Tödliches Spiel mit dem Engelsgesicht

Eine Pistole für Ringo

Eine Pistole für RingoDuccio Tessaris Autorenbeiträge zu Italowestern wie „Für eine Handvoll Dollar“ (im Stab nicht genannt) oder „Der letzte Zug nach Durango“ haben neben den beiden Ringo-Filmen, die unter Tessaris Regie entstanden sind, das Gesicht des qualitativ hochwertigen Italowestern geprägt. Mit Giuliano Gemma stand ihm schon im ersten Ringo-Film „Eine Pistole für Ringo“ der ideale Darsteller für den intelligenten Helden zur Verfügung, der strategisches Denken und physische Durchschlagskraft vereinte. Gemmas unschuldige Ausstrahlung, die auf seine sanften Gesichtszüge zurückzuführen ist, macht ihn in der Rolle des Ringo zu einem gefährlichen Gegener, der leicht unterschätzt wird. Für Ringo, der gerade im Gefängnis sitzt, eröffnet sich eine Möglichkeit, die Freiheit zu erlangen. Mexikanische Banditen haben einen Überfall begangen. Da sie die Grenze aufgrund einer Verwundung ihres Anführers nicht rechtzeitig erreichen konnten, haben sie sich auf einer Hacienda verschanzt und die dort lebenden Menschen als Geiseln genommen. Sie fordern freies Geleit bis zur Grenze. Um ihrem Anliegen die nötige Schärfe zu verleihen, wollen sie täglich zwei Geiseln erschießen. Ringo reitet nach Absprache mit dem Sheriff zur Hacienda, um sich den Banditen als Retter vorzustellen, in Wirklichkeit soll er sie aber in eine Falle locken. Sein Lohn ist die Freiheit sowie eine beträchtliche Summe Geld.

Die Belagerungssituation der Banditen, die aus ihrem Unterschlupf nicht entkommen können, weil draußen der Sheriff mit seinen Leuten lauert, sorgt in Verbindung mit den kammerspielartigen Teilen der Inszenierung, die innerhalb der Hacienda stattfinden, für eine durchgängige Spannungssituation, in der sich Helden wie Banditen sowie die Geiseln bewähren müssen. Das Feld für psychologische Kriegsführung ist ebenso eröffnet wie sich in der Grenzsituation die Fähigkeiten sowie Schwächen der einzelnen Menschen herausschälen. Ringo tritt als eine Art Überfigur ohne Schwächen auf - er trinkt nicht einmal Alkohol, sondern Milch. Er ist der listenreiche, mit Erlöserqualitäten ausgestattete Held, der zur Weihnachtszeit, in der sich das Geiseldrama ereignet, die Dinge im Sinne der Gerechtigkeit ins Lot bringen soll. Geschickt legt er immer wieder neue Köder aus, die bereitwillig geschluckt werden. Tessari Eine Pistole für Ringo inszeniert ein Duell zwischen Intellekt und physischer Kraft, wobei die Stärke Ringos darin besteht, dass er neben seiner Intelligenz auch gut mit der Waffe sowie seinen Fäusten umgehen kann. Die Beschränkungen seiner Gegner, die zwar eine instinktive Intelligenz besitzen, aber nicht im gleichen Maße in der Lage sind, strategisch vorzugehen, besitzt er nicht. Ringo spielt die ausweglose Lage gegen die Banditen aus, denen zunehmend die Kontrolle entgleitet. Obwohl sie an einer Stelle Ringo sogar verdächtigen, für die Gegenseite zu arbeiten, bleibt ihnen mangels Alternativen kein andere Wahl, als Ringos Lösungsvorschlag anzunehmen. Die Erlöserfigur besitzt zwei Seiten. Für die Rechtschaffenden ist er ein Heilsbringer, für die Banditen ein maskierter Teufel. Tessari setzt das Spannungsverhältnis der beiden Pole action- sowie listenreich in Szene. Die Psychologie spielt eine große Rolle in dem spannenden Italowestern-Drama, das zu den besten Vertretern des Genres gehört.

Bildqualität

Eine Pistole für RingoDas Bild der DVD wird nur selten durch Verschmutzungen oder Defekte getrübt. Die Schärfe fällt vor allem angesichts des Filmalters gut aus, da die vielen Innenaufnahmen mit klaren Konturen wiedergegeben werden. Bei Totalen wird das Bild ein bisschen matschig, das stört aber kaum. Die Farben sind relativ kräftig, der ausgewogene Kontrast verhindert nennenswertes Überstrahlen. Auch in dunklen Szenen werden keine wichtigen Details verschluckt. Das sichtbare Hintergrundrauschen bleibt im üblichen Rahmen. Nur selten wird das Bild durch Kompressionsunruhe leicht beeinträchtigt.

Tonqualität

Alle Tonspuren besitzen verständliche Dialoge, die in der deutschen Fassung sehr klar erscheinen, bei seinem italienischen Pendant leicht dumpf wirken und in der englischen Fassung über wenig Klangvolumen verfügen. Der deutsche Ton weist kaum Hintergrundrauschen auf. Etwas schwächer ist die Qualität bei den beiden anderen Spuren. Die leichten Verzerrungen aller Tonspuren stören nicht.

Extras

Die Featurette „They Called Him Ringo“ (etwa 21 Minuten) besteht aus Interviews mit Darstellerin Lorella de Luca und Hauptdarsteller Giuliano Gemma. Während Gemma verstärkt auf die Anfänge seiner Filmkarriere eingeht und sich dabei zu den einzelnen Filme – unter anderem auch „Eine Pistole für Ringo“ - äußert, erzählt de Luca mehr über ihre Beziehung zu Regisseur Duccio Tessari sowie die Atmosphäre im Filmgeschäft der damaligen Zeit. Eine Bildergalerie, Trailer sowie ein Text auf der Innenseite der DVD-Papphülle, in dem es um die Ringo-Figur sowie Biographisches zu Giuliano Gemma geht, runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

Mit „Eine Pistole für Ringo“ liegt einer der wichtigsten Italowestern endlich auch in Deutschland in guter Qualität vor. Tessaris spannungsreiches Spiel, in dem ein intelligenter Held mit Erlöserqualitäten seinen Wissensvorsprung gegenüber den anderen Figuren für immer neue, listenreiche Täuschungsmanöver nutzt, überzeugt durch Tempo und kompakte Inszenierung. Technisch ist die DVD vor allem angesichts des Filmalters gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Una Pistola per Ringo (Italien 1965)
Länge 95 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Duccio Tessari
Darsteller Giuliano Gemma, Fernando Sancho, Lorella De Luca, Nieves Navarro, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Featurrette “They Called Him Ringo”, Trailer, u.m.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung sehr gut, technisch vor allem angesichts des Filmalters gut