessen überzeugen sie mit einem vergleichsweise vollen Ton, der sowohl Dialoge als auch Musik gut zur Geltung bringt.

Extras

Die gut 90-minütige Dokumentation "Marcello: A Sweet Life" versammelt Interviews mit Weggefährten und Verwandten Marcello Mastroiannis, die ein vielschichtiges Bild des italienischen Darstellers entwerfen. Dabei geht es weniger um ein biographisches Nachzeichnen der Karriere Mastroiannis, als vielmehr um eine Annäherung an den Schauspieler und Menschen. In historischen Aufnahmen kommt auch Mastroianni selbst zu Wort, der unter anderem über seinen Beruf reflektiert. Eine ausgezeichnete Dokumentation.
Die alternative deutsche Anfangssequenz, Trailer zum Film und ein 12-seitiges Booklet mit einem Text über das Motiv der Menschenjagd in "Das 10. Opfer" sowie über Regisseur Elio Petri runden das Bonusmaterial ab.
Einer limitierten Auflage der Bluray liegt noch der fluffig dahingleitende Soundtrack des Films bei, den Piero Piccioni komponiert hat. Zwischen Jazz und Easy Listening changierend vermittelt die Musik ein Wohlgefühl für Stimmung und Ohren.

Fazit

"Das 10. Opfer" siedelt sich auf wunderbar zeitlose Weise zwischen politischer Gesellschaftskritik, lässiger Satire und Liebeskomödie an. Dabei gehen Musik, visuelles Design und Inhalt eine perfekte Liaison ein. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

15.05.2012

   
Originaltitel La decima vittima (Italien 1965)
Länge 92 Minuten (24p)
Studio Bildstörung
Regie Elio Petri
Darsteller Marcello Mastroianni, Ursula Andress, Elsa Martinelli, Salvo Randone, Massimo Serato, Milo Quesada, Luce Bonifassay, George Wang, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch
Untertitel Deutsch
Extras Marcello: A Sweet Life, Deutscher Vorspann, Trailer, 12-seitiges Booklet
Preis ca. 20 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut