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kurzrezension

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Überleben

Ein Zug für zwei Halunken

Ein Zug für zwei Halunken

Zu den bekanntesten Werken Robert Aldrichs gehören „Rattennest“ (Kiss Me Deadly, USA 1955), „Der Flug des Phönix“ („The Flight of the Phoenix“, USA 1965) und „Das dreckige Dutzend“ („The Dirty Dozen“, USA 1967). Mit „Ein Zug für zwei Halunken“ hat Koch Media nun einen der letzten großen Filme des Hollywood-Regisseurs auf DVD herausgebracht.
Anfang der 1930er Jahre hat die große Depression Amerika im Würgegriff. Zahllose Eisenbahntramps bevölkern das Land, um auf Güterzügen durch die Staaten zu reisen. Die Zugbegleiter haben für die blinden Passagiere nichts übrig. Shack hat sich einen Namen als besonders brutaler Geselle gemacht. Wer auf seinem Zug Nummer 19 umsonst mitfahren will, der ist seines Lebens nicht mehr sicher, weil Shack mit Hammer, Kette oder anderen Werkzeugen gegen blinde Passagiere vorgeht. A No. 1, der König der Eisenbahntramps, will sich davon jedoch nicht einschüchtern lassen. Er fordert Shack heraus, um sich endgültig unsterblich zu machen, indem er auf Shacks Zug mitfährt.

Etwa vierzig Minuten verwendet Robert Aldrich darauf, um die beiden Kontrahenten einzuführen. Die kompromisslose, brutale Persönlichkeit Shacks wird nicht nur im Umgang mit den Eisenbahntramps deutlich, auch gegenüber sonstigen Menschen pflegt er ein herrisches Auftreten. Aldrich baut durch das sorgsame Portrait dieser Figur ein Spannungspotential auf, das er mit der Charakterisierung des Eisenbahntrampkönigs perfekt verfeinert. Lee Marvin als A No. 1 ist ebenso durchsetzungsfähig wie schlitzohrig. Als er im Wagen eines Zuges eingesperrt ist, setzt er das Stroh in Brand, damit er schließlich durch die Holzplanken der Seitenverkleidung springen kann, nachdem diese durch das Feuer brüchig geworden sind. Überlebenswille und Cleverness treffen aufeinander. Aldrich baut beide Figuren konsequent als Meister ihrer jeweiligen Rolle auf, so dass die folgende Auseinandersetzung extreme Spannung verheißt, noch bevor sie begonnen hat. Das Duell zwischen Shack und A No. 1 entwickelt sich schließlich als harter Kampf ums Überleben, bei dem zu Äxten oder Ketten gegriffen wird. Das angespannte wirtschaftliche Umfeld fördert einen brutalen Sozialdarwinismus an die Oberfläche, bei dem die beiden nicht gewinnen können. Sie werden zu Handlangern einer Ein Zug für zwei Halunken Wirtschaftsordnung, welche die Habenichtse und die, die wenig haben, zugunsten des Geldkreislaufes aufeinander hetzt. Die Auseinandersetzung zwischen Shack und A No. 1 ist ein symbolischer Kampf, mit dem Aldrich seine gesellschaftskritische Haltung zum Ausdruck bringen will. Vor dem Hintergrund knapper Ressourcen hat eine Verrohung eingesetzt, von der diejenigen profitieren, die als unsichtbare Machtfaktoren im Hintergrund bleiben können. Die unteren Angestellten aber und die Habenichtse reiben sich gegenseitig auf. Ernest Borgnine als Shack offenbart mit abgrundtief böser Mine einen Blick in die Abgründe des Menschen, der sich instrumentalisieren lässt, ohne selbst einen Vorteil zu verzeichnen. „Ein Zug für zwei Halunken“ ist ein finsterer, ganz und gar grimmiger Abgesang auf die solidarischen Fähigkeiten des Menschen jenseits klar strukturierter Interessengruppen.

Bildqualität

Ein Zug für zwei Halunken

Das Bild der DVD ist gut gelungen, weist aber leichte Schwächen auf. Die Schärfe des sauberen Transfers überzeugt mit klaren Konturen, verfügt aber über einen eingeschränkten Detailreichtum, so dass das Bild etwas weich wirkt. Die Farbwiedergabe ist recht gut gelungen, da der visuelle Eindruck ineinanderfließender Töne gut auf die DVD übertragen wurde, nur etwas kräftiger hätten sie ausfallen können. Der Kontrast ist etwas zu intensiv, so dass manche Szenen nicht so differenziert wirken wie man sich das wünschen würde. Hinzu kommt ein milchiger Eindruck bei schwarzen Tönen. Das analoge Rauschen ist sichtbar, stört aber nicht.

Tonqualität

Der englische Originalton überzeugt mit gut verständlichen Dialogen, die ohne Verzerrungen und Rauschen wiedergegeben werden. Die Musik unterstreicht das Geschehen mit einer gelungenen Dynamik. Der deutsche Ton kann hier nicht ganz mithalten, da es zu leichten Verzerrungen kommt und der Klang etwas hohl wirkt. Verständlich sind die Dialoge aber auch hier.

Extras

Im Audiokommentar analysiert Filmhistoriker Dana Polan fast ohne Pause den Film, indem er teils szenenspezifisch und teils übergeordnet Motive sowie inszenatorische Mittel des Films offenlegt und ausdeutet. Ein wunderbarer Audiokommentar, dessen Gedanken man nicht in allen Punkten folgen muss, der aber immer fundiert ist.

Das etwa siebenminütige Making Of besteht aus Filmausschnitten, B-Roll-Material und kurzen Interviewsequenzen in schwacher Videoqualität. Ein Oberkommentar berichtet über die packenden Qualitäten des Films und den Aufwand, den so manche Szene gekostet hat. Das ganz ist weniger informativ als nostalgisch hübsch.

Mehrere Trailer und Teaser sowie eine Bildergalerie sind auf der DVD ebenfalls enthalten.
Das 28seitige Booklet überzeugt mit einem langen, seltsamerweise ohne Autorenangabe abgedruckten Text über die Regiekarriere Rober Aldrichs, der prägnant die einzelnen Stationen beleuchtet und sie interpretierend einordnet. Daneben ist ein kurzer Text von Robert Aldrich selbst, ein faszinierendes Gespräch zwischen Aldrich und François Truffaut, ein Text über die Entstehung des Films und eine Analyse über „Ein Zug für zwei Halunken“ enthalten, indem einige Motive des Films wie Macht oder Hass näher beleuchtet werden. Ein sehr gutes, lohnenswertes Booklet.

Fazit

„Ein Zug für zwei Halunken“ ist das grimmige Portrait einer Gesellschaft in Zeiten wirtschaftlicher Depression, in der brutaler Sozialdarwinismus statt eines solidarischen Miteinander gefördert wird. Technisch ist die DVD recht gut.

Stefan Dabrock

18.03.2011

   
Originaltitel Emperor of the North (USA 1973)
Länge 116 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Robert Aldrich
Darsteller Ernest Borgnine, Lee Marvin, Keith Carradine, Charles Tyner, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch, Italienisch
Untertitel Italienisch
Extras Audiokommentar von Dana Polan, Making Of, Bildergalerie, Trailer, 28seitiges Booklet
Preis ca. 14 EUR
Bewertung gut, technisch recht gut