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frisch auf den tisch

03.11. Order No. 027

Der Einzelne, die Gemeinschaft und die ErfĂĽllung

Das Buch „Art of DPRK“, in dem zahlreiche Plakate nordkoreanischer Filme nebst Inhaltsangabe abgedruckt sind, benennt das Jahr 2003 als Produktionsjahr für „Order No. 027“, während in der imdb das Jahr 1986 angegeben ist. Auf der Netzseite der Korea Film Export & Import Corporation mit Sitz in Pjönjang, die nach eigenen Angaben die Rechte an sämtlichen in Nordkorea produzierten Filmen besitzt, wird ebenfalls das Jahr 1986 angegeben. Daher ist davon auszugehen, dass das Werk Mitte der 1980er Jahre entstanden ist.


Zu diesem Zeitpunkt spielte die klassische Juche-Ideologie des StaatsgrĂĽnders Kim... mehr

26.08. Saat der Angst

Saat der Angst

Die Frage nach moralisch richtigem Handeln ist ein großes Thema der Philosophie, das von griechischen Klassikern über Cicero bis hin zu Kant und natürlich auch heutigen Denkern immer wieder behandelt worden ist. In Eugenio Martíns „Saat der Angst“ steht die Moral ebenfalls im Vordergrund, allerdings treibt der Gedanke daran bei zwei Schwestern mittleren Alters extrem verquere Blüten.
Marta (Aurora Bautista) und Verónica (Esperanza Roy) betreiben in einem kleinen spanischen Dorf eine Pension. Als sie ihre Mieterin May (Loreta Tovar) auf der Dachterrasse beim Sonnenbaden im Bikini erwischen, während gegenüber ein paar Jugendliche den Anblick johlend begrüßen, will vor alle... mehr

Aufbruch ins Unbegreifliche
Vinyan (Bluray)

VinyanNach seinem kammerspielartigen Horrorfilm „Calvaire - Tortur des Wahnsinns“ zieht es den belgischen Regisseur Fabrice Du Welz bei seinem zweiten Spielfilm in die Weiten des burmesischen Dschungels, in dem eine Welt jenseits des Verstandes lauert. Das Ehepaar Jeanne und Paul hat bei der Tsunami-Katastrophe ihr Kind verloren. Auf einem heimlich in Birma gedrehten Video, das die beiden bei der Veranstaltung einer Hilfsorganisation in Thailand sehen, glaubt Jeanne, ihren verschwundenen Sohn wieder zu erkennen. Die vage Hoffnung veranlasst das Paar, mit der Hilfe eines örtlichen Triadenchefs nach Birma zu fahren, um das Kind zu suchen. Im abgeschotteten Dschungelstaat geraten sie jedoch zunehmend in eine Welt jenseits klassischer Logik hinein.

