Sex,
Drugs and Baby
Pusher 2
siehe auch: Pusher und Pusher 3

Acht
Jahre nach seinem Erstlingswerk "Pusher" machte sich Regisseur
Nicolas Winding Refn daran, eine Fortsetzung zu drehen. Im Mittelpunkt
des zweiten Teils steht Tonny, der im ersten Film bis zu einem brutalen
Streit der Handlanger seines Gangster-Freundes Frank war. Danach tauchte
er nicht mehr auf. Zu Beginn von "Pusher II" kommt Tonny
aus dem Knast. Ohne jede Perspektive führt ihn der erste Weg
zu seinem Vater, einem professionellen Autoschieber, der für
seinen Sohn keinerlei Respekt übrig hat. Dennoch erweicht er
sich, Tonny eine Chance zu geben. Neben dem schwierigen Verhältnis
zu seinem Vater plagen Tonny ein Haufen Schulden und das Kind einer
Freundin. Sie behauptet, er sei der Vater, und Tonny weiß nur
zu gut, dass dies möglich ist.
Wie im ersten Teil folgt die beobachtende Kamera den Figuren bei ihren
Handlungen. Dabei erzählt "Pusher II" seine Geschichte
ohne eine aufdringliche Dramaturgie mit klaren Spannungsbögen.
Der Film vermittelt vielmehr das Gefühl, für eine zufällige
Zeit an Tonnys Leben Teil zu haben, indem er Szenen montiert, die
typische Aspekte aus seinem aktuellen Leben beleuchten. Wir sehen
ihn beim Koksen oder morgens in Unterhose seine Geschlechtsteile zurechtrücken.
Ganz langsam sickert über die Dialoge dieser Szenen ein stetig
klareres Bild der Figurenbeziehungen in den Film ein. Refn fügt
immer neue Mosaiksteine hinzu, die jedes Mal die innewohnende Bitterkeit
erhöhen. Tonny ist der geborene Außenseiter, welcher sich
in einem vollen Raum alleine fühlt, weil er keinen verbindenden
Zugang zu den anderen Menschen findet. Sein Vater macht ihn auf einer

Feier
vor allen Freunden nieder, die Mutter seines Kindes will nur mit ihm
etwas zu tun haben, damit er sich manchmal um das Kind kümmert
oder um Geld zu bekommen, und zwei Nutten schauen ihm gelangweilt
zu, während er trotz Hardcore-Streifen im Hintergrund keine Erektion
bekommt. Die Liste der Demütigungen, welche Tonny ertragen muss,
ist lang. Wie ein Fremdkörper streift er durch sein eigenes Leben,
das die Geschichte einer völligen Ausgrenzung ist. Soziale Beziehungen
existieren nur in seinem Kopf. Vom Tod seiner Mutter erfährt
Tonny durch die Gegensprechanlage ihrer Hochauswohnung, wo jetzt eine
andere Mieterin zu Hause ist. Vor diesem Hintergrund gewinnt sein
Kind, das ihn nicht ausgrenzen kann, eine immer größere
Bedeutung. Der Schluss lässt sich gerade auch deswegen als emotionaler
Ausbruchsversuch einer geschundenen Seele lesen, die endlich einmal
dazugehören möchte.
Bildqualität
Aufgrund
der einfachen Produktionsbedingungen besitzt "Pusher II"
einen deutlich verrauschten Look, aus dem Nicolas Winding Refn eine
Tugend macht und einen rauen Stil kultiviert. Die Bildschärfe
ist dementsprechend auch schwankend und reicht von gut bis mittelmäßig.
Vor allem der teilweise grelle Farbeinsatz wirkt sich bisweilen auf
die Schärfe aus, so dass in starkes Rotlicht getauchte Szenen
nur angenehm scharf erscheinen. Da Nicolas Winding Refn mit diesen
Aspekten jedoch stilistisch spielt, kann man der DVD keinen Vorwurf
machen. Lediglich der Kontrast besitzt seine Schwächen, wenn
in dunklen Nachtszenen das eine oder andere Detail verschluckt wird.
Ansonsten ist der unverbrauchte Look des Bildes gut gelungen.
Tonqualität
Der
5.1-Ton liefert lediglich über die Musik und einige wenige Hintergrundgeräusche
eine räumliche Kulisse. Dies passt aber auch zu der Atmosphäre
des Films, die weniger auf Actionelemente, als auf die Beleuchtung
der Charaktere setzt. Die Dialoge sind klar und verständlich,
störendes Rauschen tritt nicht auf.
Extras

Im
Zentrum des Bonusmaterials steht natürlich der Audiokommentar
von Nicolas Winding Refn (Regie) Mads Mikelsen (Darsteller) und Jakob
Koffler Journalist), der zwar nicht so gut wie der Kommentar zum ersten
Teil ist, aber auch solide seine Informationen unters Volk streut.
Dabei geht es sowohl um die Drehbedingungen einzelner Szenen, die
Arbeitsweise von Nicolas Winding Refn als Regisseur, man analysiert
die Figur des Tonny und sein Verhalten oder beleuchtet die Musik.
So kommt fast jeder Aspekt des Films zumindest kurz zu seinem Recht,
so dass ein insgesamt gelungener Kommentar entstanden ist.
Hinter "Street Castings" (ca. 18 Minuten) verbergen sich
Statements von Regisseur Nicolas Eindig Refn sowie Pernille Lembecke
(Casting), die sich zur Besetzung der wichtigsten Hauptrollen äußern.
Dabei beschreiben sie anschaulich, welche Eigenschaften ihnen an den
jeweiligen Laiendarstellern gefallen haben und wie sie ihre filmische
Arbeit in Bezug auf das Schauspiel sehen. Ein schöner Beitrag,
der die Machart und Wirkung des fertigen Films verständlicher
macht.
Fazit
Auch
der zweite Teil der "Pusher"-Trilogie überzeugt durch
das intensive Portrait verschiedener Charaktere im kriminellen Milieu.
Dabei entfernt sich Regisseur Nicolas Windig Refn soweit von spaßigen
Gangsterfilmen, die in allem einen zynischen Witz entdecken, wie es
nur möglich ist - wer der "Videowoche" glaubt, ist
selber schuld. Refn nimmt seine Figuren ernst und lässt ihnen
die Würde. Technisch ist die DVD gelungen, das Bonusmaterial
gut.
Stefan Dabrock
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Originaltitel |
Pusher
II (DK 2004) |
Länge |
96
Minuten (Pal) |
Studio |
Galileo
Medien |
Regie |
Nicolas
Winding Refn |
Darsteller |
Mads
Mikkelsen, Leif Sylvester, Anne Sørensen, u.a. |
Format |
1:1,78 |
Ton |
DD
5.1 Deutsch, Dänisch |
Untertitel |
Deutsch |
Extras |
Audiokommentar
Nicolas Winding Refn (Regie) Mads Mikelsen (Darsteller) und
Jakob Koffler (Journalist), u.m. |
Preis |
ca.
20 EUR |
Bewertung |
guter
Film, technisch in Ordnung |
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