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kurzrezension
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1973 stand das italienische Genrekino noch in voller Blüte und eines der damals entstandenen Produkte ist die italienisch-spanische Koproduktion „Der Clan der Killer“, der in Deutschland erstmals auf DVD veröffentlicht wurde.
Nach einem mehrjährigen Knastaufenthalt wird Ricco Aversi (Christopher Mitchum) entlassen. Der erste Weg führt ihn zu seiner Schwester Concetta (Paola Senatore), die mit ihrem Mann (Luigi Antonio Guerra) zwar eine Tankstelle betreibt, aber lieber nackt im Bett herumtollt, als Benzinkunden zu bedienen. Ricco entscheidet sich nach kurzer Sondierung der Lage, Turin aufzusuchen, um seinen Vater (Luis Induni) zu rächen. Der war als Chef einer Gangsterorganisation Konkurrent Don Vito (Arthur Kennedy) lästig geworden. In der Großstadt am Po trifft Ricco schnell auf die attraktive Scilla (Barbara Bouchet), die ein bisschen Falschgeld unter die Leute bringt. Sie will dem jungen Rächer dabei helfen, seine Pläne durchzuziehen. Aber Ricco muss erst noch wissen, wer die Kugel in den Schädel seines Vaters gejagt hat. Deswegen schleicht er sich bei Don Vito ein, stellt seine frühere Geliebte Rosa (Malisa Longo) zur Rede, die nun die Gespielin Don Vitos ist, und wartet nach seinem Abmarsch darauf, dass sie die Information besorgt.
So eine Rachegeschichte lässt sich vortrefflich als zünftiges Spannungskino mit Actioneinlagen oder sogar als Drama inszenieren. Tulio Demicheli hat jedoch einen anderen, unerwarteten Weg eingeschlagen. Er etabliert zunächst Riccos Motive, um sie dann in die Wartehalle zu verfrachten, die er schließlich für die Nacht absperrt, bevor er sie am nächsten Morgen wieder aufmacht.
Denn dem jungen Mann stellen sich zunächst keine schwierigen Probleme in den Weg, er muss sich vielmehr mit Merkwürdigkeiten beschäftigen. Seine dauergeile Schwester setzt den Ton, der mit der offensiven Inszenierung von Scillas Reizen fortgesetzt wird. Zunächst lässt sich Ricco von ihrem Körper blenden, verfolgt sie dann und meistert auch eine Schimpftirade ihrerseits auf lässige Weise. Danach gelangt er mit ihrer Hilfe und einem billigen Trick – er versteckt sich in einem Lieferwagen für Vorräte – in Don Vitos Anwesen, narrt die dortigen Aufpasser mit der Ausrede, er gehöre zum ansonsten aus einem Mann bestehenden Anlieferungsteam, schleicht sich in Rosas Zimmer und flüchtet schließlich aus ihrem Fenster
durch den Garten auf die Straße. Zu recht mault Don Vito danach herum, dass ein ihm unbekannter Mann trotz bewaffneter Handlanger und mehrerer Hunde ein- und ausgehen könne. Ricco spaziert so seelenruhig durch die Szenerie, als mache er einen Sonntagsausflug im Park. Zur schlichten, jegliche Gefahr ausblendenden Präsentation einer Szene mit normalerweise ordentlichem Spannungspotential gesellt sich der Umstand, dass der Film eigentlich vorbei sein müsste. Denn Ricco könnte klar Schiff machen, verzichtet aber darauf, weil ihm die Information fehlt, wer denn nun den Abzug der Pistole betätigt hat, mit der sein Vater erschossen wurde.
