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rezensionen

30.03. Paul Temple und der Fall Marquis
03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

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Land außer Kontrolle

Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen

Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen

Werner Herzogs Version des Bad Lieutenant Stoffes aus Abel Ferraras gleichnamigem 1992 gedrehten Film hat glücklicherweise wenig mit Ferraras Werk zu tun, denn eine Nachinterpretation dieses intensiven Schuld-und-Sühne-Dramas katholischer Prägung könnte dem radikal-düster in Szene gesetztem Leidensdrama kaum etwas hinzufügen. Herzog geht einen völlig eigenen Weg.
Das Drehbuch aus der Feder William M. Finkelsteins nimmt mit der Spielsucht, den Drogen und der sexuellen Abseitigkeit zwar Themen aus Ferraras Werk auf, bindet sie aber in eine andere Rahmenerzählung mit eigener Ermittlungsdynamik ein. Ein Mordfall, bei dem eine Familie illegaler Einwanderer mit Verbindung zum Drogenmilieu erschossen wurde, landet in der Verantwortung des Cops Terence McDonagh. Seit einer etwas zu lässig durchgeführten Rettungstat während des durch Hurrikan Katrina verursachten Hochwassers leidet McDonagh an akuten Rückenschmerzen, die er einerseits mit den Medikamenten bekämpft, die ihm ärztlich verschrieben werden, und andererseits durch Kokainsucht betäubt. Riskante Sportwetten sowie die Beziehung zur Edelprostituierten Frankie bestimmen sein Leben. Er beschützt sie, wenn es Ärger gibt, ihren Kunden nimmt er gelegentlich die mitgebrachten Drogen ab. Auch der Kokainvorrat in der polizeilichen Asservatenkammer ist vor ihm nicht sicher. Seine kaputte Existenz hindert ihn aber nicht daran, die Aufklärung der Morde mit rabiater Energie voranzutreiben. Seine Methoden wechseln zwischen riskanten Manövern und gewalttätigen Ausbrüchen, während sich seine persönlichen Probleme um Wettschulden, brutale Gangster, mit denen er aneinandergeraten ist, um Frankie zu schützen, und interne Ermittlungen zu einem dunklen Berg auftürmen.

Dieser Terence McDonagh ist ein Phänomen. Mit unglaublicher Leichtigkeit wandelt er selbst im Angesicht der größten Scheiße, die ihn massiv zu verdrecken droht, durch ein marodes New Orleans. Die eingeworfenen Drogen sowie der unerschütterliche Glaube, irgendwie schon aus den diversen Nummern herauszukommen, die letztlich sein Leben bedrohen, lassen ihn mit einem grotesken Selbstbewusstsein agieren, das humorvoll übersteigert wirkt. Herzog setzt bei seinem Film angesichts eines Landes außer Kontrolle auf die Kraft der Satire. Die zunächst relativ klare Situation steigert sich zunehmend in ein Geflecht merkwürdiger Verwicklungen hinein, das den Mordfall und die damit an sich in keinem Zusammenhang stehenden Probleme McDonaghs zusammen bindet. Die Art und Weise, mit der plötzlich die einzelnen Zahnräder der Handlungsteile ineinander greifen, entwirft eine Welt des Irrsinns. Hier spielen die gesellschaftlichen Regeln nur noch eine Nebenrolle als weit über ihre ursprünglichen Grenzen hinaus gedehnter Rahmen. Das gilt für den Polizisten McDonagh ebenso wie für einen Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen gewalttätigen Freier Frankies, der nach einer Maßregelung durch McDonagh seine politischen Beziehungen einsetzt, um Druck auszuüben. Die Drogengangster spielen ohnehin ihr eigenes Machtspiel, aber auch die Polizei ist neben der Hauptfigur mit fragwürdigen Personen durchsetzt. Ein Asservatenkammermitarbeiter will McDonagh erst dann nicht mehr mit Drogen versorgen, als es eng wird. Der persönliche Vorteil bestimmt die Handlungen in einer maroden Welt, in der die Figuren mit klaren Prinzipien merkwürdig verzerrt wirken. Ein Polizist, der sich weigert, ein Verkehrsdelikt als Freundschaftsdienst zu tilgen, agiert als Karikatur rechtschaffener Arbeitsmoral, dem Staatsanwalt fehlt die Entschlossenheit gegenüber dem Verbrechen. Sie passen einfach nicht mehr in eine Gesellschaftsform hinein, die ihre Werte auf dem Altar persönlicher Interessen geopfert hat.

