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Nächstenhiebe

Viridiana

Viridiana

Luis Buñuels erster spanischer Film nach seiner Rückkehr aus dem mexikanischen Exil war ein Schlag für die spanische Zensur, die den Film schließlich mit einem Verbot belegte. Bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes wurde das Werk dagegen mit der Goldenen Palme ausgezeichnet.
Im Zentrum der religionskritischen Handlung steht die Novizin Viridiana (Silvia Pinal), die zu ihrem Onkel Don Jaime (Fernando Rey) auf dessen Landgut gerufen wird. Sie besucht den Verwandten, der immer noch darunter leidet, dass seine Frau vor Jahren noch im Hochzeitskleid in seinen Armen gestorben ist. Da Viridiana der Toten zum verwechseln ähnlich sieht, versucht Don Jaime, die Novizin zum Bleiben zu bewegen. Er wendet schließlich sogar Gewalt an, indem er Viridiana ein Betäubungsmittel verabreicht, schreckt aber letztlich vor den Konsequenzen seiner Tat zurück. Nachdem die Novizin das Landgut wieder verlassen hat, erhängt sich Don Jaime. Viridiana, die deswegen von Schuldgefühlen geplagt wird, entschließt sich dazu, nicht mehr ins Kloster zurückzugehen. Sie möchte stattdessen das Landgut zu einem Ort der Barmherzigkeit machen, in dem Bettler ein neues Zuhause finden können. Zeitgleich trifft auch Don Jaimes unehelicher Sohn Jorge (Francisco Rabal) auf dem Anwesen ein, da er ebenfalls im Testament bedacht wurde.

Buñuel macht sehr schnell klar, was er von der katholischen Kirche hält, wenn die Mutteroberin der jungen Novizin nach dem Tod Don Jaimes auf dem Landgut ihre Hilfe anbietet, damit aber nur meint, dass Viridiana so schnell wie möglich ins Kloster zurückzukehren habe. Eine echte Viridiana Hilfe, die auf die Lebenssituation Viridianas und den Unglücksfall sowie die Schuldgefühle eingeht, bietet sie nicht an. Alles, was außerhalb des Klosters stattfindet, hat für die Mutteroberin keinen Wert. Statt Nächstenliebe teilt sie nur spirituelle Nächstenhiebe aus, indem sie Druck ausübt. Für Viridiana ist das eine zusätzliche Motivation, ihren idealistischen Ansatz zu verfolgen. Mit Barmherzigkeit will sie Bettler zu besseren Menschen machen. Dabei ignoriert sie aber, dass die Bettler mit ihrer Selbstsucht und dem aggressiven Verhalten gegenüber ihresgleichen ein Produkt ihrer Erfahrungen in der Gesellschaft sind. Viridiana gibt ihnen Essen, eine Schlafgelegenheit und möchte sie zum arbeiten animieren, aber auf die einzelnen Persönlichkeiten sowie die Hintergründe, welche die Bettler zu dem gemacht haben, was sie sind, geht sie nicht ein. Sie bleibt mit ihrer zwar gut gemeinten, aber grenzenlos naiven Tätigkeit eine Fremde, die keinen Respekt bei den Bettlern genießt, die immer um alles kämpfen mussten. Die reine Barmherzigkeit bleibt an der Oberfläche stecken, ohne die Wurzel des Übels anzufassen.

