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kurzrezension
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Das Regiewerk James William Guercios besteht aus genau einem Film. „Electra Glide in Blue“ stellt den Motorradpolizisten John Wintergreen in den Mittelpunkt, der auf den staubigen Wüstenhighways der amerikanischen Provinz seinen Dienst tut. Als er zwischen den vielen Verkehrskontrollen in einer abgelegenen Hütte eine Leiche entdeckt, wittert er seine Chance, Detective zu werden. Obwohl der Gerichtsmediziner nach schlampiger Untersuchung des Toten von einem Selbstmord ausgeht, behauptet Wintergreen, dass es aufgrund der seltsamen Umstände Mord sein müsste. Die Schrotflintenprojektile stecken nämlich in der Brust und nicht im Kopf der Leiche. Der ermittelnde Polizist des Morddezernats schließt sich Wintergreen an, so dass der Motorradordnungshüter zwischendurch zu seinem Fahrer befördert wird, um an der Suche nach dem Mörder teilzunehmen. Aber die großspurigen Reden seines Mentors verpuffen immer stärker, je länger sich Wintergreen in dessen Nähe aufhält.
Über allem in „Electra Glide in Blue“ weht ein großer, mächtiger Traum, der Traum der Freiheit, das zu tun, was man möchte, um sich zu entfalten. Die großartige, weite Landschaft erzählt von dieser unbegrenzten Möglichkeit, die eng mit Amerika als Mythos verbunden ist, wie ein Schnitt auf die amerikanische Flagge gleich zu Beginn des Films vermittelt. Gleichzeitig kündet der Mord, der in den ersten Szenen in „Electra Glide in Blue“ zu sehen ist, von der Diskrepanz zwischen Mythos und Realität. Diese Diskrepanz schwebt wie ein Damoklesschwert genauso über den eleganten Bildern wie der Traum der Freiheit. Mit symbolträchtiger Größe türmen sich mehr als einmal am Horizont die Felsen den Monument Valley auf, das durch die Filme John Fords zu einem Sinnbild für die Pionierzeit geworden ist, die im
amerikanischen Mythos die Grenzenlosigkeit und den Aufbruch symbolisiert, der für das Selbstverständnis des Landes eine zentrale Bedeutung erlangte. Die Schönheit der Kamerabilder und die Risse im mythologischen Traum heben sich aber nicht gegenseitig auf, sondern sie ergänzen sich. Immer wieder rekonstruieren Landschaftsaufnahmen oder ästhetische, fetischisierende Details der Motorräder das Ideal, das zwar ebenso immer wieder als Illusion entlarvt wird, aber als Bild zu anziehend wirkt, als das eine endgültige Zerstörung möglich wäre. Strahlkraft und Entlarvung bilden eine tragisch-schöne Allianz. Innerhalb eines solchen auf Bilder und Stimmungen ausgelegten Konzeptes nimmt die Ermittlungsarbeit nur einen Platz als Katalysator ein. Das Beiwerk übernimmt eine viel zentralere Rolle.
John Wintergreen und sein Freund sowie Arbeitskollege Zipper treffen sich oftmals auf ihren Fahrten mitten in der Wüste, um Späße miteinander zu treiben oder zu Quatschen. Während Wintergreen den Traum der Freiheit leben möchte, indem er sein Wunschziel zu erreichen sucht, Detective zu werden, gibt Zipper vor, die Freiheit bereits zu leben, wenn er sich in der größten Hitze auf seinem Motorrad ausruht, um zu lesen. Gegen Ende aber wird klar, dass Zipper auch seine Träume hat, die er nicht mit korrekten Mitteln verfolgen konnte. In ihm bricht am offensten die Diskrepanz zwischen Mythos und Realität auf, wenn er schließlich irrsinnig wird. So wie die Weite der Landschaft das Versprechen auf alle Möglichkeiten beinhaltet, so dokumentiert die Dominanz zahlreicher Detailaufnahmen die Enge, in der sich die Figuren letztlich befinden. Körperteile, Waffen, Hüte oder andere Ausschnitte erzählen von der Begrenzung, der alle ausgesetzt sind. Am Ende bleibt nur noch die Waffe als letztes Symbol der Freiheit übrig. Doch statt den Mythos vollends zu zerstören, der angesichts der Gewalt als unabdingbarer Bestandteil der Freiheit ausgedient zu haben scheint – auch wenn sie hier auf einem Missverständnis beruht -, stilisiert James William Guercio das Geschehen in Zeitlupe, um so noch ein mal Traum und Diskrepanz in einem grandiosen Schlussbild zu bündeln. Auch wenn er nicht erreichbar ist, der Traum bleibt eine Vorstellung, deren Strahlkraft man sich kaum entziehen kann.
