Im
Reich des Drogenkönigs
Pusher 3 - I'm the Angel of Death
siehe auch: Pusher und Pusher 2
Auch
im dritten Teil geht Nicolas Winding Refns "Pusher"-Serie
noch lange nicht die Luft aus. Im Zentrum der Handlung steht diesmal
Milo, der harte Drogenboss mit Ambitionen als Hobbykoch. Seine Tochter
wird am Abend heiraten, Milo wird für die Gäste das Essen
zubereiten. Das ist aber nicht alles, was der Herrscher eines Drogenimperiums
zu tun hat. Statt einer Ladung Heroin wurde ihm Ecstasy geschickt.
Milo kennt sich mit dem Vertrieb der Partydroge jedoch gar nicht aus.
Deswegen möchte er die Ware am liebsten zurückgeben, was
jedoch zeitliche und logistische Schwierigkeiten mit sich bringt.
Also lässt er sich darauf ein, das Ecstasy unter das Volk zu
bringen. Dafür holt er sich einen aufstrebenden Dealer mit ins
Boot, der jedoch verschwindet, ohne das Geld bei Milo abzuliefern,
der seinerseits das Ecstasy bei den Lieferanten noch nicht bezahlt
hat. Während Milo versucht, das Problem zu lösen, muss er
aber nicht nur das Essen vorbereiten, sondern auch noch die Treffen
der anonymen Drogenabhängigen besuchen
Der dritte "Pusher"-Teil funktioniert nicht nur deswegen
ausgezeichnet, weil sich Nicolas Windig Refn eine neue Hauptfigur
ausgesucht hat, sondern weil
der
knallharte Drogenboss aus den ersten beiden Teilen völlig andere
Seiten erhält. Allein die Idee, dass Milo von seinem eigenen
Stoff abhängig ist, beweist Refns Gespür für dramaturgische
Zusammenhänge. Durch die Drogensucht wirkt Milo menschlicher,
als jemals zuvor. Als Zuschauer ist man deswegen bereit, mit ihm mitzufühlen,
obwohl er zuvor als brutaler Gangster gezeigt worden ist. Dabei folgt
der Film nicht dem gängigen Klischee, dass auch ein harter Krimineller
eine weiche Seite hat und zum Beispiel ein treu sorgender Familienvater
ist. Die Schwächen Milos besitzen gegenüber solch gutmenschlichem
Ansinnen eine andere Dimension. Sie zeigen ihn nicht als liebenswerte
Person, sondern stellen seine Verwundbarkeit heraus. Während
des kompletten Films wird die Position Milos ständig in Frage
gestellt. Der Drogenkönig läuft durch sein Reich, in dem
er überall aufsässige Elemente entdeckt. Seine Tochter zieht
ihn bei einer Verhandlung über zukünftige Drogengeschäfte
über den Tisch, die aufstrebenden Dealer versuchen ihn zu betrügen
und seine eigene Disziplin im Kampf gegen die Drogensucht erhält
Risse. Nur ein alter Freund aus den Tagen der vollkommenen Macht erweist
ihm ein letztes Mal die Ehre. "Pusher 3" ist ein Königsdrama,
das einen Herrscher zeigt, den alle vom Thron stoßen wollen.
Aber die Tragödie ist in der Persönlichkeit des Königs
selbst angelegt. Die ganze Verwundbarkeit liegt in ihm selbst begründet.
Das Reich ist brüchig geworden.
Bildqualität
Hinsichtlich
der Bild- Und Tonqualität gibt es nichts Neues an der Pusher-Front:
Aufgrund der einfachen Produktionsbedingungen besitzt "Pusher
II" einen deutlich verrauschten Look, aus dem Nicolas Winding
Refn eine Tugend macht und einen rauen Stil kultiviert. Die Bildschärfe
ist dementsprechend auch schwankend und reicht von gut bis mittelmäßig.
