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rezensionen

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kurzrezension

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21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
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dvd

Palazzo Mysterio

Briefe aus dem Jenseits

Film Noir Nr. 10: alle Filme

Briefe aus dem Jenseits

Die freie Henry James-Adaption „Briefe aus dem Jenseits“ nach der Novelle „Die Aspern Schriften“ wurde vornehmlich aus Vermarktungsgründen in die Film Noir-Reihe aufgenommen, ist sie doch eher ein Schauermelodram.
Der Verleger Lewis Venable (Robert Cummings) möchte unbedingt die verschollenen Liebesbriefe des verschwundenen Dichters Jeffrey Ashton finden, um sie der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können. Unter falschem Namen reist er als Schriftsteller getarnt nach Venedig, wo Ashtons Liebe Juliana Borderau (Agnes Moorehead) in hohem Alter in einem Palazzo wohnt. Venable mietet sich bei Juliana und deren Nichte Tina (Susan Hayward) unter dem Vorwand ein, seinen aktuellen Roman in Ruhe schreiben zu können, will aber die Briefe an sich bringen. Während seines Aufenthaltes wird er jedoch in die mysteriöse Welt der Borderaus gezogen. Julianas Existenz scheint angesichts ihres gealterten Körpers zunehmend absurd und Tina, die am Tag abweisend kühl agiert, nimmt nachts die längst vergangene Persönlichkeit Julianas an, um in der Illusion einer Liebe zu Ashton Erfüllung zu suchen.

Venable wird im Palazzo der Borderaus mit einer rätselhaften Stimmung konfrontiert, die seine Erwartungen sprengt, aber durchaus mit der mythischen Kraft im Einklang steht, die Ashtons verschollene Liebesbriefe umweht. Als Jäger des verlorenen Schatzes agiert Venable wie ein romantischer Abenteuerheld, der erst verschlungene Pfade gehen muss, um an sein Ziel gelangen zu können. Der Palazzo reflektiert mit seinen vielen Zimmern sowie einer Briefe aus dem Jenseits verwinkelten Architektur, zu der ein Gang und eine Wendeltreppe gehören, das Rätsel, das den Schatz der Briefe abschottet. Die Kamerabewegungen strahlen eine Leichtigkeit aus, die wie ein verführerisches Trugbild einen Sog entwickelt, dem sich Venable ausgesetzt sieht.
Er verfällt der Anziehungskraft Tinas ebenso wie er die Liebesbriefe begehrt. Ihr Wechselspiel aus kühler und warmherziger Art, das mit dem Identitätswechsel verknüpft ist, lässt den Verleger nicht mehr los. Ausgerechnet die Illusion der Gefühle, die Tina als Juliana empfindet und auslebt, vervollständigen den Bann, in den Venable gerät. Er ist in einem Netz aus romantischen Ideen und Wünschen gefangen, das mit verzweigten Verästelungen eine große Kraft besitzt, seine melancholische Schauernatur aber nicht verbergen kann.

Die Phantasmagorie, der Venable zunehmend erliegt, droht auch seine Wahrnehmung zu vernebeln. Das ihre Natur keine Lebenskraft besitzt, macht der Film in jeder Hinsicht deutlich. Der Palazzo strahlt einen leicht muffigen Charakter aus, der als Zeichen des begonnenen Verfalls andeutet, das hier die Fallstricke eines Irrwegs lauern. Das Jenseits scheint sich der Mauern bereits bemächtigt zu haben, um eine parallele Welt im Diesseits aufzubauen, die ein dauerhaftes Schicksal ohne Entwicklungsmöglichkeiten besiegelt. Juliana, die man zumeist nur undeutlich zu sehen bekommt, haust als enigmatische Gestalt in diesem Palazzo, ohne positive Lebenskraft ausstrahlen zu können. Das trübe Zwielicht, das nur selten auf harte Licht-Schatten-Kontraste setzt, baut eine indifferente Atmosphäre auf, die weder völlige Düsternis noch emotionale Erfüllung reflektiert. Stattdessen herrscht jenseits ausgewählter Schlüsselmomente – Tinas Wechsel zu Julianas Identität wurde zur Verstärkung der scheinbaren Gefühlskraft hell ausgeleuchtet - die unentschiedene Natur einer Zwischenwelt vor. Die Konfrontation mit der Kraft eines romantischen Illusionsgebildes zwingt Venable, sich mit seinem Verständnis von der Liebe auseinanderzusetzen. Martin Gabel hat diese Prüfung auf wunderbar schauerliche und melancholische Weise in Szene gesetzt.

Bildqualität

Briefe aus dem Jenseits

Die Grundlage für die DVD war recht gut erhaltenes Material, das aber erwartungsgemäß sichtbare Alterserscheinungen zeigt. So tauchen immer wieder leichte analoge Defekte wie dünne Laufstreifen oder etwas Verregnung auf. Das hält sich aber in einem Rahmen, der nicht nennenswert ins Gewicht fällt. Die Schärfe ist relativ schwach ausgeprägt, da sich zu weichen Konturen auch eine eingeschränkte Detailfreude gesellt. Der Kontrast neigt dazu, helle Bereiche etwas überstrahlen zu lassen und dunkle mit eingeschränkter Durchzeichnung wiederzugeben. So ist in einigen Einstellungen die Textur des schwarzen Kleides, das Tina trägt, nicht zu erkennen. Jenseits solch herausfordernder Aufgaben, macht der Kontrast aber eine ordentliche Figur. Das analoge Rrauschen stört nicht, der Bildstand ist erfreulicherweise sehr ruhig, sodass man den Film genießen kann.

Tonqualität

Die Tonspuren weisen ein erwartbares Hintergrundrauschen auf, das nichts besonders stark ist. Daher lassen sich die Dialoge gut verstehen. Leichte Verzerrungen gibt es, ohne dass sie stören.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einer Bildergalerie und aus einem 12-seitigen Booklet, das wie bei der Reihe üblich in die buchartige Hülle eingeklebt ist. Darin nimmt Tomas Willman einige stilistische Motive des Films auf, ordnet das Werk mit seiner Produktionsgeschichte in den Kontext der damaligen Filmindustriegegebenheiten ein und nennt biografische Hintergründe zu Regisseur und anderen Stabmitgliedern. In einem etwas gekünstelten Bogen versucht er dann noch die Noir-Einordnung herzuleiten. Dabei muss er sich aber so verbiegen, das dieser Versuch nicht gelingt.

Fazit

„Briefe aus dem Jenseits“ erweist sich als intensives Schauermelodram, das die suggestive Kraft der Wünsche, Liebe und Illusionen in einer morbid-romantischen Erzählung auslotet. Technisch ist die DVD in Ordnung.

Stefan Dabrock

25.01.2013

   
Originaltitel The Lost Moment (USA 1947)
Länge 85 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Martin Gabels
Darsteller Robert Cummings, Susan Hayward, Agnes Moorehead, Joan Lorring, Eduardo Ciannelli, John Archer, Frank Puglia, Minerva Urecal, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Bildergalerie, 12-seitiges Booklet
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gut, technisch in Ordnung