Herzogs Film erweist sich deswegen als böser Kommentar auf ein Amerika, dessen politische und wirtschaftliche Klasse moralische Aspekte an den Rand gedrückt hat. In einer Szene träumt einer der Drogengangster nicht zufällig davon, eine heruntergekommene Gegend mit Luxuswohnungen zu entwickeln. Auf den Trümmern der Verlierer soll etwas Neues zum persönlichen Vorteil entstehen. Die groteske Dreistigkeit, mit der Machtmissbrauch eingesetzt wird, wenn McDonagh beispielsweise seine Polizeimarke nutzt, um sexuelle Gefälligkeiten oder Drogen zu erpressen, verleiht dem Geschehen den Anstrich des Unfassbaren. In Verbindung mit einem lockeren Erzählstil wird daraus ein Element der Übersteigerung, das die moralische Wertung dem Zuschauer überlässt. Zu irrsinnig sind die Ereignisse, als dass sie eine geerdete Anklage formulieren könnten. Und bei aller Fragwürdigkeit ist es gerade die Hauptfigur, die gewisse Werte wie Mitgefühl in persönlichen Beziehungen, familiären Halt und Verzicht auf Selbstjustiz an den Tag legt. Diese Widersprüchlichkeit verweigert sich allzu einfachen Schuldzuweisungen. Die Dynamik des Verfalls, in der die Menschen agieren, ist für Herzog ein groteskes Schauspiel. Darin ist Nicolas Cage als McDonagh hervorragend aufgehoben. Mit verdrehtem Rücken, fiebriger Hektik und absurden Grimassen lebt er die drogengeschwängerte, aus den Fugen geratene Existenz. Und obwohl darin alles in einer gewaltigen Explosion auseinanderzubrechen droht, passiert genau das nicht. So aberwitzig, fast unglaubwürdig das ist, so drückt es auch Herzogs Gelassenheit aus. Zwei Szenen sind aus der Perspektive eines Alligators beziehungsweise einer Gruppe Leguane gedreht. Die alten, erdgeschichtlich erfahrenen Tiere blicken mit einer stoischen Ruhe auf das Geschehen, als wollten sie sagen, dass all das Ringen um die eigene Existenz, den persönlichen Vorteil, die Machtspiele und die Zerstörung anderer Menschen keinen Einfluss auf den großen Lauf der Ereignisse hat. Ganz lächerlich klein wirken die Menschen mit ihrem erbärmlichen Treiben in solchen Momenten.

Bildqualität

Das saubere Bild der Bluray überzeugt mit einer guten Schärfe, die sich aus einer recht klaren Konturenzeichnung sowie einem ansprechenden Detailreichtum speist. Dabei erreicht die Bluray keine Spitzenwerte, aber sie schafft es, die Atmosphäre des Verfalls gut einzufangen. Die Farbwiedergabe leistet sich keine Schwächen. Die etwas entsättigten Szenerien New Orleans' wurden hervorragend auf die Bluray übertragen, auch der Schwarzwert überzeugt. Der Kontrast sorgt für ein differenziertes Bild, das die einzelnen Elemente gut voneinander abhebt. Störendes Rauschen gibt es nicht.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren leisten im Rahmen der Möglichkeiten gute Arbeit. Da der Film weniger auf Action setzt, spielt sich das akustische Geschehen zumeist auf den vorderen Lautsprechern ab. Die Musik nutzt immer wieder alle Lautsprecher aus, um ein räumliches Gefühl zu vermitteln, reizt die Möglichkeiten aber auch nicht voll aus. Die Dialoge sind klar und verständlich.

Extras

Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen

Das etwa 30minütige Making Of besteht aus B-Roll-Aufnahmen und lebt von Werner Herzog, der sich darin immer wieder zu Wort meldet, um seine persönlichen Ansichten über die Geschichte, kurze Einwürfe zu einzelnen Szenen oder seinen Drehstil zum Besten zu geben. Aus der Kombination seiner Aussagen mit den Bildern entsteht ein guter Beitrag.
Die Interviews mit Teilen des Filmstabes, die zusammen etwa 52 Minuten lang sind, tragen den Stempel der Promotionarbeit. Die Gespräche mit Werner Herzog (Regie), sowie Nicolas Cage und Eva Mendes (beides Darsteller) sind am längsten und nehmen zusammen schon etwa 30 Minuten ein. Hier wird des öfteren auch mal die Wand des rein Geschäftsmäßigen zugunsten ein paar interessanter Informationen durchbrochen, wenn Herzog über die Fortentwicklung des Drehbuches spricht oder Mendes und Cage über sihre Figuren sowie die schauspielerische Anlage sprechen. Die übrigen Interviews fallen kürzer aus und besitzen stärker einen werbenden Duktus.
Eine Bildergalerie rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen“ funktioniert als greller Kommentar auf einen gesellschaftlichen Verfall. Persönlicher Vorteil und Machtmissbrauch fügen sich in ein zunehmend irrsinniger werdendes Szenario ein, dessen Übersteigerung dem Geschehen einen satirischen Anstrich verleiht. Dabei enthält sich Herzog einfacher moralischer Botschaften, indem er der Hauptfigur eine bei näherem Hinsehen deutlich werdende Komplexität verleiht. Technisch ist die Bluray recht gut.

Stefan Dabrock

08.10.2010

   
Originaltitel Bad Lieutenant – Port of Call: New Orleans (USA 2009)
Länge 121 Minuten (24p)
Studio Splendid
Regie Werner Herzog
Darsteller Nicolas Cage, Eva Mendes, Val Kilmer, Fairuza Balk, Xzibit, Denzel Whitaker, Vondie Curtis-Hall, Brad Dourif, Michael Shannon, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Interviews, Making Of, Bildergalerie
Preis ca. 17 EUR
Bewertung sehr gut, technisch recht gut