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rezensionen

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06.01. Die Mörderklinik
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kurzrezension

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22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

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Im Tal der Farblosigkeit

Königreich des Verbrechens

Königreich des Verbrechens

Dass die Vermarktung des Films ein anderes, stärker am Actionkino orientiertes Werk vermuten lässt, was dem tatsächlichen Film jedoch in keiner Weise gerecht wird, wurde bereits in anderen Texten zu „Königreich des Verbrechens“ hinreichend erwähnt. Aber auch von einem anderen Blickwinkel aus betrachtet, sind die Qualitäten des Films recht begrenzt.
Der 18jähige Josh verliert seine Mutter, weil sie sich mit einer Überdosis Heroin ins Jenseits befördert hat. Noch am selben Abend kommt seine Großmutter vorbei, um ihn abzuholen, denn einen Vater gibt es nicht mehr. Fortan lebt Josh bei seiner Großmutter und deren Söhnen, die zusammen eine kriminelle Allianz gebildet haben. Auch wenn sich die Männer in den Vordergrund spielen, die Fäden scheinen in Wirklichkeit bei Joshs Großmutter zusammen zu laufen, die mit Geschick Einfluss ausübt. Da die Polizei die Brüder auf dem Kieker hat, ist einer von ihnen aus Furcht vor dem Tod abgetaucht. Josh wird zunehmend in die Welt des Verbrechens hineingezogen, ohne zunächst wirklich zu verstehen, was im Detail vor sich geht. Die Polizei glaubt, in ihm ein schwaches Glied gefunden zu haben, und versucht, ihn zu Aussagen gegen seine Familie zu bewegen. Da vor allem sein ältester Onkel ahnt, dass von dieser Seite eine Gefahr für ihn droht, muss Josh um sein Leben fürchten.

Zugegebenermaßen wäre es möglich gewesen, den Film als zünftiges Gangsterkino mit Actioneinlagen zu verfilme, aber Regisseur David Michôd hat einen ganz anderen, vom Ansatz her wunderbaren Weg gewählt. Ihm geht es nicht um die Dynamik des Verbrechens, das sich mit Rasanz seinen Weg gegen gesellschaftliche Widerstände freischießt, sondern ihm geht es um die innere Dramatik einer Gruppe relativ gewöhnlicher Krimineller, die um die eigene Existenz kämpfen. Als „Kleinunternehmer“ gehen sie ihrem Geschäft nach, weil es das einzige ist, was sie können, wenn auch mehr schlecht als recht. Denn besonders wohlhabend sind Joshs Onkel nicht. Sie bewohnen ein schlichtes Haus in einer Vorortsiedlung. Weil die Geschäfte schwierig geworden sind und die Polizei ein immer größeres Risiko darstellt, kommen sogar Überlegungen auf, das Geld zukünftig im Aktienhandel zu verdienen. Das Verbrechen wird nicht ausgeübt, weil man unbedingt kriminell sein will, sondern weil sich Königreich des Verbrechens bislang nichts anderes geboten hat. Es wäre gegen eine legale Tätigkeit ohne Schwierigkeiten austauschbar, wenn die Fähigkeiten oder der Antrieb dazu vorhanden wären. Der Ansatz einer Innensicht auf eine solche Gruppe schlichter Gangster mit ihren Sorgen und Nöten, die sich letztlich kaum von denen gewöhnlicher Arbeitnehmer unterscheiden, gehört zu den Stärken des Films. Sie böte die Chance, dem Milieu neue, dramatische Seiten abzugewinnen, und jenseits einer irrealen Glitzerwelt die Tristesse auszuloten, die oftmals die soziale Wirklichkeit der Gauner bestimmt.

Damit hat es Regisseur David Michôd aber zu gut gemeint, denn die Tristesse die er heraufbeschwört ist gleichzeitig eine Tristesse der Dramaturgie. In jeder Szene des Films regiert eine dumpfe Stumpfheit des Geistes, die jegliche Aktion der Figuren mit dem Makel einer grenzenlosen Dösigkeit brandmarkt. Die Menschen erinnern an langsame Romero-Zombies, die nicht begreifen, wie die Welt beschaffen ist. Am deutlichsten tritt das bei Josh zu Tage, dessen passive, emotionslose Art möglicherweise ein Spiegel seiner wenig erfreulichen Jugend sein soll. Da diese jedoch im Film nicht vorkommt – der Herointod seiner Mutter ist zu rudimentär, um als Charakterisierung zu dienen – fehlt ein emotionaler Ankerpunkt, um ein inneres Drama der Figur abbilden zu können. Stattdessen zeigt Michôd wie sich Josh brav von seiner Freundin trennt, als das verlangt wird, oder einfach stumm beziehungsweise ohne irgendeine Ausdrucksfähigkeit in der Gegend herumsteht. Michôd begeht den Fehler, keine inneren Zustände auszuloten, weil er sich nicht mit Entwicklungen, Ursachen oder anderen über den Zustand der Figuren hinausgehenden Faktoren beschäftigt. Er präsentiert nur ein unverständliches Nichts. Ohne Anknüpfungspunkt bleibt die Tristesse ohne Belang. Sie ist letztlich nur ein Ausstellungsstück in den Händen eines Regisseurs, der sich für clever hält, einen speziellen Weg der Nichtdramaturgie entwickelt zu haben. Das gilt auch für die übrigen Handlungsträger. Alles was „Königreich des Verbrechens“ zeigt, ist ihre völlige Ideenlosigkeit.