Vor allem der teilweise grelle Farbeinsatz wirkt sich bisweilen auf
die Schärfe aus, so dass in starkes Rotlicht getauchte Szenen
nur angenehm scharf erscheinen. Da Nicolas Winding Refn mit diesen
Aspekten jedoch stilistisch spielt, kann man der DVD keinen Vorwurf
machen. Lediglich der Kontrast besitzt seine Schwächen, wenn
in dunklen Nachtszenen das eine oder andere Detail verschluckt wird.
Ansonsten ist der unverbrauchte Look der DVD gut gelungen.
Tonqualität
Der
5.1-Ton liefert lediglich über die Musik und einige wenige Hintergrundgeräusche
eine räumliche Kulisse. Dies passt aber auch zu der Atmosphäre
des Films, die weniger auf Actionelemente, als auf die Beleuchtung
der Charaktere setzt. Die Dialoge sind klar und verständlich,
störendes Rauschen tritt nicht auf.
Extras
Die
DVD enthält wie die vorangegangenen Teile einen Audiokommentar.
Diesmal sind neben Regisseur Nicolas Winding Refn der Darsteller Zlatko
Buric (Milo) und eine Journalist als Moderator mit von der Partie.
Sehr informativ beleuchten die drei den kreativen Prozess der Stoffentwicklung,
das
Casting, die Dreharbeiten selbst und die Machart des Films, der wie
seine beiden Vorgänger einen direkten Milieuzugang vermitteln
will. Dabei machen die drei keinerlei Pausen, äußern sich
teilweise szenenbezogen und beantworten auf diese Weise viele Fragen,
welche der Film aufwirft. Unter anderem erfährt man auch einiges
über die Sprachen der einzelnen Charaktere, die sich fast nie
auf Dänisch unterhalten. Für alle, die mit den Sprachen
des Balkans nicht so vertraut sind, ergeben sich dadurch zusätzlich
Einblicke in den Film.
Darüber hinaus enthält die DVD ein etwa 28minütiges
Making Of, das sehr hübsch zusammen geschnitten wurde. Dokumentarisches
Material von der Premiere des Films fungiert als eine Art Rahmenhandlung
für die Interviews (mit Darstellern sowie dem Regisseur) und
den Filmausschnitten. Dadurch erhält das Making Of eine eigene
kleine Dramaturgie, in deren Mittelpunkt ein Regisseur steht, der
sein Werk nun aus seinem Machtbereich entlässt und dem Publikum
übergibt. Inhaltlich bietet es interessante Interviews mit den
Darstellern, die ihre persönliche Sicht auf das Projekt erläutern.
Gedreht wurden die Interviews im heimatlichen Umfeld der Darsteller,
beispielsweise in ihrer Wohnung oder am Arbeitsplatz. In den Ausführungen
des Regisseurs steht vor allem das Casting und die Arbeit mit den
Darstellern im Mittelpunkt, die zum großen Teil keinerlei schauspielerische
Erfahrung hatten. Ein sehr gelungenes Making Of.
Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.
Fazit
Etwas
ist faul im Reich des dänischen Drogenkönigs, dessen Machtbereich
durch immer neue Probleme immer weiter beschnitten wird. Emotional
beeindruckend inszeniert Nicolas Winding Refn ein Gangsterdrama über
einen König und sein Beziehungsgeflecht. Technisch ist die DVD
gelungen, das Bonusmaterial lohnenswert.
Stefan Dabrock
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Originaltitel |
Pusher
3 Dänemark 2005) |
Länge |
104
Minuten (Pal) |
Studio |
Galileo
Medien |
Regie |
Nicolas
Winding Refn |
Darsteller |
Zlatko
Buric, Marinela Dekic, Ilyas Agac , u.a. |
Format |
1:1,78
(16:9) |
Ton |
DD
5.1 Deutsch, DD 5.1 Serbo-Kroatisch; DD 2.0 Deutsch, DD 2.0
Serbo-Kroatisch |
Untertitel |
Deutsch |
Extras |
Audiokommentar
von Nicolas Winding Refn (Regie), Zlatko Buric (Darsteller),
Making Of, Trailer |
Preis |
ca.
17 EUR |
Bewertung |
gut,
technisch gelungen |
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