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rezensionen

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kurzrezension

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Verlust und Aggression

Franklyn

Franklyn

Ganze Welten mit detailliert ausgearbeiteten Gesellschaftsprinzipien können im Kopf einer geschundenen Seele Platz finden. Verlust, Schmerz, Aggression und ihre Bewältigung spielen die zentrale Rolle in Gerald McMorrows Langfilmdebüt, dessen Hauptfigur gleich zu Beginn verkündet, er werde diese Nacht einen Menschen töten. Derjenige der das sagt heißt Jonathan Preest und der Ort, an dem er sich aufhält, trägt den sprechenden Namen Meanwhile City, was im übertragenen Sinne ungefähr mit Parallelstadt übersetzt werden könnte. Dahinter verbirgt sich eine phantastisch anmutende, düstere Stadtkulisse, deren Gesellschaft durch absurde Religionen bestimmt wird. Alles, selbst die Anleitung einer Waschmaschine kann als Basis für eine Religionsgemeinschaft dienen. Die Bürger in Meanwhile City wechseln ständig ihre jeweilige Zugehörigkeit. Preest ist ungläubig. Deswegen, so glaubt er, wollen ihn die Autoritäten einsperren. Während Preest in Meanwhile City, dem Ort seiner Psyche, versucht, seine Freiheit zu bewahren und eine alte Rechnung wegen eines verschwundenen Mädchens begleichen will, sind in London, dem realen Ort der Handlung, drei Menschen unterwegs, die ihren persönlichen Schmerz auf ihre Weise zu verarbeiten suchen. Milo wurde kurz vor der Hochzeit von seiner Braut verlassen. Der Schmerz sorgt dafür, dass er ständig glaubt, eine alte Bekannte auf der Straße zu sehen. Emilia setzt die Kraft ihrer verletzten Seele in ein selbstzerstörerisches Kunstprojekt für ihr Studium um, und Preests Vater ist auf der Suche nach seinem Sohn. Ihr jeweiliger Lebensweg wird sich auf dramatische Weise kreuzen.

Was formal wie ein phantastischer Thriller daher kommt, entpuppt sich als psychologisches Drama über die Verarbeitung tiefgreifender, seelischer Schmerzerfahrungen. Meanwhile City, der düstere Ort, an dem sich Jonathan Preest wähnt, wird zu grandiosen Kulisse seines persönlichen Traumas. Die erlittenen seelischen Verletzungen haben aus Franklyn ihm einen psychologischen Einzelgänger gemacht, der sich als einzig aufrechten Rebellen in einer durch dümmliche Religionsabhängigkeiten geprägten Gesellschaft sieht. Die verschlungenen Straßen, die seltsamen Gestalten sowie das dunkle Bedrohungsszenario in Meanwhile City reflektieren Preests Zustand mit visuell elaborierter Intensität. Hier hat McMorrow eine wunderbare Parallelwelt geschaffen, deren Ereignisse auf Handlungen im realen London basieren. Er verknüpft beides aber auf gleichberechtigte Weise, indem er die visuell eingefangenen Elemente in Meanwhile City nicht etwa durch andere, aus dem realen London stammende Bilder derselben Ereignisse entwertet, sondern dort lediglich über Erzählungen beteiligter Figuren miteinander verbindet.

Meanwhile City ist deswegen nicht nur das Anhängsel einer anderen Geschichte, sondern die darin zum Ausdruck kommende Interpretation der Welt durch eine geschundene Seele entfaltet ihre eigene Kraft und Existenzberechtigung, ohne dass sie durch eine simple Überlegenheitsperspektive der realen Welt abgewertet wird. Dadurch bekommt das Drama, in dem die übrigen Figuren gewichtige Nebenrollen spielen, seinen Reiz verliehen. Denn das Potential beider Welten wird durch die gleiche Rangordnung jeweils voll ausgeschöpft. Und so hat „Franklyn“ nur einen, nicht ganz unwichtigen Nachteil. Da Gerald McMorrow großen Wert auf die Rätselhaftigkeit des Geschehens legt, um dem Genreaspekt des Szenarios gerecht zu werden, bleibt die tiefe Ausarbeitung der einzelnen Seelenzustände, welche die Basis des Dramas bilden, ein wenig auf der Strecke. Denn während das Geschehen über die kunstvolle Montage beider Handlungswelten die Faszination des Rätsels hochhält, müssten aufgrund der begrenzten Filmlaufzeit die inneren Zustände der Figuren stärker in eine symbolische Bildsprache eingebettet werden, die vor allem auch die Ursachen der Schmerzzustände reflektiert. Hier existiert aber nur Meanwhile City, das zwar die aktuelle Verfassung Preests in eindrucksvolle Paranoiaphantasien gießt, die Ursachen für seinen Zustand aber auch außen vor lässt. So fehlt „Franklyn“ der letzte Schliff, weiß aber durch sein faszinierendes Setting zu gefallen.