Bildqualität
Die Bildqualität des Films ist überzeugend. Verschmutzungen und Defekte treten kaum in Erscheinung, die Schärfe kann mit weitgehend klaren Konturen und einem angenehmen Detailreichtum aufwarten. In manchen Szenen wirkt das Bild allerdings etwas weich. Die Farbpalette des Wüstenszenarios wird gut wiedergegeben, so dass die Landschaft ihre Pracht entfalten kann. Der ausgewogene Kontrast sorgt für ein differenziertes Bild. Die Körnigkeit des Materials, die in manchen Szenen fast gar nicht, in anderen etwas stärker sichtbar ist, stört nicht. Sonstige Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.
Tonqualität
Während der deutsche Ton leichte Verzerrungen aufweist, klingt sein englische Pendant natürlich und besser im Geschehen integriert. Bei beiden Tonspuren sind die Dialoge aber trotz eines leichten Hintergrundrauschens gut zu verstehen. Die Musik entfaltet ihre atmosphärische Wirkung ebenso.
Extras
Der Audiokommentar von James William Guercio (Regie) ist sehr schleppend. Zwischen den längeren Pausen erwähnt er in der ersten halben Stunde ein paar interessante Fakten zu den Drehorten, der Art des Drehs und den Darstellern. Danach hat er sein Pulver aber weitgehend verschossen und flüchtet sich oft in die Aussage, dass es ihm sehr schwer falle, etwas zu den Bildern zu sagen, da er sich filmisch und nicht verbal ausdrücke. Beim Auftritt einer neuen Figur blüht er dann wieder kurz auf. Das gilt auch für den Schluss des Films, zu dem er noch ein paar Fakten zum Schnitt zu sagen hat. Insgesamt handelt es sich aber um einen extrem schwachen Audiokommentar, da James William Guercio offensichtlich nicht der Richtige für diese Form des Bonusmaterials ist. Viel besser fällt James William Guercios etwa 10minütige Einführung zu Szenen aus „Electra Glide in Blue“ aus. Hier kann er in kompakter Form die Entstehungsgeschichte sowie die Produktionsbedingungen ansprechen. Ein paar Details des Audiokommentars nimmt er dabei schon vorweg. Ein Trailer zum Film ist auf der DVD ebenfalls enthalten.
Fazit
„Electra Glide in Blue“ bebildert mit grandiosem Stilwillen die Diskrepanz zwischen dem Mythos der Freiheit und der begrenzten Realität, ohne den Traum in Gänze zu zerstören. Stattdessen beschwört der Film die Strahlkraft der Illusion und stellt ihr in einer tragischen Allianz die Unzulänglichkeiten in der Realität an die Seite. Beides verschmilzt zu einem eindrucksvollen Gesamtpanorama der amerikanischen Seele. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters gut.
Stefan Dabrock
08.08.2009
Originaltitel | Electra Glide in Blue (USA 1973) |
Länge | 108 Minuten (Pal) |
Studio | Pierrot le Fou |
Regie | James William Guercio |
Darsteller | Robert Blake, Billy Green Bush, Mitch Ryan, Jeannine Riley, Hawk Wolinski, Peter Cetera, u.a. |
Format | 1:2,35 (16:9) |
Ton | DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Audiokommentar von James William Guercio (Regie), Einführung von James William Guercio, Trailer |
Preis | ca. 18 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch gut |