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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

dvd

Der Sog der Bilder

Die Nacht des Mörders

Japanische Meisterregisseure Nr. 3: alle Filme

Die Nacht des Mörders

„Die Nacht des Mörders“ markiert den dritten Teil der DVD-Reihe „Japanische Meisterregisseure“. In Nagisa Ôshimas Werk treffen die junge, sexuell orientierte Nejiko und Otoko, ein junger Mann, der den Tod sucht, aufeinander. Am Strand begegnen sie einer Gruppe mysteriöser Männer, die eine Kiste ausgräbt. Als einer der Männer die Kiste fallen lässt, können Nejiko und Otoko sehen, dass sich Waffen darin befinden. Jetzt müssen die beiden mitkommen, damit sie nicht reden können. Im Unterschlupf der Bande erfahren sie, dass es am Abend zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung unter Gangstern kommen soll. Dafür sind die Waffen bestimmt. Sobald alles vorbei ist, können sie gehen. Als jedoch ein Ausländer in der Nahe gelegenen Stadt Amok läuft, zerbrechen alle Pläne, so dass die Gangster sowie die Festgehaltenen mit einer völlig neuen Situation umgehen müssen.

Obwohl sich in „Die Nacht des Mörders“ ziemlich genau das abspielt, was hier eingangs geschildert wurde, sind die dürren Worte, die einen klassischen Erzählfilm suggerieren, nicht ansatzweise in der Lage, das Wesen des Films zu erfassen. Das liegt daran, dass Ôshima die Die Nacht des Mörders durchaus vorhandenen, klassischen Genresituationen immer wieder unterläuft. Die lose Handlung dient ihm nur als reines Gerüst, um innerhalb der Szenen seine allegorischen Konzeptionen auszuarbeiten. So behaupten die Männer, die Nejiko und Otoko mit in ihren Unterschlupf nehmen, zwar, dass die beiden nicht weg dürften, ihre Bewegungsfreiheit wird aber nur sehr halbherzig bis gar nicht eingeschränkt, da die Bande viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Die herausfordernde, direkte Art Nejikos, welche mit sexuellen Angeboten die Männer verunsichert, unterläuft jegliche Spannungskonstruktion. Die zunächst aufgebaute Genresituation wird durch den Gegenpol Nejiko sowie andere, teilweise groteske Einfälle ad absurdum geführt. Dazu zählt unter anderem ein Schüler auf der Suche nach einer Waffe, der ohne jegliche Vorwarnung plötzlich auftaucht, und ein Mann, dessen Gehilfe einen Fernseher trägt, in dem stets die neusten Nachrichten aus der Stadt zu sehen bzw. zu hören sind.

Die Genreverweise, die in der Handlungshülle stecken, markieren eine Gesellschaftsform, die ihre Sicherheit in einem ritualisierten Verhalten sucht. Die Gangster legen sehr viel Wert darauf, dass es am Abend zu einer handfesten Auseinandersetzung kommen wird, sie legen weniger Wert darauf, aus welchem Grund es dazu kommen soll. Auch der Gegner bleibt völlig gesichtslos. Statt seiner taucht plötzlich ein Amerikaner in der Stadt auf, der Amok läuft. Das Ritual, das an eine traditionell orientierte Form des Zusammenlebens gemahnt, entpuppt sich als Daseinsziel. Dem stehen vor allem Nejiko und Otoko entgegen. Sie, weil sie die kraftmeierische Art der Männer mit ihren sexuellen Avancen in andere Bahnen lenken will, so dass die Gewalt keine Chance hat, und er, weil er nicht auf der Suche nach dem Ritual ist, sondern weil er das Wesen des Todes begreifen will. Die beiden gegensätzlichen Pole Leben und Tod, die in den unterschiedlichen Sichtweisen zum Ausdruck kommen, reflektieren einerseits den Willen zu einem lebensbejahenden Aufbruch in die Moderne, andererseits spiegelt sich darin das Trauma der Gewalt aus der Vergangenheit wieder, das mit der Todessehnsucht verarbeitet werden soll. Ôshima lässt die beiden Hauptfiguren innerhalb des Raumes, den die Quasierzählung bietet, ungehindert umherwandern, während die übrigen Figuren statisch agieren.

Nejiko und Otoko durchmessen die grandiosen Bilderwelten, denen Kameramann Yasuhiro Yoshioka durch seine Perspektiven eine beeindruckende, suggestive Raumtiefe verleiht. Sie saugen den Geist des Betrachters förmlich in sich hinein, so dass sich dieser in ihnen verlaufen kann. Die visuelle Vielfältigkeit verweist auf die Ängste, mit denen zahlreiche Figuren innerhalb des Films geschlagen sind. Als ehemalige Soldaten, Schüler oder andere Mitglieder der Gesellschaft sind sie unter anderem Symbole für eine Orientierungslosigkeit der Jugend – der Schüler will unbedingt eine Waffe, als er sie hat, erscheint ihm der Umgang mit ihr langweilig – oder für die Angst vor Veränderung. Das Auftauchen des amerikanischen Amokläufers sorgt für vollständiges Auseinanderbrechen der bisherigen Pläne. Die Gruppe zerfällt durch die Flucht einiger Mitglieder und die Paralyse anderer. Der Amerikaner, ein Symbol für die Angst vor der amerikanischen Präsenz in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg, wird schließlich zum Katalysator für einen Aufbruch, der sich nach zaghaften Schritten der Uneinigkeit in einem instinktiven Akt der Lust seine Bahn bricht. Leben und Tod werden darin zu einer Einheit, die jegliche Traumata überwindet.

Bildqualität

Die Nacht des Mörders

Das saubere Bild der DVD weist angesichts des Filmalters eine sehr gute Schärfe auf, die auch durch das analoge Rauschen nicht besonders beeinträchtigt wird. Die Konturen sind klar, der Detailreichtum ist ansprechend. Der sehr gute Kontrast sorgt für ein differenziertes Schwarzweiß, das die Raumtiefe der einzelnen Arrangements betont. Nennenswerte Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.

Tonqualität

Der japanische 2.0-Mono-Ton – eine deutsche Synchronisation existiert nicht - liefert klare und verständliche Dialoge, die nur geringe Verzerrungen aufweisen. Das gilt auch für die Musik sowie die Toneffekte. Insgesamt eine gute Tonqualität.

Extras

Das Bonusmaterial besteht wie bei den vorherigen Veröffentlichungen aus demselben 20seitigen Booklet, das sich der kompletten Reihe widmet, indem die einzelnen Regisseure Nagisa Ôshima, Yoshitarô Nomura, Keisuke Kinoshita und Yasujirô Ozu sowie die Filme vorgestellt werden, deren Veröffentlichung noch geplant ist.

Fazit

„Die Nacht des Mörders“ widmet sich in allegorischen Bildern einer Gesellschaft, die in Gewaltritualen gefangen ist, ohne sich den eigenen Ängsten stellen zu können. Die Genrezutaten bilden nur einer lose Hülle für Ôshimas eindrucksvolle Auseinandersetzung mit den Ängsten, denen er vor allem die junge Frau Nejiko als lebensbejahende Figur entgegensetzt. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters sehr gut.

Stefan Dabrock

24.02.2010

   
Originaltitel Muri shinju: Nihon no natsu (Japan 1967)
Länge 95 Minuten (Pal)
Studio Polyfilm
Regie Nagisa Ôshima
Darsteller Keiko Sakurai, Kei Satô, Tetsuo Ashida, Yoshiyuki Fukuda, Hideo Kanze, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras 20seitiges Booklet
Preis ca. 21 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut