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rezensionen

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kurzrezension

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22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

blu-ray

Mr. Nice

2-Disc-Edition

Mr. Nice

„England in den 70er Jahren: Howard will Lehrer werden, bis er vertretungsweise mit einer Ladung Drogen quer durch Europa rast - ein buchstäblich bewusstseinserweiternder Trip! Kurz darauf erobert er mit Hilfe eines IRA-Anführers den amerikanischen Markt und wird als Agent des MI6 angeworben - sehr zum Verdruss der internationalen Drogenpolizei. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit hält Mr. Nice ein ganzes Justizsystem zum Narren. Er genießt ein Leben zwischen Cannabis, Cadillacs und viel, viel Cash. Howard bleibt nicht zu fassen und wird zum Helden der Legalisierungsbewegung. Aber Craig Lovato von der US-Drogenbehörde hat genug von dem Katz-und-Maus-Spiel. Er setzt alles daran, den begnadeten Trickser endlich dingfest zu machen“ (Koch Media).

Regisseur Bernard Rose ist ein listiger Geselle. Sein Biopic über den Studenten Howard Marks, der während der 1960er und 70er Jahre zu einem zentralen Haschisch-Händler avancierte, hegt Sympathien für Marks' Werdegang und dessen Ansicht, Haschisch und Marihuana sollten legal sein. Das legt die radikale Übernahme der persönlichen Sicht von Howard Marks nahe, aus der „Mr. Nice“ erzählt ist. Aber Rose vermeidet es, in die Falle der glamourösen Überstilisierung zu tappen, die aus Marks einen immer lässig-coolen Geldsack gemacht hätte, der beispielsweise mit breitem Grinsen sein Vermögen zählt, während er sich einen Joint rein pfeift und sexuell befriedigen lässt. Solche Szenen der Ikonisierung gibt es in Mr. Nice nicht. Stattdessen wird die Bauernschläue der Hauptfigur ins Zentrum gerückt, die mit Dreistigkeit, Glück und cleverer Scharade ihre Geschäfte abgewickelt hat. So entsteht das Bild eines Drogendealers, der so harmlos daherkommt wie Puh der Bär, aber Teil einer unfassbaren Geschichte wurde. Rose lässt die Ereignisse für sich selbst sprechen, ohne sie inszenatorisch zu pointieren. Der Beginn ist reiner Zufall, wenn Marks in ein Studentenzimmer in seinem Oxforder Wohnheim stolpert und dort mit Drogen in Kontakt kommt. Sein Karrierestart als Händler ist reiner Zufall, als er dem Anruf eines Freundes nach Deutschland folgt, der dort inhaftiert wurde und Marks darum bittet eine Ladung Haschisch zu transportieren, welche die deutschen Behörden bislang nicht gefunden haben. Die Kontaktaufnahme zu einem Mitglied der Provisional IRA, um dessen Kontakte zu einem irischen Flughafen für den Drogenschmuggel zu nutzen, ist Bauernschläue und Dreistigkeit zugleich. So reiht sich ein aberwitziges Puzzlestück aus Marks Autobiographie an das nächste, bis ein unfassbares Bild entstanden ist.

Das kontrastiert Rose mit dem zumeist schlichten Auftreten der Hauptfigur Marks, dessen Geld zwar sichtbar ist, wenn er ein Häuschen mit Pool bewohnt, der aber nie als cooler Held in Erscheinung tritt. Dafür sind seine Probleme und sein sonstiges Dasein viel zu gewöhnlich. Frau und Kinder sind ihm wichtig, die auftretenden Spannungen in der Familie wirken wie bei anderen Ehepaaren auch. In einer Szene erwähnt Marks, dass er doch nur seine Familie ernähre. Ein konservativeres Motiv für seine Handlungen ist kaum denkbar. So wirkt Marks nicht wie der Kriminelle auf Dauerparty, dessen Dasein eine hohe Anziehungskraft auf Bewunderer entfacht – dass er in die legendäre New Yorker Szene-Disko Studio 54 reinkommt, während eine lange Schlange Wartender vergeblich Einlass begehrt, macht aus ihm nicht sofort einen Glamour-Star. Der Howard Marks des Films kommt weitgehend sympathisch daher, lädt aber nicht zur Nachahmung ein. Er wird schließlich sogar zu einer Melodrama-Gestalt, dessen Schicksal rührt, weil Rose Freunde und Geschäftspartner aus Marks Umfeld ausnahmslos als opportunistische Verräter in Szene setzt. Vor allem das explizite Identifizieren von Marks während einer Gerichtsverhandlung, wenn mehrere seiner Freunde mit ausgestrecktem Finger auf ihn deuten, hat etwas Judas-artiges an sich.
Die geschickte biographische Inszenierung der Hauptfigur zwischen Biederkeit und grotesker Räuberpistole, die in einer bewegenden Figurenzeichnung mit persönlichem Drama, amüsanter Note, aber ohne Heldenklischee mündet, reichert Rose mit stilistischer Kunstfertigkeit an. Denn die Subjektivität der Erzählung entwickelt er zum Prinzip. Immer wieder arbeitet er mit Rückprojektionen, wenn Rhys Ifans als Howard Marks vor alten Filmaufnahmen Londons herumläuft, als befände er sich in der im Hintergrund ablaufenden Szenerie. Natürlich ist klar erkennbar, dass es sich um zwei verschiedene Bildebenen handelt. So unterläuft Rose jegliche Authentizität und stellt das Gezeigte stattdessen offen in Frage. Das Erzählen von Geschichten ist eben auch immer ein Kampf um die Deutungshoheit.

Bildqualität

Die Bluray präsentiert die verschiedenen Stilmittel des Films auf souveräne Weise. Alte Aufnahmen erscheinen mit klassischer Körnigkeit und relative detailarm, während die neu gedrehten Szenen eine sehr gute Kantenschärfe sowie einen hohen Detailgrad besitzen. Die Farbdarstellung wechselt mit den jeweiligen stilistischen Ansätzen. Der Anfang ist in Schwarzweiß, Drogenszenen sind mal bunt, mal artifiziell farbarm oder einseitig eingefärbt angelegt und die weniger stilisierten Szenen wechseln zwischen sandigen Tönen Afghanistans, der reduzierten Farbpalette Irlands und der hellen Frische einer mediterranen Umgebung. Schwächen leistet sich die Bluray dabei nicht, da alle Stile ihrer Ausprägung entsprechend wiedergegeben werden. Der Kontrast wechselt ebenfalls mit den unterschiedlichen Darstellungsarten.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren können nur selten eine räumliche Kulisse erzeugen, weil der Film weniger auf Action und Party statt auf die Darstellung der Hauptfigur setzt. Die Musik und dezente Hintergrundgeräusche nutzen auch mal die hinteren Lautsprecher.

Stefan Dabrock

21.12.2011

   
Originaltitel Mr. Nice (GB 2010)
Länge 120 Minuten (24p)
Studio Koch Media
Regie Bernard Rose
Darsteller Rhys Ifans, Chloë Sevigny, David Thewlis, Elsa Pataky, Crispin Glover, Andrew Tiernan, Omid Djalili, Jack Huston, Ania Sowinski, Jamie Harris, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DTS HD Master 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Howard Marks, Audiokommentar von Bernard Rose (Regie), Interview mit Howard Marks, entfallene Szenen, Howard Marks – Der Film, Interviews, Behind the Scenes, Howard Marks und Rhys Ifans auf der Bühne, Trailer
Preis ca. 17 EUR
Bewertung virtuos, technisch gut