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rezensionen

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16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

dvd

Gewalt und Geist

Von Angesicht zu Angesicht

Von Angesicht zu Angesicht

„Von Angesicht zu Angesicht“ konfrontiert den aus Boston stammenden kränklichen Geschichtsprofessor Brett Fletcher (Gian Maria Volonté), der wegen seiner Lunge ins heiße Texas zieht, mit dem rauen Banditen Beauregard Bennet (Tomás Milian). Ab einem gewissen Punkt entwickelt sich zwischen den beiden eine bizarre Symbiose. Der Professor hat ein intellektuelles Vergnügen am Outlaw-Leben und versucht durch sein strategisches Können, dieses zu perfektionieren. Auf der anderen Seite steht der Bandit, der sein Handeln immer stärker reflektiert. Mit von der Partie ist neben Bennets sonstigen Spießgesellen auch Charley Siringo (William Berger), der im Auftrag der Pinkerton Detektiv Agentur versucht, Bennets Bande zu zerschlagen. Die unterschiedlichen Interessen der drei Männer treten immer deutlicher zu Tage, sodass die Konflikte bald auch mit der Waffe ausgetragen werden.

So statisch die Grundvoraussetzung des Italowestern klingt, so dynamisch hat Sergio Sollima die Entwicklung der Konfliktlinien inszeniert. Ganz schleichend setzen sich die Veränderungsprozesse innerhalb der Charaktere durch. Die zunächst verlässlichen Eckpfeiler ihrer Existenz werden kaum merkbar untergraben. In virtuosen Action- sowie Duellszenen, die sowohl die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen Landschaft als auch die Architektur der Häuser choreographisch nutzen, manifestiert sich die dramatische Handlung, die reich an Oberflächenreizen ist. Unter der Schicht aus spektakulären Sensationen schlummert zusätzlich etwas anderes. „Von Angesicht zu Angesicht“ reflektiert die Strukturen eines autarken Banditensystems, das als Gemeinschaft funktioniert. Der Professor bringt durch seine gänzlich anderen Fähigkeiten eine Dynamik in die Gemeinschaft. Die ärmlichen Mitglieder der Banditen-Gesellschaft, die aus Not dazu gezwungen sind, ein Leben als Outlaws zu führen, werden durch Von Angesicht zu Angesicht den Intellekt des Professors korrumpiert. Sein Handeln entspringt aus einem Gefühl der Dekadenz, da es für ihn keinerlei ökonomische Notwendigkeit gibt, ein Leben als Krimineller zu führen. Es scheint vielmehr so, dass der nahende Tod eine innere Dynamik ausgelöst hat, die sich nun ihre Bahn bricht. Gian-Maria Volonté strahlt in dieser Rolle eine ruhige Entschlossenheit aus, die einem Angst machen kann. Wie schon bei „Der Gehetzte der Sierra Madre“ kann sich Sollima auf die Kraft seines gegensätzlichen Darstellerpaares verlassen. Denn Tomás Milian schafft es auf perfekte Weise, einen Menschentypus zu kreieren, der mit kontrollierter Animalität zu Werke geht. Seine wilde Natur lässt aber auch noch Raum für ein Moment der Selbstreflexion, das im Laufe des Films immer dominanter wird.

Bildqualität

Von Angesicht zu Angesicht

Das Bild der DVD präsentiert eine recht saubere Vorlage mit wenigen analogen Defekten. Bei der Aufbereitung hat man einen Kompromiss zwischen digitaler Veränderung und dem Originalzustand der Vorlage gewählt. So ist immer noch sichtbares analoges Rauschen zu sehen, auch wenn es in manchen Szenen, vor allem Nahaufnahmen, deutlich reduziert wurde. Die Bearbeitung hat jedoch Spuren hinterlassen. So schwankt die Schärfe in Gesichtern bereits bei gewöhnlichen Bewegungen und die Helligkeitsabstufungen sind bei einigen Bildern nicht gleichmäßig. Die DVD hat ein wenig mit Banding zu kämpfen. Die Farben wirken etwas ausgeblichen, der Kontrast ist in Ordnung, auch wenn es gelegentlich zu leichten Überstrahlungen kommt. Insgesamt kann man sagen, dass der Bearbeitungskompromiss noch ganz ordentlich gelungen ist, die Schwierigkeiten der Materiallage sind aber gut zu sehen.

