Artisten in der Nazi-Villa

Todeskommando Panthersprung

Todeskommando PanthersprungDer italienische Regisseur Gianfranco Parolini ist vor allem für seine zwei „Sabata“-Filme „Sabata“ (1969) und „Sabata kehrt zurück“ (1971) bekannt, die er unter dem Pseudonym Frank Kramer mit Lee van Cleef in der Hauptrolle drehte. Parolinis Faible für seltsame Waffen und Artistik, das in den beiden Italowestern sehr schön zu Ausdruck kommt, bestimmt auch den zuvor entstandenen „Todeskommando Panthersprung“. Hier verkörpert Gianni Garko, mit dem Parolini schon bei „Sartana – Bete um deinen Tod“ („Se incontri Sartana prega per la tua morte“, 1968) zusammen gearbeitet hatte, einen amerikanischen Offizier, der im Zweiten Weltkrieg ein fünfköpfiges Kommando anführt. Ihr Auftrag besteht darin, den Erfolg der Alliierten auf italienischem Boden zu sichern, indem sie Hitlers Pläne für dessen Gegenoffensive ausspionieren. Sie lagern in dem Tresor einer Villa, die der Deutschen Wehrmacht als zentraler Kommandostützpunkt dient. Der SS-Standartenführer Hans Müller herrscht dort mit eiserner Hand, um jegliche Partisanenaktivitäten oder sonstige Aktionen des italienischen Widerstandes im Keim zu ersticken. Aufgrund der speziellen Aufgabenstellung kümmert sich der durch Garko verkörperte Offizier weniger um die Schießkünste seiner Mitstreiter als um deren andere Fähigkeiten. Artistik gehört bei einem der Soldaten ebenso dazu wie ein ausgewiesener Tresorknacker mitgenommen wird, um hinter den feindlichen Linien das gefährliche Kommandounternehmen durchzuführen.

„Todeskommando Panthersprung“ ist das ideale Beispiel für einen Film, der durch eine Vielzahl absurder Einfälle ein hohes Unterhaltungspotential aufbaut, aber trotz der Irrealität vieler Ereignisse Dank einzelner Handlungsstränge über reine Abenteueraction hinaus geht. Die alte deutsche Fassung beschränkt sich aufgrund der zahlreichen Schnitte allerdings nur auf die Abenteueraspekte. Da der Film nun ungeschnitten vorliegt, lässt sich dessen ganz Bandbreite würdigen. Unterhaltsame Action bildet einen zentralen Pfeiler in Parolinis Art, seine Geschichten zu erzählen. In diesem Fall schleppen die fünf Soldaten im Rucksack ein Mini-Trampolin mit, um die artistischen Fähigkeiten eines ihrer Kameraden für das Unternehmen zu Todeskommando Panthersprung nutzen. Ob hohe Fenster oder unter Hochspannung stehende Zäune, kein Hindernis ist dem Soldaten mit Zirkustalent zu schwierig. Ein Baseball, der innen hohl ist, dient sowohl als lautlose Waffe gegenüber dem Feind als auch dazu, die Fotos der Angriffspläne sicher durch die feindlichen Linie zu bringen. In solchen Szenerien verliert der Krieg scheinbar seinen Schrecken, da er wie ein großer Spielplatz für trickreiche, große Jungs daher kommt. Die Sichtweise auf das Kampfgeschehen entspricht der Wahrnehmung Heranwachsender, welche die Dimension des Ganzen nicht erfassen können. Die Soldaten agieren eher wie die gewitzten Helden in einem Italowestern als dass sie Militärangehörigen in einem Krieg ähneln, der zahlreiche Kameraden dahingerafft hat.