Bildqualität

Franklyn

Das blitzsaubere Bild der Bluray überzeugt mit einer guten Schärfe. Das Meanwhile-City-Szenario glänzt mit klaren Konturen und einer sehr guten Detailwiedergabe. Das gilt auch für viele Szenen der London-Handlung, in der die Schärfe aber auch gelegentlich nachlässt, so dass sie nur angenehm erscheint. Der Kontrast ist hervorragend austariert, so dass ein plastisches Bild ohne Überstrahlungen oder fehlenden Details in dunklen Szenen zu vorhanden ist. Die Farben überzeugen durch eine getreue Wiedergabe des visuellen Konzepts. Rauschmuster treten nicht nennenswert in Erscheinung.

Tonqualität

Die beiden DTD-5.1-HD-Master-Tonspuren bieten klare und verständliche Dialoge, die in angemessener Lautstärke mit der übrigen Klangkulisse abgemischt wurden. Räumliche Effekte kommen durch den Musikeinsatz sowie immer wieder aus den hinteren Lautsprechern ertönende Nebengeräusche zu Stande, wobei der Abmischung hier gelegentlich etwas zu zurückhaltend ist.

Extras

Das rund vierminütigem Making Of sowie der gut 12minütige Beitrag „Beim Dreh“ (jeweils deutsch untertitelt) haben eine schwache Qualität, weil im Making Of nur Werbebotschaften verkündet werden und „Beim Dreh“ aus unkommentiertem B-Roll-Material besteht, das ohne gestalterischen Schnitt nicht überzeugt. Die ebenfalls deutsch untertitelten Interviews sind unterschiedlich interessant. Jeremy Thomas (Produzent), Laurence Dorman (Set Designer), Ryan Phillippe, Sam Riley und Bernard Hill (alle Darsteller) haben in ihren gut ein- bis dreiminütigen Interviews kaum etwas zu sagen, was über eine Inhaltsangabe des Films sowie Lob hinaus geht. Eva Green (Darstellerin) flechtet in ihren knapp vier Minuten ein paar Gedanken über ihre Figur ein, die mehr als eine simple Beschreibung sind. Leonie Hartard (Kostümdesignerin) und Ben Davis (Kameramann) äußern sind in ihren gut drei- beziehungsweise zweiminütigen Interviews über das visuelle Konzept des Films, so dass das gestalterische Anliegen bei der Produktion des Films verdeutlicht wird.

Gerald McMorrow (Regisseur) darf nicht nur die längste Zeit reden (etwa elf Minuten), er liefert neben der üblichen Inhaltsangabe auch ein paar interessante Informationen zum visuellen Konzept, der dramaturgischen Konstruktion und der produktionstechnischen Seite. Die drei Deleted Scenes (deutsch untertitelt) mögen zwar für den flüssigen Ablauf des fertigen Films etwas hinderlich gewesen sein, sie liefern aber spannende Fussnoten zum Geschehen, wenn ein Sanitäter die gerettete Kunststudentin in Kenntnis setzt, dass er genau weiß, dass sie gerettet werden wolle, oder aber eine Gruppe Bartträger in Meanwhile City bei einer offiziellen Stelle darum bittet, die Bärte abrasieren zu dürfen, das aber nicht ohne Genehmigung geht, weil die Bärte zentraler Bestandteil ihrer selbst eingereichten Religion sind. Ein Trailer zum Film ist ebenfalls enthalten.

Fazit

„Franklyn“ erzählt im Gewand eines phantastischen Thrillers das Drama um die Geschundenen Seelen seiner Haupt- und Nebenfiguren. Dabei gelingt ihm eine geschickte Verknüpfung aus oberflächlicher Realität und phantastischer Paranoiawelt. Die Möglichkeit, mit Hilfe visueller Mittel über die inneren Zustände der Figuren zu reflektieren, wird aber nur teilweise genutzt, so dass der Film oftmals einen bruchstückhaften Charakter erhält. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

16.10.2009

   
Originaltitel Franklyn (GB / Frankreich 2008)
Länge 94 Minuten (24p)
Studio Ascot Elite
Regie Gerald McMorrow
Darsteller Eva Green, Ryan Phillippe, Sam Riley, Stephen Walters, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Trailer
Preis ca. 19 EUR
Bewertung recht gut, technisch gut