Daran wird Viridiana schließlich scheitern, denn sobald sie als dürre Ordnungsperson das Landgut verlässt, brechen unter ihren Schützlingen alle Schranken. Sie dringen in das Herrenhaus ein, um sich mit dem dort vorhandenen Wohlstand zu vergnügen. Wein, Essen und Sex sind die Zutaten einer zügellosen Feier, deren berühmteste Szene es ist, wenn die Bettler das letzte Abendmahl nachstellen, während eine der Frauen ihren Rock hochhebt. Die moralische Strenge der katholischen Lehre hat keinen Wert, weil sie nur um sich selbst, aber nicht um das Leben kreist. Deswegen scheitert Viridiana auf nachhaltige Weise.
Ihr gegenüber steht Jorge, der uneheliche Sohn Don Jaimes, dem eine solche Frömmigkeit fremd ist. Er will das Leben pragmatisch genießen. Dabei verkörpert er aber auch kein Ideal, das Buñuel anstrebt. Denn als bürgerlicher Machtmensch hat er seine Fehler, die Buñuel zumindest andeutet, wenn Jorge die Haushälterin zu seiner Geliebten macht. Aber im Vergleich zur religiösen Scheinheiligkeit, wie sie die Mutteroberin darstellt, ist Jorge vorzuziehen.

Bildqualität

Viridiana

Das Bild der DVD ist recht gut, wenn man das Filmalter berücksichtigt. Die Konturen wirken etwas weich und die Detailschärfe hat kleine Schwächen, aber die spielen sich nicht in den Vordergrund. Die leichten analogen Defekte lassen sich ebenfalls verschmerzen, zumal sie nur wenige Szenen betreffen. Die Schwarzweiß-Kompositionen des Films kommen aufgrund des sehr guten Kontrastes gut zur Geltung. Das gilt sowohl für die Außenaufnahmen um das Landgut herum und auch die Szenen in den Innenräumen, deren Details im Rahmen der vorhandenen Schärfe gut herausgearbeitet werden. Leider ist das Bild nicht anamorph kodiert.

Tonqualität

Der DD 2.0-Mono-Ton ist nicht ganz verzerrungsfrei, wobei nicht immer klar unterschieden werden kann, inwieweit die im Film vorhandenen Grammophon-Stücke auch verzerrt klingen sollen. Aber auch ansonsten leiert der Ton gelegentlich. Die Dialoge sind dennoch stets gut verständlich, obwohl ein leichtes Grundrauschen vorhanden ist. Der Originalton klingt etwas dumpfer als die deutsche Synchronisation.

Extras

Die 45-minütige, für das französische Fernsehen entstandene Dokumentation „Filmemacher unserer Zeit – Luis Buñuel“ besteht aus einem Gespräch mit Buñuel, indem es um verschiedene biographische und künstlerische Fragestellungen geht. Einzelne Motive aus dem Werk des Regisseurs werden ebenso aufgegriffen wie seine Bekanntschaften zu unterschiedlichen Künstlern eine Rolle spielen. Zwischen die Interviewsequenzen werden Aussagen von Weggefährten Buñuels geschnitten, die sich auf das gerade angesprochene Thema beziehen. Der Film ist hoch interessant, da Buñuels eigene Aussagen von ironischer Gewitztheit zeugen, aber sie lavieren letztlich auch um eine greifbare Klarheit herum. Buñuel bleibt eine faszinierende Unbekannte, die sich jedem Beobachter auf seine eigene Weise er- oder verschließt.

Fazit

„Viridiana“ portraitiert mit klarer Eindringlichkeit das Scheitern einer ehemaligen Novizin an ihrem naiven Ansatz der reinen Barmherzigkeit, die sich als idealistische Tat nicht um gesellschaftliche Realitäten kümmert. Aufgrund der grimmigen Ausrichtung des Films gerät „Viridiana“ auch zu einer Abrechnung mit der katholischen Morallehre. Technisch ist die DVD angesichts des Filmalters gut.

Stefan Dabrock

25.10.2011

   
Originaltitel Viridiana (Spanien/Mexiko 1961)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio Pierrot le Fou
Regie Luis Buñuel
Darsteller Silvia Pinal, Francisco Rabal, Fernando Rey, José Calvo, Margarita Lozano, José Manue Martin, Victoria Zinny, Teresa Rabal, u.a.
Format 1:1,78 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Spanisch
Untertitel Deutsch
Extras Dokumentation „Filmemacher unserer Zeit – Luis Buñuel“
Preis ca. 17 EUR
Bewertung gut, technisch angesichts des Filmalters gut