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28.01. | Die Engel von St. Pauli |
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12.12. | Paul Temple: Jagd auf Z |
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15.09. | Der Koloss von Konga |
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kurzrezension
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30.05. | Iron Sky - Director's Cut (blu-ray) |
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22.04. | True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray) |
Die unzerstörerische Erfüllung in sozialen Beziehungen zu finden ist nur dann möglich, wenn sich eine fruchtbare Form ineinandergreifender Kräfte entwickelt. Im Idealfall entsteht daraus ein Wohlklang. Ist dieser gestört, dann besteht die große Gefahr, dass die kreischenden Misstöne die Aufnahmefähigkeit für die Resonanzen anderer Leute erst einschränken und schließlich niedermähen. Man selbst wird dann im verzweifelten Versuch, positive Empfindungen zu erhaschen, nur noch zu einer Sendestation immer wüsterer Irrsinnigkeiten, die bei anderen in Abscheu und bei einem selbst in völliger Empfindungslosigkeit endet. Der emotionale Tod geht dem physischen voraus.
In Abel Ferraras „The Blackout“ befindet sich der Schauspieler Matty (Matthew Modine) bereits tief in der Phase unangenehmer Klangwelten. Er verzweifelt daran, dass Annie (Béatrice Dalle) nichts mehr mit ihm zu tun haben will, weil er sie im Drogenrausch genötigt hat, das gemeinsame Kind abzutreiben. Jetzt erscheint ihm eine Familie plötzlich wie ein Hoffnungsschimmer, aber was getötet worden ist, lässt sich nicht mehr zum Leben erwecken. Als Getriebener taucht er bei Mickey Wayne (Dennis Hopper) auf, der mit der Videokamera einen Film drehen will, in dem leicht bekleidete oder nackte Frauen das Wichtigste zu sein scheinen. Doch die sexuellen Drogen in Form williger Frauen verfangen bei Matty kaum noch, der sich aufgrund seiner wilden Lebensführung mit Alkohol und sonstigen Rauschmitteln auch nicht mehr an alles erinnern kann, was er so macht. 18 Monate später lebt Matty ruhig in New York mit der Kunsthändlerin Susan (Claudia Schiffer) zusammen. Er nimmt keine Drogen mehr und sucht einen Therapeuten auf, aber die wilden Kräfte der Vergangenheit sind nicht besiegt.
Mithilfe clipartiger Montageszenarien, in denen oftmals uneindeutige Erinnerungsfetzen zu sehen sind, erschufen Anthony Redman und Jim Mol am Schneidetisch die perfekte Erzählstruktur für Ferraras und auch Modines Abriss einer gefallenen Persönlichkeit. Die lückenhafte Wahrnehmung beziehungsweise Erinnerung der Realität ist stets präsent, gleichzeitig verweisen die nicht immer vollständig klaren Handlungsabläufe auch auf die Brüchigkeit einer jeden Wahrnehmung. Realität, das ist immer nur die Konstruktion im eigenen Kopf, die sich von der anderer Menschen mal mehr und mal weniger unterscheidet. Da auf erklärende Monologe oder eindeutige filmische Techniken verzichtet wurde, um flirrende Trugbilder von klarer Wahrheit zu unterscheiden, lässt sich nicht einmal eindeutig ermessen, was hier drogenverzerrter Irrsinn ist und was nicht.
Letztlich wirkt die Ruheepisode in New York, in der Matty clean, therapiefähig und mit einer ruhigen Frau zusammen ist, irgendwie auch zu glatt, als das sie stimmen kann. Vielleicht ist
das die größte und wahnsinnigste Drogenphantasie, die Ferrara je inszeniert hat, so absurd erscheint einem bei längerem Nachdenken die biedere Atmosphäre mit grauem Wetter, heimeliger Wohnung und Fahrrad fahrendem Matty. Gebrochen wird sie zudem durch die Gestaltung der Praxisräume des nahezu identitätslosen Therapeuten, die sich in einem fensterlosen Keller befinden. Matty muss in einen Ort herabsteigen, der von der Außenwelt abgeschnitten ist. In der Isolation wird er auf seinen völlig aus den Fugen geratenen Geist zurückgeworfen, was schließlich ziemlich qualvoll ist. Der Prozess der Zerstörung kennt keinen Stillstand, auch wenn alles friedlich wirkt. Matty kann seinen persönlichen Misstönen nicht entkommen. Die scheinbare Lautlosigkeit bildet eine monströse Dissonanz zu den schrill geschnittenen Szenen mit Mickey Wayne oder Annie. Der Schmerz ist ein grausames Biest, das sich tief in die Eingeweide des Menschen reinfressen kann, wenn er erst einmal dynamischen Schwung aufgenommen hat.