Die einzige Ausnahme bildet Joshs Großmutter, die von Jacki Weaver tatsächlich exzellent gespielt wird. Sie vermittelt ein inneres Spannungsverhältnis, das den übrigen, im eigenen Saft schmorenden Charakteren völlig abgeht. Weaver legt ihre Figur mit einer Mischung aus Beschützerinstinkt, Schlichtheit und Bauernschläue an, die absolut sehenswert ist. Vielleicht ging es Michôd ja darum, aus dem Spannungsverhältnis zwischen dem weiblichen Familienoberhaupt und dem Rest der Bande ein Drama zu schmieden. Das ist für einen 108minütigen Film aber etwas mager.

Bildqualität

Das Bild der Bluray verfügt über ein harmonisches Miteinander aus klaren Konturen sowie Detailschärfe, ohne dass eine hyperreale Visualität erreicht wird. Die Falle übertriebener Kantenschärfung wurde umgangen. Daraus ergibt sich eine gute Bildpräsenz, die sich auch auf eine kräftige Farbdarstellung stützen kann. Der ausgewogene Kontrast sorgt für eine differenzierte Wiedergab der einzelnen Elemente. In dunkeln Szenen werden keine wichtigen Details verschluckt, der Schwarzlevel ist kräftig. Nennenswertes Rauschen gibt es nicht.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren verfügen über eine präsente, räumliche Abmischung, bei der vor allem die Musik auch die hinteren Lautsprecher gut nutzt. Hinzu kommen gelegentliche Effekte einzelner Nebengeräusche, während sich das Tongeschehen ansonsten hauptsächlich in den vorderen Lautsprechern abspielt. Das ist angesichts des ruhigen Charakters des Films aber auch nicht verwunderlich. Die Dialoge sind klar und bei der Originalfassung für den Kenner des australischen Akzentes auch gut verständlich. Sonst helfen die Untertitel.

Extras

Königreich des Verbrechens

Der Audiokommentar von Regisseur David Michôd ist eine extrem träge Angelegenheit. Michôd hangelt sich von Redepausen über belanglose Lobhudeleien einiger Darsteller oder anderer Aspekte des Films bis zu kurzen Anflügen informativer Art, wenn er auf die Gestaltung des Films eingeht. Insgesamt kann man festhalten, dass Michôd einfach keinerlei erzählerische Fähigkeiten besitzt, um einen Audiokommentar zu tragen.
Um so überraschender ist es, dass das etwa 68minütige Making Of gut ausgefallen ist, schließlich hat Michôd auch hieran einen großen Anteil. Die Mischung aus Interviews mit Regisseur David Michôd, Produzentin Liz Watts sowie einigen Darstellern und B-Roll-Aufnahmen vom Set oder der Proben geht auf die verschiedenen Stationen der Filmentstehung ein. Vom Prozess des Schreibens über das Casting bis zu den Proben und den Dreharbeiten werden die zentralen Aspekte beleuchtet. Dabei erfährt man einiges über die kreative Zusammenarbeit der einzelnen Stabmitglieder.
Ein Trailer zum Film ist auf der Bluray ebenfalls enthalten.

Fazit

„Königreich des Verbrechens“ scheitert am Versuch eines Dramas, weil der Film in der gleichbleibenden Schilderung völliger Passivität und einer Dumpfheit des Geistes stirbt. Die wenigen Abweichungen von dieser Regel beziehungsweise die Figur des weiblichen Familienoberhauptes mit ihrer aktiveren Rolle bilden nicht genügen Anknüpfungspunkte für ein funktionierendes Spannungsverhältnis. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

12.05.2011

   
Originaltitel Animal Kingdom (Australien 2010)
Länge 108 Minuten (24p)
Studio Koch Media
Regie David Michôd
Darsteller James Frecheville, Jackie Weaver, Joel Edgerton, Luke Ford, Sullivan Stapleton, Ben Mendelsohn, Guy Pearce, Dan Wyllie, Mirrah Foulkes, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch, DD 2.0 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von David Michôd (Regie), Making Of, Trailer
Preis ca. 19 EUR
Bewertung gescheitert, technisch gut