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kurzrezension

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Im Bauch da ist der Teufel los

Babylon

Babylon

Mit seinem 1988 gedrehten Horrorfilm „Der Fluch“ hat Ralf Huettner einen beängstigend erschreckenden Genrefilm gedreht, den man einem deutschen Regisseur gegen Ende 1980er Jahre kaum zugetraut hätte, lag doch das deutsche Genrekino zu diesem Zeitpunkt schon längst danieder. Nur vier Jahre später versuchte sich Huettner mit „Babylon“ erneut an einem Horrostoff, für den er wieder zusammen mit Andy T. Hoetzel das Drehbuch geschrieben hat.
Darin ist eine Krankenschwester zu sehen, die nach einem zufälligen Zusammentreffen mit einem schmierigen Vertreter ins Bett geht, der einen gewissen aalglatt-chauvinistischen Charme ausstrahlt. Dummerweise platzt das Kondom bei den intimen Aktivitäten, so dass die Krankenschwester schwanger wird. Als sie das bemerkt, hat sie sich aber schon längst vom Vertreter getrennt. Sie sollte für ihn im Krankenhaus Adressen stehlen, damit er obskure Apparate an Angehörige verkaufen kann, deren Ängste er mit dem Wissen um Krankengeschichten ausnutzen möchte. Nach anfänglichem Einverständnis dämmert der Krankenschwester, dass die Idee vielleicht doch nicht so gut ist. Der anschließende Streit führt zur Trennung. Gleichzeitig fühlt sie sich immer schlechter. Sie bekommt Unterleibsschmerzen, die kaum mit einer gewöhnlichen Schwangerschaft zusammen hängen können. Während sie versucht, ihren Zustand in den Griff zu bekommen, hat sich der Vertreter bereits an eine ihrer Kolleginnen heran gemacht, die auf denselben bizarren Charme hereinfällt.

Es wäre sicher besser gewesen, wenn Huettner die Uneindeutigkeit des Geschehens zwischen Wahn, Fiebertraum und Wirklichkeit am Ende nicht zugunsten einer klaren Interpretation aufgegeben hätte, die in ihrer Banalität einfach nur ein Schulterzucken verursacht. Denn die Babylon Bildgestaltung vermag zwischendurch eine Intensität anzunehmen, mit der Huettner einmal mehr Qualitäten beschwört, die zu der Zeit im deutschen Genrefilm sonst nicht existierten. Bunt ausgeleuchtete Krankenhausflure mit grell-grünen Bereichen oder ein blutiger Zwischenfall in einem Auto beschwören eine schauerliche Atmosphäre, die einem psychotischen Geist entsprungen scheint. Ihre Mischung aus Schönheit und widerlichem Schrecken bilden einen grausamen Kontrast zur tristen Biederkeit der gewöhnlichen Straßenzüge mit ihren Wohnbehausungen, die sonst im Film zu sehen sind. So erschreckend öde manche Szenerien in „Babylon“ aussehen, so gefährlich ist es auch, daraus auszubrechen. Die Frauen, die sich mit dem Vertreter einlassen, der ohne Zweifel ein schmieriges Arschloch ist, aber mit dem Versprechen auf wilde Abenteuer daherkommt, bekommen die Gefahren zu spüren. Aus solchen Kontrasten hätte sich eine offene, frei interpretierbare, rauschhafte Bilderphantasie entwickeln lassen können, die den Zuschauer auf seine eigenen Ängste zurückgeworfen hätte.

Doch Huettner hatte ein klares Konzept, das er am Ende auflöst. Damit ist die Offenheit der Bilder passe und der Rausch nur noch ein fremder Rausch, weil er eine eindeutige Ursache hat, die aus den Filmfiguren entspringt und nicht mehr dem Kopf des Zuschauers. Damit verrät Huettner das Versprechen der Bilder auf einen Horrortrip zugunsten seiner wohlfeil ausgedachten Konstruktion. Alles fügt sich zu einem braven Miteinander fein aneinandergereihter psychologischer Fragestellungen zusammen, in denen es um den Zusammenhang zwischen Geburt und Tod geht. Der Versuch, mit dem allerletzten Bild dann doch noch einmal zu irritieren, wirkt vor dem Hintergrund der ungeschickten Auflösung, nur noch aufgesetzt.

Bildqualität

Babylon

Das Bild der DVD weist hier und kleinere analoge Defekte auf, die nicht sonderlich stören. Die Schärfe ist in Ordnung, kommt aber aufgrund etwas weicher Konturen und eines reduzierten Detailreichtums nicht über guten Durchschnitt hinaus. Die Farben wirken kräftig, wenn der Film eine intensive Farbdramaturgie besitzt, und blass, wenn es um die tristen Straßenszenen geht. So kommt der Kontrast sehr gut zur Geltung. Das analoge Rauschen ist stets präsent stört aber nicht.

Tonqualität

Der 2.0-Ton verfügt über klare und verständliche Dialoge sowie eine gute Abmischung mit den restlichen Geräuschen. Manchmal würde man sich eine etwas druckvollere Kulisse wünschen, letztlich werden die vorderen Lautsprecher aber gut ausgenutzt.

Extras

Neben einem Interview mit Ralf Huettner (etwa acht Minuten), in dem der Regisseur kurz die Anfänge seiner Regiekarriere Revue passieren lässt, um „Babylon“ mit dessen Machart darin einzuordnen, enthält die DVD noch Huettners etwa 30minütigen Kurzfilm „In Afrika ist Muttertag“. Darin geht es um einen ebenso bizarren wie abseitigen Versicherungsbetrug, in den zwei junge Männer und zwei Frauen verwickelt werden. Die ruhig erzählten Schwarzweißbilder konzentrieren sich unspektakulär auf die sperrig erzählte Geschichte, welche den typischen Charme eines Hochschulfilms ausstrahlt.
Ein Trailer zum Film ist auf der DVD ebenfalls enthalten.

Fazit

„Babylon“ verrät seine offene Geschichte, deren visuelle Gestaltung teilweise einem psychotischen Geist entsprungen zu sein scheint, zugunsten einer klaren Auflösung, die aus einem aufregenden Film eine banale Konstruktion macht. Dadurch enttäuscht der Film. Technisch ist die DVD ordentlich.

Stefan Dabrock

09.05.2010

   
Originaltitel Babylon (BRD 1992)
Länge 86 Minuten (Pal)
Studio Independent Partners
Regie Ralf Huettner
Darsteller Natja Brunckhorst, Dominic Raacke, Veronica Ferres, Michael Greiling, Gerd Lohmeyer, Monika Manz, Rolf Schimpf, Ina Siefert, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch
Untertitel Englisch
Extras Interview mit Ralf Huettner, Kurzfilm „In Afrika ist Muttertag“
Preis ca. 18 EUR
Bewertung gescheitert, technisch ordentlich