Matty scheitert zunächst an sich und dadurch an seiner Umwelt. Soziale Beziehungen und emotionale Erfüllung kennt er nicht mehr. Daher nimmt er und mit ihm der Zuschauer alles größer war. Mickey Wayne wirkt mit seinen Stakkatoreden, seiner Obsession für halb- und ganz nackte Frauen sowie Drogen ebenso dämonisch wie die schließlich ganz in schwarz gekleidet auftauchende Annie. Die spröde Biederkeit der von Claudia Schiffer ausgezeichnet verkörperten Susan steht dem in Nichts nach. Sie ist ein so extremes Gegenbild, dass man Angst bekommen kann. Eine absonderliche Projektion, geboren aus einem Wunschtraum nach Ruhe.
Die Uneindeutigkeit der Erzählung macht aus „The Blackout“ allerdings keinen Film der Beliebigkeit. Es ist vielmehr so, dass der Wahnsinn auf perfekte Weise bebildert, wie die Zerstörung des Sozialen im Menschen wüten kann. Emotionen werden durch monströse Übersteigerungen kompensiert, übrig bleibt das pure Grauen aus völliger Sinnlosigkeit.
Bildqualität
Das Bild der DVD gibt keinen Anlass für nennenswerte Kritikpunkte. Klare Konturen und die ansprechende Detailfreude lassen die jeweiligen Szenerien gut zur Geltung kommen. Manchmal könnte der Kontrast etwas prägnanter sein, aber letztlich passt das ja auch zur Unklarheit der Erzählung. Die Farben sehen mal kräftig und mal eher entsättigt aus. Insgesamt wird der Film mit seiner Atmosphäre gut präsentiert.
Tonqualität
Der DD 2.0-Ton macht jeweils eine absolut solide Figur. Sowohl die deutschen als auch die englischen Dialoge lassen sich gut verstehen. Manchmal hört sich die Stereofront angenehm breit an, wodurch die räumliche Gestaltung der jeweiligen Szene wunderbar unterstützt wird. Groß auftrumpfen kann der Ton genrebedingt nicht, aber das macht auch nichts.
Extras
Das Bonusmaterial besteht aus einer 4:3 Open Matte-Fassung und einem 12seitigen Booklet. Filme werden oft im 4:3-Format gedreht, auch wenn die spätere Auswertung im Kino oder für Zuhause wie heute üblich in einem Breitwandformat wie beispielsweise 1:1,85 geplant ist. Der Kameramann plant beim Dreh ein, dass oben und unten am Ende das Bild beschnitten wird. Dennoch existiert natürlich das Material mit den Bildinformationen an den beiden Rändern. Und genau dieses Material befindet sich auf dieser DVD als 4:3 Open Matte-Fassung. Sie ist also nicht etwa mit 4:3-Fassungen zu verwechseln, wie sie früher im Fernsehen üblich waren, wo durch ein gezoomtes Bild links und rechts zentrale Teile abgeschnitten wurden.
Im 12seitigen Booklet geht Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger auf zentrale Motive im filmischen Schaffen Abel Ferraras ein, in die auch „The Blackout“ eingeordnet wird. Eine lesenswerte Auseinandersetzung mit Ferrara.
Fazit
„The Blackout“ schmerzt beim Sehen und noch viel stärker danach, weil die zerstörerische Wucht in der Erzählung mit teilweise brutaler Unterschwelligkeit angreift. Wenn die Sinne vollkommen betäubt sind und alles extrem ausschlägt, dann haben Resonanz und soziale Beziehungen keine Chance mehr und damit das Leben. Technisch ist die DVD gut.
Stefan Dabrock
10.04.2016
Originaltitel | The Blackout (GB 1997) |
Länge | 100 Minuten (Pal) |
Studio | filmArt |
Regie | Abel Ferrara |
Darsteller | Matthew Modine, Claudia Schiffer, Béatrice Dalle, Sarah Lassez, Dennis Hopper, Steven Bauer, Laura Bailey, Nancy Ferrara, u.a. |
Format | 1:1,85 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Deutsch, Englisch |
Untertitel | Englisch |
Extras | 4:3 Open Matte-Fassung, 12seitiges Booklet |
Preis | ca. 20 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch gut |