Parolinis Stärke besteht nun darin, sich nicht einfach nur auf das forcierte Inszenieren launiger und absurder Actionszenen zu konzentrieren, die den Krieg aus einer Schutzposition heraus betrachten, sondern diesen Aspekten ernsthaftere Handlungsteile an die Seite zu stellen. Dafür ist vor allem Klaus Kinski als SS-Standartenführer Hans Müller zuständig. Er geht mit absolut kaltblütiger Hand gegen Partisanen und solche Personen vor, die er für Sympathisanten des Widerstandes hält. Die absurden Actionszenen erfahren dadurch eine Relativierung, ihr Abenteuercharakter findet in der Folter Müllers einen Widerspruch. Gleichzeitig gelingt Kinski eine unfassbare Darstellung des brutalen SS-Mannes, wenn es um seine Beziehung zur Helga Richter geht, die für die Todeskommando PanthersprungDeutschen arbeitet, aber in Wirklichkeit den italienischen Widerstand sowie das Kommandounternehmen der Amerikaner unterstützt. Mit versonnener Miene giert er danach, Helga in sein Bett zu bekommen, obwohl er sie möglicherweise längst durchschaut, in jedem Fall aber im Verdacht hat. Dabei geht es ihm aber nicht um echte Gefühle, sondern um das Ausleben seiner dekadenten Machtposition, an der er Gefallen gefunden hat. Sie bedeutet ihm mehr, als irgendwelche Ideologien oder sonstige Ziele. Durch seine abgründige Darstellung, die das Düstere in ruhigen Gesten ohne exzentrische Ausbrüche sucht, verleiht Kinski seiner Figur eine ungeahnte Dimension, die dem Kriegsgeschehen eine weitere Facette hinzufügt. So lange die Kampfeshandlungen ohne Sieger andauern, kann SS-Mann Hans Müller seine Macht in der inselartig abgeschotteten Villa genießen. Der Krieg, so die bittere Erkenntnis, hat seine temporären Gewinner.

Bildqualität

Das Bild wirkt recht sauber und weist nur wenige Defekte auf. Auch die Schärfe ist angesichts des Filmalters in Ordnung, bleibt aber meistenteils nur angenehm. Das gilt vor allem für die Detailschärfe, welche nur gering ausgeprägt ist. Die Farben überzeugen durch kräftige Töne, der Kontrast macht eine weitgehend gute Figur. In dunklen Szenen werden allerdings gelegentlich Details verschluckt. Neben der üblichen Körnigkeit treten nur selten Rauschmuster in Erscheinung.

Tonqualität

Die Tonspuren entsprechen der üblichen Mono-Qualität. Leichte Verzerrungen bei den Höhen treten in Erscheinung, ohne das die Verständlichkeit der Dialoge gefährdet ist. Am stärksten ist der italienische Ton verzerrt, während die beiden anderen Fassungen davon weniger betroffen sind. Der italienische Ton fällt zudem etwas dumpfer aus. Das Hintergrundrauschen hält sich jeweils in Grenzen.

Extras

In dem etwa 45minütigen Beitrag „Helden in der Hölle“ kommen hauptsächlich Regisseur Gianfranco Parolini, sowie die Darsteller Gianni Garko und Sal Borgese zu Wort. Sie erinnern sich sowohl an die Dreharbeiten, stellen Bezüge zu eigenen Kriegserlebnissen her, sprechen über ihre Kollegen bei diesem Film und ordnen das Werk stilistisch ein. Daraus ergibt sich ein schönes Gesamtbild zu zahlreichen Hintergründen des Films. Besonders spannend sind natürlich die Rückbezüge zu eigenen Kriegserlebnissen, die das Geschehen des Films hinterfragen. Eine Bildergalerie, der Trailer sowie ein 8seitiges Booklet (fünfeinhalb Seiten Text), in dem Steve Saunders einige stilistische Aspekte des Films beleuchtet und ein paar zusätzliche Fakten bereit hält, runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Todeskommando Panthersprung“ überrascht durch eine faszinierende Mischung aus Kriegsabenteueraction und finsterer Grimmigkeit, welche die spaßige Szenerie nachhaltig hinterfragt. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Cinque per L'Inferno (Italien 1969)
Länge 88 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Gianfranco Parolini
Darsteller Gianni Garko, Klaus Kinski, Margaret Lee, Sal Borgese, Luciano Rossi, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Helden in der Hölle, Bildergalerie, Trailer, 8seitiges Booklet
Preis ca. 10 EUR
Bewertung gut, technisch in Ordnung