Dieser Kniff wirkt wie eine Bluttransfusion, die das Leben des Films verlängert. Ricco macht sich vom Acker und wartet in der großen Stadt darauf, dass Rosa die Information anschleppt. Damit von nun an nicht nur das Bild eines auf dem Stuhl sitzenden Menschen in Wartepose zu sehen ist, vertreiben sich Ricco und Scilla die Zeit mit Gaunereien, die Don Vito reizen sollen. Um den Stillstand zu kaschieren, flüchtet sich das Werk in ein paar Nummern, die entweder skurril oder brutal sind. Meine Lieblingsszene aus dem Reich der schon surrealen Hirngespinste ist Riccos und Scillas Masche, mit der sie zwei Geldeintreiber Don Vitos um die Kohle bringen. Auf nächtlicher, nebelverhangener Straße taucht Scilla mit kurzem Röckchen aus dem Nichts aus, um die beiden älteren Herren zum Anhalten zu zwingen. Dann legt sie einen Strip hin, bis die beiden einer nach dem anderen aussteigen. Ricco wirft die Eintreiber schließlich ins Wasser. Scillas Nebelshow könnte gut und gerne aus einem 1980er Jahre Musikvideo stammen. So absurd wurden die Grenzen des Genrekontextes selten zugunsten reiner Anarchie gesprengt. Leider passiert das auch in „Der Clan der Killer“ nicht so oft wie es die etwas schleppende Handlung benötigt hätte.
Bildqualität
Vor dem Start des Films informiert eine Texttafel für die schwierige Materiallage, die sich schließlich auch in der DVD widerspiegelt. Die Schärfe fällt einfach mager aus, weil die Konturen stets weich sind und Details keine große Rolle spielen. Dafür existieren keine nennenswerten Defekte oder Verschmutzungen. Die Farben sind etwas ausgebleicht, der gesamte Transfer wirkt etwas dunkel. Analoges Rauschen existiert in wechselnder Stärke ebenfalls. Möglicherweise wurden Rauschfilter eingesetzt, die die Schärfe ein wenig reduziert haben. Dank des ruhigen Bildstandes lässt sich der Film aber trotz der altersbedingten Schwächen gut anschauen.
Tonqualität
Die Mono-Tonspuren weisen nur leichtes Hintergrundrauschen. Die englischen Dialoge klingen etwas dumpfer als die deutschen, manchmal leiert die Musik. Auch hier liegen die Schwächen an der schwierigen Materiallage. Da die Dialoge aber verständlich bleiben, kann man mit dem Ergebnis gut leben.
Bedauerlicherweise können die deutschen Untertitel bei der englischen Version nicht abgestellt werden. Bei der deutschen Version kann man wählen, ob Untertitel dauerhaft eingeblendet werden sollen, nur bei den Szenen, für die keine deutsche Synchronisation vorlag, oder ob man ganz darauf verzichten will.
Extras
Das Bonusmaterial besteht aus dem deutschen Titelvorspann, einem alternativen Ende aus der deutschen Fassung und einer Bildergalerie. Das alternative Ende geht einfach früher aus dem Film heraus und es besitzt eine veränderte Tonspur. Dadurch bekommt der Film einen ganz anderen Tenor.
Fazit
„Der Clan der Killer“ führt seine Geschichte ein, bremst dann massiv ab und hält sich mit teilweise absonderlich grotesken Nummer über Wasser, bevor er am Ende wieder Fahrt aufnimmt. Spannung und Drama spielen dabei eine untergeordnete Rolle, es geht vielmehr um einzelne Szenen. Technisch besitzt die DVD Schwächen, die auf die schwierige Materiallage zurückgehen.
Stefan Dabrock
17.06.2013
Originaltitel | Ricco (Italien 1974) |
Länge | 90 Minuten (Pal) |
Studio | Motion Picture |
Regie | Tulio Demicheli |
Darsteller | Christopher Mitchum, Barbara Bouchet, Malisa Longo, Eduardo Fajardo, Manuel Zarzo, José María Caffarel, Ángel Álvarez, Arthuer Kennedy, Paola Senatore, Luis Induni, Víctor Israel, u.a. |
Format | 1:2,00 (16:9) |
Ton | Mono Deutsch, Englisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Deutscher Titelvorspann, Alternatives Ende der deutschen Kinofassung, Bildergalerie |
Preis | ca. 23 EUR |
Bewertung | unterm Schnitt, technisch mit altersbedingten Schwächen |