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rezensionen

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kurzrezension

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blu-ray

Mord mit Zufallsprinzip

Accident

Accident

Unter den Fittichen von Produzent Johnnie To hat „Dog Bite Dog“-Regisseur Pou-soi Cheang einen dezenten Großstadtthriller gedreht, der sich auf die Choreographie von scheinbaren Zufällen konzentriert.
Ho Kwok-fai (Louis Koo), genannt „Das Gehirn“, hat sich mit seiner Truppe darauf spezialisiert, Mordaufträge so zu erledigen, dass die Taten wie zufällige Unfälle aussehen. Dabei beschränken sich die cleveren Mörder aber natürlich nicht darauf, das Auto eines Opfers eine Böschung herunterzurollen, damit die Polizei denkt, der Fahrer sei von der Straße abgekommen, sondern sie arrangieren ein fein gesponnenes Netz aus kleinen Details, die in der Verkettung zur Katastrophe führen. Das geht so lange gut, bis Onkel (Shui-Fan Fung) seine ihm zugeteilte Aufgabe bei einer Aktion nicht wahrnimmt und Fatty (Suet Lam) anschließend von einem Bus überrollt wird. Natürlich kann „Das Gehirn“ nicht glauben, dass es sich dabei nur um einen Unfall gehandelt haben soll. Er macht sich an die Nachforschungen, um herauszufinden, wer ihn ins Jenseits befördern will.

Die Idee hinter „Accident“ ist ein grandioses Spiel mit der Frage, wie sich das Chaos des menschlichen Zusammenlebens so steuern lässt, dass man mit den zahlreichen Einflussgrößen der Realität Schach spielen kann. Zu Beginn inszeniert Pou-soi Cheang das Wirrwarr des Autoverkehrs in Hongkong, indem er konzentriert die einzelnen, zufällig wirkenden Elemente zu einer rasanten Montage arrangiert. Dadurch gelingt ihm eine temporeiche Reflexion über den Zufall, der keiner ist. Der Widerspruch zwischen dem Anschein einer schicksalhaften Verkettung der Elemente und der tatsächlich ausgeführten Steuerung des Geschehens durch die Mörder macht aus der Wirklichkeit einen grenzenlosen Markt der Möglichkeiten. Wahrnehmung und Realität driften einerseits auseinander, andererseits bleibt die Frage bestehen, ob die Kontrolle der Mörder über das Geschehen wirklich so total ist, wie es suggeriert wird. Denn auch die Montage des Films, auf der die Annahme der Kontrolle durch die Truppe der Mörder beruht, ist ein grandioses Manipulationsinstrument zur Steuerung der Wahrnehmung des Zuschauers. Immer wenn es um die Zufallsplanungen der Mörder geht, läuft der Film deswegen zu absoluter Hochform auf. Er ist temporeich, überrascht und besitzt eine faszinierende Eleganz in der Verkettung der scheinbaren Zufälle. Die Choreographien sind einfache brillant.

Das ändert sich, sobald „Das Gehirn“ davon überzeugt ist, dass ihm jemand ans Zeug flicken will. Dabei ist die Wendung absolut folgerichtig und fügt dem Film einen weiteren Aspekt hinzu. Wer sein Geld mit dem Arrangement von Zufällen verdient, der glaubt nicht mehr daran, dass Accident es Zufälle gibt. Die Weltsicht hat sich darauf verengt, dass alles von irgendjemandem kontrolliert wird. Die Folge ist Paranoia. Die Inszenierung der Paranoia gelingt Regisseur Pou-soi Cheang aber nicht mehr. Die leere, mit nur wenigen Möbeln des Vormieters besetzte Wohnung, in der sich „Das Gehirn“ aufhält, um einen Verdächtigen mit einer von ihm eingebauten Abhöranlage zu belauschen, ist noch ein treffendes Bild für den inneren Zusammenbruch der Hauptfigur. Aber sie bildet nur das Fundament, auf dem sich nun die Inszenierung der Angst gründen müsste. Louis Koo strahlt als „Das Gehirn“ jedoch keine Paranoia aus. Er macht zwar paranoide Dinge, legt dabei aber eine grenzenlose Unbeteiligung an den Tag, als wäre er gar nicht mehr auf der Welt anwesend. Auch Schnitt, sonstige Bildgestaltung oder die weiteren filmischen Mittel tun nichts dazu, um das innere Geschehen der Hauptfigur aufzuladen. Statt Intensität herrscht Extensität, die erst zum Finale aufgelöst wird, das sich wieder auf die Stärken des Films besinnt.
So bleibt ein ruhiger Großstadtthriller mit brillanten Ansätzen und einer schwachen Weiterführung der aufgebauten Ideen übrig. Eine Fingerübung.

Bildqualität

Accident

Das Bild der Bluray ist in Ordnung, weist aber keine besonderen Stärken auf. Die Schärfe kann aufgrund leicht weicher Konturen und einem nur ansprechenden Detailgrad nicht mit sonstigen aktuellen Blurays mithalten. Insgesamt kann man mit dem Ergebnis aber leben, zumal die Vorlage absolut sauber ist. Die Farben überzeugen ebenfalls mit einer akkuraten Wiedergabe der hellen Töne der Hongkonger Bebauung sowie kräftigen Tönen bei ausgewählten Elementen. Der Kontrast leistet sich keine nennenswerte Schwäche.

Tonqualität

Lighthouse reiht sich mit der vorliegenden Bluray in die Riege der Labels ein, die das Medium in seinen technischen Möglichkeiten nicht nutzen wollen, um etwas Geld zu sparen. Der kantonesische Originalton ist zwar enthalten, Untertitel fehlen aber. Damit ist der Originalton hierzulande weitgehend wertlos. Wenigstens existiert eine Synchronisation mit deutschen Sprechern, die ihr Handwerk halbwegs beherrschen. Die Dialoge sind klar und verständlich und die DTS-HD-Master-5.1-Tonspur verfügt auch über räumliche Qualitäten, da immer wieder kleinere Geräusche bei den Arrangements der Zufälle auch die hinteren Lautsprecher bevölkern. Das sorgt für eine gute Kulisse, da die Choreographie der Morde auf diese Weise auch akustisch erfassbar wird. Gelegentlich hätte der Ton etwas mehr Druck gebrauchen können.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einer Diashow.

Fazit

„Accident“ beginnt brillant, lässt dann stark nach und steigert sich zu einem bitteren Finale über Schicksal und Tragödie. Regisseur Pou-soi Cheang hat eine Fingerübung hingelegt, die nur in Teilen, in diesen aber absolut sehenswert ist. Technisch ist die Bluray aufgrund fehlender Untertitel ungenügend.

Stefan Dabrock

07.11.2011

   
Originaltitel Yi ngoi (Hongkong 2009)
Länge 83 Minuten (1080i)
Studio Lighthouse
Regie Pou-soi Cheang
Darsteller Louis Koo, Richie Ren, Shui-Fan Fung, Michelle Ye, Suet Lam, Alexander Chan, Cheung Wing Lai, Peter Lau, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, DTS 2.0 Kantonesisch
Untertitel -
Extras Diashow
Preis ca. 10 EUR
Bewertung teilweise brillant, teilweise schwach; technisch aufgrund fehlender Untertitel ungenügend