30.03. | Paul Temple und der Fall Marquis |
03.03. | Die weiße Mafia |
16.02. | Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen |
11.02. | Im Dutzend zur Hölle |
28.01. | Die Engel von St. Pauli |
21.01. | Die Todeskralle des grausamen Wolfes |
06.01. | Die Mörderklinik |
12.12. | Paul Temple: Jagd auf Z |
27.11. | Die drei Supermänner räumen auf |
30.10. | Die Heuchler |
10.10. | X 312 … Flug zur Hölle... |
03.10. | Das Todeslied des Shaolin |
15.09. | Der Koloss von Konga |
26.08. | Das Omen des Bösen |
11.08. | Menschen im Hotel |
06.08. | Mädchen: Mit Gewalt |
kurzrezension
09.11. | Return of the Warrior |
30.05. | Iron Sky - Director's Cut (blu-ray) |
21.05. | Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“ |
22.04. | True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray) |
Dem spanischen Künstler Ivan Zulueta ist es mit zwei Spielfilmen und einigen Kurzfilmen gelungen, sich einen Namen zu machen. Nach der Arbeit an seinem zweiten und letzten Langfilm „Arrebato“ hat Zulueta nur noch fürs Fernsehen gearbeitet, ohne selbst zu inszenieren.
Ein Regisseur billiger Horrorfilme fährt nach einem kurzen Disput im Schneideraum zu seiner Wohnung, wo er zwei unerwartete Dinge vorfindet. Seine Freundin ist wieder aufgetaucht, obwohl sie eigentlich nicht mehr wiederkommen wollte, ein Nachbar übergibt ihm ein Päckchen, das ein loser Bekannter geschickt hat. Der Absender Pedro ist ein Besessener. Mit einer Super-8-Kamera filmt er manisch die unterschiedlichsten Landschaften, Gegenstände oder Personen. Als der Regisseur vor einem Jahr an seinem ersten Film gearbeitet hat, lernte er Pedro kennen. Seitdem hat er ihn nicht mehr gesehen. Das Päckchen enthält eine Filmrolle, ein Tonband und einen Schlüssel zu Pedros aktueller Wohnung. Auf der Cassette berichtet Pedro von seiner obsessiven Filmarbeit, die schließlich in zwanghaften Aufnahmen seiner eigenen Person münden. Während der Regisseur den Film ansieht und dem Tonband lauscht, muss er sich mit seiner Freundin auseinandersetzen, die im Drogenrausch versucht, wieder Nähe zu dem Regisseur aufzubauen.
Es ist ohne Zweifel richtig, dass „Arrebato“ ein spannendes, intellektuelles Konzept über die verzehrende Kraft künstlerischen Schaffens im Kinobereich zugrunde liegt. „It's better to burn out than to fade away“ („Es ist besser, auszubrennen, als langsam zu verblassen“) hat Neil Young das in seinem epochalen Album „Rust never sleeps“ im Jahr 1979 für die Rockmusik formuliert. Zulueta geht aber noch einen Schritt weiter, wenn er nicht nur die manische Obsession des Filmemachens ins Zentrum rückt, sondern die Figur des Pedro sowie des
Regisseurs letztlich mit den Aufnahmen der Kamera verschmilzt, so dass beide nur noch im Filmmaterial existieren. Ihre Verzehrung wird zur totalen Symbiose mit dem Gegenstand ihrer Obsession, dem Film. Die Kamera bekommt schließlich sogar ein Eigenleben und übernimmt den Part eines Vampirs, der zunächst Pedro aussaugt, um dessen Persönlichkeit im Zelluloid zu bannen. Die zweite, ebenso drastische Kraft, mit der sich die Figuren in „Arrebato“ auseinandersetzen müssen, ist die Macht der Drogen, die in den Rückblenden des Kennenlernens von Pedro und dem Regisseur sowie der aktuellen Situation in der Wohnung des Regisseurs stets gegenwärtig ist. Beide Themen taugen dazu, einen Film zu erschaffen, der „rohes, verstörendes, schmerzvolles und großes Kino“ (El Pais) sein könnte, aber Zulueta scheint sich bereits vor „Arrebato“ selbst verzehrt zu haben. Die schlichte Bildsprache, in der blasse Farben sowie eine dokumentarisch anmutende Nüchternheit dominiert, wirkt nur noch wie die Asche eines kreativen Prozesses. Mit intellektuellem Scharfsinn lassen sich ohne Schwierigkeiten seitenlange Analysen über verschiedene Aspekte wie die narrative Struktur des Films verfassen, die in keiner Weise einem Realismus huldigt, wenn man bedenkt, dass das durchlaufende Tonband mit der Erzählung Pedros immer zu den aktuellen Ereignissen und der projizierten Filmrolle passt, obwohl Pedro unmöglich wissen konnte, wann der Regisseur damit beginnen würde, die Filmrolle abzuspielen, und was sich währenddessen in der Wohnung ereignen würde. Das intellektuelle Erfassen der Motive sowie der Obsessionen, welches in den wunderbaren Booklettexten deutlich wird, kann aber nicht das ersetzen, was dem Film fehlt. Seine Bilder besitzen keine expressive Kraft, welche die Obsession aus der reinen Präsentation hervorholen könnte. Die Obsession wird nicht Teil der Bilder in „Arrebato“, sie wird nur auf der Tonspur und mit den nüchtern vorgenommenen Handlungen erzählt, aber nicht visuell übersetzt. Da nützen auch die groben, avantgardistischen Super-8-Aufnahmen nichts, die Pedro angefertigt hat und die immer wieder zu sehen sind. „Arrebato“ ist das tragische Produkt eines Ausgebrannten, der keinen anderen Ausweg mehr gesehen hat, als diesen Film zu drehen. Die Obsession aber ist nur Konzept und keine Emotion. Der Film ist ein auf bittere Weise gescheitertes Werk.