Tonqualität

Der deutsche und der italienische 2.0-Mono-Ton klingen heller als die englische Variante, die relativ dumpf daherkommt. Dafür sind sie etwas blechern und weisen neben den atmosphärischen Geräuschen noch ein Hintergrundrauschen beziehungsweise gelegentliche Knackse auf. Die Dialoge sind in allen Sprachen gut verständlich. Die Musik kommt gut zur Geltung.

Extras

Auf der DVD mit dem Hauptfilm befinden mehrere Trailer und Vorspänne, das übrige Bonusmaterial ist auf einer zweiten DVD enthalten.
Die rund 50-minütige Dokumentation „Spaghetti Western Memories“ ist ebenfalls auf der Mediabook-Veröffentlichung des Sollima-Westerns „Der Gehetzte der Sierra Madre“ enthalten. Die Ausführung zu dem Beitrag lassen sich dort nachlesen.
An der 33-minütige Super-8-Version des Films hat der Zahn der Zeit genagt. Die Bildqualität ist sehr eingeschränkt, sodass sie nur ein hübsches Gimmick für Menschen ist, die ein historisches Interesse an Heimkinoveröffentlichungen aus dem Vor-Video-Zeitalter haben. Ob das Material ursprünglich farbig war, bleibt offen, jetzt sieht es Schwarzweiß aus.
Der gut 15-minütige Fotoroman erzählt die Handlung des Films mit Schwarzweiß-Standbildern aus „Von Angesicht zu Angesicht“ und einkopierten französischsprachigen Textfeldern nach. Skurril und vor allem für frankophile Menschen geeignet.
Besonders lohnenswert ist der enthaltene wunderbare Soundtrack, den Ennio Morricone komponiert hat.
Eine Bildergalerie rundet das Bonusmaterial ab.
Im reich bebilderten 24-seitigen Booklet präsentiert Wolfgang Maier einen Abriss über Morricones Arbeiten für das Italowestern- und Westerngenre. Dabei charakterisiert er einzelne Kompositionen, ordnet sie im Vergleich zum damals gängigen Musikstil ein, geht auf Veröffentlichungen und den Erfolg beim Publikum ein. Für Morricone-Novizen sehr lesenswert.

Fazit

„Von Angesicht zu Angesicht“ verbindet die unterschiedlichen Interessen dreier Männer zwischen Gesetzestreue, wildem Banditentum und intellektuellem Spaß am Verbrechen zu einem dynamischen Italowestern-Drama, das Fragen moralischer Integrität behandelt. Das jeweilige Wertesystem, nach dem die einzelnen Figuren handeln ist einem Wandel unterworfen, der seine brüchige Natur reflektiert. Technisch ist die DVD recht ordentlich.

Stefan Dabrock

11.11.2012

   
Originaltitel Faccia a Faccia (Italien/Spanien 1967)
Länge 107 Minuten (Pal)
Studio explosive media
Regie Sergio Sollima
Darsteller Tomas Milian, Gian Maria Volonté, William Berger, Jolanda Modio, Gianni Rizzo, Carole André, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch, Italienisch
Untertitel Deutsch, Englisch
Extras Dokumentation „Spaghetti Western Memories“, Super-8-Fassung, Fotoroman, Bildergalerie, Soundtrack, Trailer und Vorspänne, 24-seitiges Booklet
Preis ca. 18 EUR
Bewertung sehr gut, technisch recht ordentlich