rubikon

 

Rubikon

Interview mit Benjamin Dressler, Regisseur

 

 

dvdheimat: Das Budget bei „Rubikon“ war sehr niedrig. Was hättest Du gerne im Film gehabt, was aufgrund des Budgets nicht realisiert werden konnte?

Benjamin Dressler: Im Finale hätte ich beispielsweise gerne echte Polizeiwagen benutzt. Wir konnten nur normale Autos mit Blaulichtern verwenden, die wir auf den Dächern angebracht hatten. Das funktioniert ganz gut, aber echte Polizeiwagen wären schöner gewesen. Ansonsten hätte ein etwas höheres Budget die Arbeitsbedingungen erleichtert. Teilweise mussten wir 25 Stunden am Stück drehen, um im Zeitplan zu bleiben. Da hätte ich mir mehr Drehtage gewünscht, um so etwas zu vermeiden. Mit dem Film selbst bin ich eigentlich zufrieden. Da würde sich ein anderer Ansatz nur lohnen, wenn ein deutlich höheres Budget zur Verfügung gestanden hätte. Dann hätte ich die Geschichte um Verschwörung und Waffenschmuggel fulminanter aufgezogen.

dvdheimat: Wie gestaltete sich die Arbeit unter den begrenzten Bedingungen?

Benjamin Dressler: Wir mussten stets improvisieren. Zu den zentralen Szenen existierten zwar Storyboards, aber am Ende blieb von der genauen Gestaltung nur noch wenig übrig. Das lag beispielsweise an der Ausrüstung. Bei einem der Drehtage war bis kurz vorher nicht klar, ob wir die Steadycam haben würden oder nicht. So war es notwenig, immer auf Überraschungen gefasst zu sein. Aber angesichts des Geldes, das zur Verfügung stand, bin ich mit dem Ergebnis zufrieden. Man muss auch bedenken, dass viele am Projekt Beteiligte nur wenig Erfahrung mitbrachten. Ich selbst hatte vorher nur einen Kurzfilm gedreht. Die Produzenten konnten auf ein paar Kurzfilme zurückblicken. Daran kann man sehen, dass sehr zentrale Positionen mit unerfahrenen Leuten besetzt waren. Da wir den Dreh auf vier Blöcke verteilt hatten, mussten im Verlauf der Dreharbeiten Positionen ausgetauscht werden, wenn die Leute keine Zeit mehr hatten. Im Grunde genommen rekrutierte sich das Team aus Menschen mit wenig und Menschen mit mehr Filmerfahrung. Unser Kameramann Leif Thomas arbeitete bereits seit vier Jahren in dem Geschäft und war in dieser Zeit an verschiedenen Produktionen beteiligt. Er war also einer der Erfahrensten im Team.

dvdheimat: Tatsächlich macht der Film visuell einen sehr guten Eindruck.

Benjamin Dressler: Leif, unser Kameramann, war ein Glück für die Produktion, da er ein großes Talent hat. Für den Lichtaufbau haben wir uns immer viel Zeit genommen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Nur bei einer Szene musste improvisiert werden. Am Ende eines 25-Stunden-Drehtages benötigten wir noch die Nachtaußenaufnahme des Hauses, in das die Hauptfigur nach der Schießerei am Beginn flüchtet. Aber es wurde schon langsam hell und überall war Nebel. Da wurden in 10 Minuten schnell drei Scheinwerfer aufgebaut und gefilmt. Am Ende ist eine der schönsten Aufnahmen des Films entstanden.

dvdheimat: Was war bei der Produktion teurer als geplant?

Benjamin Dressler: Das betrifft vor allem das Set im Landschaftspark Duisburg, wo wir gleich am Anfang gedreht haben. Da benötigten wir einen Lichtballon, der vorher nicht eingeplant war. Darüber hinaus kamen immer wieder kleinere unerwartete Posten auf. Das Musterhaus in dem Musterhauspark bekamen wir zwar von der Firma, der es gehört, umsonst, aber der Park wird durch eine andere Firma verwaltet. Da mussten plötzlich bei Drehbeginn 100 Euro am Tag bezahlt werden.

dvdheimat: Wenn man bei dem ohnehin niedrigen Budget gleich am Anfang in eine Kostenfalle rennt, wirkt das demoralisierend oder schweißt es das Team zusammen?

Benjamin Dressler: Die Kostenprobleme wirkten zusammenschweißend. Nach den ersten Drehtagen haben wir uns zusammengesetzt, um Einsparpotentiale zu ermitteln. Wir konnten uns keine Nachdrehs leisten, so dass dann auch 25-Stunden-Drehtage durchgezogen werden mussten, bei denen das Team mitgemacht hat. Da ist man selbst krank ans Set gegangen, weil einfach gedreht werden musste, um das Projekt nicht zu gefährden.

dvdheimat: Würdest Du „Rubikon“ als Home-Made-Projekt bezeichnen?

Benjamin Dressler: Wenn man es als solches ansieht, dann aber ein extrem ambitioniertes. Trotz des geringen Budgets wurde auf semiprofessionellem Material gedreht. Aufgrund des Budgets kann man es aber so einordnen.

dvdheimat: Im Home-Made-Bereich wird ja viel Splatter gemacht.

Benjamin Dressler: Das interessiert mich als Erzählung allerdings nicht.

dvdheimat: Du hast nicht nur Regie geführt, sondern auch das Drehbuch entwickelt. Welche Rolle spielt der symbolische Titel „Rubikon“ für die Geschichte?

Benjamin Dressler: Der endgültige Titel wurde erst kurz vor Drehbeginn festgelegt und darauf schrieb ich die Szene ins Drehbuch hinein, in der der Titel erklärt wird. Am Anfang stand eigentlich nur die Idee, einen Thriller mit folgender Ausgangssituation zu machen:
Ein Mann kommt zu einer Frau und erzählt ihr eine wilde Geschichte, welche die Realität der Frau auf den Kopf stellt. Am Ende sollte herauskommen, dass der Mann wahnsinnig ist. Das habe ich dann geändert, weil ich es spannender fand, wenn sich nicht alles über eine Geisteskrankheit auflöst. So entstand das Konzept einer Verschwörung mit der Verwicklung des Staates in Waffengeschäfte. Die Anschläge von Madrid und London, die sich während des Schreibprozesses ereigneten, brachten dann die Ereignisse des 11. September wieder ins Bewusstsein und flossen über das sicherheitspolitische Umfeld in die Verschwörungskonzeption mit ein.

dvdheimat: Was hat Dich dabei am meisten interessiert, die Thrillergeschichte oder die politische Dimension?

Benjamin Dressler: Ich finden den menschlichen Teil am interessantesten, die Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren. Da das Budget keinen fetten Actionfilm ermöglichte, lag der Schwerpunkt eindeutig auf der Charakterbeziehung. Die politische Dimension verleiht dem Film zusätzliche Substanz.

dvdheimat: Der Hauptbösewicht ist so ein dekadent-abgehobener Schurke.

Benjamin Dressler: Er hält sich für einen zweiten Cäsar, der Moral und Gesetz für ein höheres Ziel verdreht. Die Szene mit ihm dient als Allmachtsdemonstration für die weibliche Hauptfigur. Da muss man auch in unserer Zeit aufpassen, dass nicht die Demokratie unterlaufen wird. Es war mir wichtig, dass die Figur nicht einfach boshaft ist. Solche Charaktere gefallen mir nicht, da ich glaube, dass es immer Motive gibt.

dvdheimat: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Stefan Dabrock.