Fabrice Du Welz kombiniert Ehedrama und Kannibalenfilm zu einer Begegnung mit dem Grauen. Der Schrecken lauert dabei nicht in Szenerien offensichtlicher Gewalt, sondern manifestiert sich in einem Klima abnehmender Logik. Je näher das Paar dem ihnen noch unbekannten Ziel der Reise kommt, desto stärker werden die Elemente, die ihr Verstand nicht mehr erfassen kann. Wie ein schwarzes Loch entzieht das Reiseziel der Realität die Sicherheit, auf die sich der Mensch bei seiner Existenz im Leben verlässt. Was übrig bleibt ist nicht einmal Chaos, denn das wäre eine viel zu logische Analyse der Verhältnisse im burmesischen Dschungel, die sich einer solchen Rationalisierung entziehen. Die Begegnung mit dem absoluten Schrecken angesichts einer düsteren Szenerie jenseits des Verstandes hat für das Ehepaar unterschiedliche Konsequenzen. Während Jeanne die treibende Kraft hinter der Suche war, ist die Fahrt für Paul kaum mehr als ein Abenteuer, da er keine wirkliche Hoffnung hegt, seinen Sohn wiederzufinden. Und so gerät Jeanne, deren emotionales Empfinden viel stärker mit dem Glauben verbunden ist, der Sohn lebe noch, in einen zunehmenden Zustand Vinyan tranceartiger Öffnung zur offenbarten Welt hinein. Paul hingegen verliert seinen Verstand, weil ihm der entsprechende emotionale Zugang fehlt. Auf der kontinuierlichen Reise bis zu seinem Endpunkt entzweien sich die Geschlechter schließlich, die seit dem Beginn ohnehin nur noch Dank eines rationalen Aktes miteinander verbunden waren. Mit dem Verschwinden der Ratio verschwindet dann auch dieses brüchige Band, das nicht etwa durch einen Kampf der Geschlechter getrennt wird, sondern durch die Kraft der Emotionen. Angesichts der Extremsituation kann Paul einfach nicht den Weg gehen, den Jeanne geht, so dass die Mühlsteine der Gefühle ihre Arbeit tun. Die Angst vor dem Auseinanderbrechen der Beziehung, die Angst vor dem Unverständlichen zeigt sich im aufwühlenden Gesicht Rufus Sewells, das der unergründlichen Mimik Emmanuelle Béarts gegenübersteht. Für Paul wird sie schließlich Teil der Grenzerfahrungselemente, die er nur noch von außen betrachten kann. Du Welz findet das Unergründliche auch in wundervollen Scope-Bildern des Dschungels, ohne einen esoterischen Selbstfindungsgenuss angesichts der prächtigen Natur zu bedienen. Die visuelle Gestaltung verbindet sich vielmehr auf gelungene Weise mit der Angst, die dem Schrecken vorangeht.

Bildqualität

VinyanDie teilweise recht körnigen Bilder transportieren die Atmosphäre der Grenzerfahrung auf sehr gute Weise, eine Schwäche der Bluray sind sie nicht. Die leichten Schärfedefizite gehören aber nicht zum visuellen Stil. Sowohl die Konturenklarheit als auch der Detailreichtum leiden bei Totalen, während Nahaufnahmen sehr gut aussehen. Die Farben geben die eindringliche, teilweise mit reduzierter Intensität arbeitende Optik des Films gut wieder. Der Kontrast ist weitgehend ausgewogen, teilweise überstrahlen Flächen aber. Das Bild ist in sich etwas in Bewegung, sonstige Rauschmuster treten nicht in Erscheinung.

Tonqualität

Die 5.1 DTS-HD-Master-Tonspuren überzeugen durch die subtile Einbindung auch der hinteren Lautsprecher in die Geräuschkulisse. Das gilt sowohl für atmosphärische Elemente als auch für die Musik, die teilweise auch kräftiger aus den hinteren Lautsprechern erklingt. Die differenzierte Abmischung sorgt für eine gute Verteilung der einzelnen Tonelemente, so dass die Dialoge klar und verständlich sind.

Extras

Das knapp fünfzigminütige Making Of dokumentiert in chronologischer Reihenfolge die Dreharbeiten, die an so faszinierenden Orten wie thailändischen Go-Go-Bars, Bordellen und im Dschungel statt gefunden haben. Der Einfallsreichtum der Macher sowie die enormen Anstrengungen, bei schwierigen Bedingungen zu filmen, verbinden sich zu einem spannenden Dokument der Leidenschaft. Zwei Trailer zum Film befinden sich ebenfalls auf der Bluray.

Fazit

Mit „Vinyan“ hat Fabrice Du Welz eine gelungene Mischung aus Ehedrama und Kannibalenfilm inszeniert, die sich als Reise in eine Szenerie jenseits des Verstandes entpuppt. Darin sucht und findet Du Welz das Grauen, das letztlich auch ein Spiegel eigener innerer Dämonen ist. Technisch ist die Bluray gut mit leichten Abstrichen beim Bild.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Vinyan (GB / Frankreich / Belgien 2008)
Länge 96 Minuten (24p)
Studio Koch Media
Regie Fabrice Du Welz
Darsteller Emmanuelle Béart, Rufus Sewell, Petch Osathanugrah, Julie Dreyfus, Amporn Pankratok, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Trailer
Preis ca. 18 EUR
Bewertung gut, technisch gut mit leichten Abstrichen beim Bild