Bildqualität
Das Bild der DVD ist wie bei den Editionen des Labels Bildstörung gewohnt sehr gut. Die Schärfe überzeugt mit klaren Konturen. Aus stilistischen Gründen kommt der Detailreichtum nicht an aktuelle Produktionen heran. Das entspricht aber dem rohen Konzept der ungeschliffenen Bilder, so dass die anvisierte Atmosphäre des Films sehr gut wiedergegeben wird. Die Farbwiedergabe überzeugt ebenso. Die Körnigkeit des Materials gehört zur Charakteristik des visuellen Konzeptes. Digitale Störungen existieren nicht.
Tonqualität
Die 2.0-Mono-Tonspur leistet sich keine nennenswerten Schwächen. Die Dialoge werden klar wiedergegeben, das leichte Hintergrundrauschen stört nicht. Die Musik kann ihre Wirkung im Rahmen der Möglichkeiten entfalten.
Extras
Die etwa 55minütige Dokumentation „Arrebatos“ vereint Darsteller und sonstige Stabmitglieder, die am Dreh des Films „Arrebato“ mitgewirkt haben. Die Interviewzusammenstellung entwirft ein detailliertes Bild der Dreharbeiten, der unterschiedlichen künstlerischen Sichtweisen sowie der Entstehung des Projektes. Dabei kommen sowohl Konflikte und unterschiedliche Sichtweisen als auch der minimalistische Aufwand zum Ausdruck, mit dem der Film realisiert wurde. Die in den Interviews angesprochenen speziellen Bedingungen aus familiärer Atmosphäre an einem abgeschiedenen Drehort, fehlendem handwerklichen Können, das erst durch die Arbeit selbst erlangt wurde, und obsessiver Leidenschaft entwerfen „Arrebato“ als singuläres Werk der spanischen Filmgeschichte. Eine faszinierende Dokumentation jenseits der Banalität.
Im etwa 52minütige Beitrag „Ivan Z“ erzählt Ivan Zulueta selbst über sein Leben, seine Leidenschaft für das Kino, die Arbeit an „Arrebato“ und seine Drogensucht. Der Film fängt das Seelenleben Zuluetas ein, ohne unangenehme Themen auszusparen. Die komplexe, fast störrisch nachdenkliche Persönlichkeit Zuluetas offenbart sich in seinen langen Reflexionen über das Elternhaus, Sammelalben und sein künstlerisches Schaffen.
Der etwa 10minütge Kurzfilme Zuluetas „Leo es pardo“ rundet das umfangreiche sehr gute Bonusmaterial ab.
Das 24seitige Booklet vereint gute Essays, die sich mit Zulueta selbst beschäftigen oder „Arrebato“ filmsprachlich analysieren.
Fazit
„Arrebato“ ist das gescheiterte Werk eines Filmemachers, dessen eigene Obsession die persönliche visuelle Kreativität abgetötet hat. Deswegen präsentiert „Arrebato“ nur, ohne die intellektuellen Konzepte auch visuell zu übersetzen. Ein tragisches Werk. Technisch ist die DVD sehr gut.
Stefan Dabrock
09.02.2011
Originaltitel | Arrebato (Spanien 1980) |
Länge | 110 Minuten (Pal) |
Studio | Bildstörung |
Regie | Ivan Zulueta |
Darsteller | Eusebio Poncela, Cecilia Roth, Will More, Marta Fernández Muro, Helena Fernán-Gómez, Olvido Gara, u.a. |
Format | 1:1,85 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Spanisch |
Untertitel | Deutsch, Englisch |
Extras | Making Of, Dokumentation „Ivan Z“, 24seitiges Booklet |
Preis | ca. 19 EUR |
Bewertung | gescheitert, technisch sehr gut |