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RP Kahls „Bedways“ ist im jüngeren deutschen Kino ohne Vergleich. Die reduzierte, auf Sex und Begehren ausgerichtete Dramaturgie strahlt einen radikalen Gestaltungswillen aus, für den es im Film nur selten Platz gibt.
Der zentrale Ort der Handlung ist eine schlichte, nicht renovierte und nahezu leere Wohnung im Herzen Berlins. Die junge Regisseurin Nina plant ein intimes Filmprojekt, bei dem Hans und Marie die Hauptrollen übernehmen sollen. Wie der Film aussehen wird, weiß Nina aber noch nicht so genau. Ihr geht es um Authentizität jenseits schicker Bilder ohne Belang, zu der in jedem Fall echter Sex gehört. Genauer kann Nina ihr Werk noch nicht beschreiben. Sie trifft sich mit den beiden Schauspielern in der Wohnung zu Probeaufnahmen. Mit Hilfe kreativer Improvisationen sowie einzelner Schlüsselelemente will sie ohne Drehbuch ihre Vage Vision zu einem konkreten Film verdichten.
Ninas Vorhaben setzt RP Kahl im Verlauf seiner Inszenierung um. „Bedways“ selbst folgt der Bewegung vom Unklaren zum Konkreten, seine Dramaturgie spiegelt Ninas Ansatz wieder. Kahls Film und Ninas Projekt vermischen sich zu einem einzigen Werk. Darin liegt das Interessante in „Bedways“. Zu Beginn agieren Matthias Faust als Hans und Miriam Mayet als Marie wie merkwürdige Sprachrobotor, die versuchen, Emotionalität anhand einprogrammierter Betonungsregeln zu kreieren. Ihr Miteinander wirkt distanziert, die ganze Szenerie scheint das Werk eines unbekannten Schöpfers zu sein, dem es gerade nicht gelingt, die Seele zu erfassen. Die Form bleibt das dominierende Element. Daraus ergibt sich ein Bilderreigen der Kälte. Marie, Hans und Nina kreisen belauernd umeinander, ohne auch nur ansatzweise zueinander zu finden. Begehren mag vorhanden sein, die Nähe fehlt. So wichtig dieser formal durchkonstruierte, mit einzelnen Zwischenüberschriften versehene Ansatz im Hinblick auf das Ende auch ist, als so schwierig erweist er sich auch. Denn daraus folgt das Gegenteil von
Eleganz. Der Film fließt nicht, er schreitet polternd voran. Im Sinne einer selbstreflexiven Art stellt „Bedways“ seine Konstruiertheit aus. Jegliche Form einer Gefühlsäußerung oder einer Dramaturgie wird gleich wieder durch die absichtlich gespielte Präsentation jenseits jeder Natürlichkeit in Frage gestellt. Konstruktion und Dekonstruktion folgen dabei schon nicht mehr auf dem Fuße, sondern sie verschmelzen zu ein und demselben Augenblick. Das ist intellektuell spannend, aber emotional ohne Belang. Umso faszinierender ist es, dass es Kahl tatsächlich gelingt, die dergestalt aufgebaute Mauer doch noch zu durchbrechen. Wenn sich Nina in einem Darkroom selbst befriedigt und die Kamera den Blick des Zuschauers auf der anderen Seite einnimmt, dann entsteht eine eindringliche Intimität, die genau der Authentizität entspricht, die Nina in ihrem Filmprojekt gesucht, aber nicht gefunden hat. Die scheinbare Kälte des keineswegs heimeligen Ortes wird durch die radikale Kompromisslosigkeit aufgehoben, weil Nina mit dem Zuschauer eine Verbindung aus Präsentation und Begehren eingeht. Nicht die Konstruktion steht im Vordergrund, sondern die Übereinstimmung beider Interessen.
Bildqualität
Das Bild der Bluray präsentiert die Qualität des Ausgangsmaterials ohne Verluste. Die Schärfe überzeugt mit klaren Konturen und einem recht guten Detailreichtum. Die Mischung aus leicht blassen Farben und intensiver eingefärbten Szenen wird sehr gut wiedergegeben, der ausgewogene Kontrast sorgt für ein differenziertes Bild. Störendes Rauschen gibt es nicht.
Tonqualität
Der DTS-HD-Master-5.1-Ton hat aufgrund der Machart des Films kaum Möglichkeiten, einen Raumklang zu etablieren. Die Musik nutzt auch die hinteren Lautsprecher, der Rest spielt sich vorne ab. Letztlich kann man das aber nicht als Schwäche interpretieren, da das einfach der Konstruktion des Films entspricht.
Extras
Das Bonusmaterial besteht aus einem rund 18minütigen Gespräch zwischen RP Kahl und Darstellerin Miriam Mayet, die in einem lockeren Gedankenaustausch über die Dreharbeiten, die Themen des Films sowie die Reaktionen darauf reflektieren, einem Musikvideo des im Film verwendeten Stücks „Flesh is the Law“ der Band Mypark und dem Trailer.
Fazit
„Bedways“ geht jenseits der gängigen Kinoware eigene Wege. Dabei überzeugt vor allem die Wendung von der reinen Künstlichkeit zur absoluten Intimität hin. Dafür muss man aber auch akzeptieren, dass der überwiegende Teil des Films, seine intellektuelle Kostruiertheit wie eine Monstranz vor sich herträgt. Technisch ist die Bluray gut.
Stefan Dabrock
23.03.2010
Originaltitel | Bedways (BRD 2010) |
Länge | 76 Minuten (24p) |
Studio | Koch Media |
Regie | RP Kahl |
Darsteller | Miriam Mayet, Matthias Faust, Lana Cooper, Laura Tonke, Arno Frisch, u.a. |
Format | 1:1,33 (4:3) |
Ton | DTS-HD-Master 5.1 Deutsch |
Untertitel | Deutsch, Englisch |
Extras | Interview, Musikvideo „Flesh is the Law“, Trailer |
Preis | ca. 17 EUR |
Bewertung | zwiespältig, technisch gut |