Rubikon
49 v. Chr. traf Gaius Julius Caesar eine Entscheidung, von der es kein Zurück mehr gab. Der römische Senat hatte beschlossen, Caesar müsse sein Heer entlassen. Der Feldherr jedoch überschritt mit seinen Truppen den Grenzfluss Rubikon, der die Provinz Gallia cisalpina vom übrigen Italien trennte, in Richtung Süden und erklärte Rom damit den Krieg. Das waghalsige Manöver war nach Caesars Meinung trotz der zu erwartenden Opfer für das Wohl des römischen Reiches notwendig. Es fand als Rubikon-Metapher Einzug in die Psychologieforschung, wo es Pate für ein Handlungsmodell wurde, das die psychologischen Vorgänge zu beschreiben sucht, die hinter riskanten Aktionen stehen. Die Low-Budget-Produktion „Rubikon“ trägt ihren Titel in bewusster Anspielung auf Caesars historische Tat, die an einer Stelle des Films auch erwähnt wird. Eine gefährliche Verschwörergruppe bedroht die innere Sicherheit Deutschlands. Das behauptet zumindest der ehemalige BKA-Mitarbeiter Ralf Peschke, der spät abends plötzlich bei Christine Zerning auftaucht, während sie auf ihren Mann wartet. Peschke drängt die völlig überrumpelte Frau, ihn zu begleiten, da ihr Mann Teil des hinterhältigen Plans sei. Die Verschwörer wollten mit gezielten Bombenanschlägen im eigenen Land ein Angstpotential entfachen, um so die Rüstungs- und Sicherheitstechnikindustrie in Schwung zu bringen. Das würde Deutschland wieder in ein ökonomisch lukratives Fahrwasser bringen und die aktuellen Probleme lösen. Während Peschke seine Theorie zum Besten gibt, tauchen plötzlich finstere Gestalten vor dem Haus auf, die sich mit Waffengewalt zutritt verschaffen wollen. Aus Angst flieht Christine Zerning zu einem leer stehenden Haus, das Peschke als Unterschlupf nutzt.
Damit hat Christine Zerning endgültig den sicheren Boden verlassen und „Rubikon“ kann seine Thrillerhandlung fortsetzen, die er mit dem klassischen Einbruch unerwarteter Gefahr in den behüteten Alltag einer bislang unauffällig lebenden Person begonnen hatte. Das ist effektives Genre-Handwerk, welches geschickt den Spannungsbogen eröffnet. Als Zuschauer ist man in gleicher Weise auf die Erzählung Peschkes angewiesen wie Christine Zerning. Seine Glaubwürdigkeit wird jedoch durch nichts bestätigt. Auch die plötzlich auftauchenden bewaffneten Gestalten stärken seine Erzählung nicht, sondern beweisen lediglich, dass irgendetwas Bedrohliches im Gange ist. Dadurch steigert Regisseur Benjamin Dressler die existentielle Unsicherheit seiner Hauptfigur, deren Blick er auf den Zuschauer überträgt. Das schafft ein Identifikationspotential, welches den weiteren Handlungsverlauf entscheidend prägt und auch die budgetbedingt ruhigen Phasen des Films weitgehend spannend erscheinen lässt.
Insofern kaschiert „Rubikon“ seine größte Schwäche recht ordentlich, dass die erzählte Verschwörungshandlung mit dramatischer Flucht nach einem temporeichen Film ruft, den „Rubikon“ aufgrund der bescheidenen finanziellen Mittel nicht liefern kann. Oft sind Menschen zu sehen, die sich unterhalten. Die Dynamik beschränkt sich auf kurze, geschickt im Handlungsverlauf positionierte Gewalteinbrüche oder äußerst effektive Kameraeinstellungen. Drohend schiebt sich ein dunkler Wagen mit gesichtslosem Fahrer ins Bild, als Christine Zerning in einer Telefonzelle steht. So sieht eine Inszenierung aus, die das Genre verstanden hat und sich seiner Mittel zu bedienen weiß. Da können trotz Schauspielausbildung nicht alle Darsteller mithalten, ohne dass der Film jedoch in schlechte Gefilde abdriftet. Besonders überzeugend ist Bernd Blömer als Polizist, dessen Ermittlungen plötzlich durch die Innere Sicherheit blockiert werden. Demgegenüber erscheint Stefan Heuer als Ralf Peschke, so kontrolliert, dass sich keinerlei Emotionen in seinem Gestik und Mimik abbilden. Piet Klockes Gastauftritt ist so unzusammenhängend, dass er die Dramaturgie spürbar stört, aber zum Glück so kurz, dass man schnell wieder in die Handlung des sehr ordentlichen Thrillers einsteigen kann.
Bildqualität
Die Bildqualität der DVD überzeugt auf der ganzen Linie. Ohne Bilddefekte oder Verschmutzungen wurde das neue Material auf die DVD übertragen. Die Schärfe ist sehr gut und liefert ein detailreiches Bild, das Dank des weitgehend guten Kontrasts nur sehr selten einmal Elemente in dunklen Szenen verschluckt. Störende Rauschmuster gibt es nicht.Tonqualität
Der 5.1-Ton hat kaum Gelegenheit, die Boxen zu fordern, so dass eine echte räumliche Atmosphäre nicht entsteht. Die Dialoge sind jedoch klar und verständlich abgemischt, so dass der rauschfreie Ton im Rahmen seiner Möglichkeiten gelungen ist.Extras
Der Audiokommentar mit Benjamin Dressler (Regie), Leif Thomas (Kamera), Tobias Wagenführer und Norman Koschmieder (beide Produktion) liefert sehr viele Informationen zu den Drehorten sowie den direkten Dreharbeiten. Dabei geht es ebenso um Aspekte der Kameraarbeit wie der Bedingungen am Drehort. Die vier äußern sich zu den Darstellern und ein paar produktionstechnischen Details, so dass ein guter Audiokommentar entstanden ist.
Das etwa 11minütige Making Of bestehend aus Interviews mit zwei Darstellern sowie dem Regisseur und den Produzenten und bietet neben vielen Informationen, die bereits aus dem Audiokommentar bekannt sind, Neues zum Dreh im Landschaftspark Duisburg. Hier sind Aufnahmen vom Setaufbau zu sehen. Darüber hinaus erläutert der Kameramann den dabei verwendeten Lichtballon und seine Funktion. Die Spezialeffekte bei einigen der Schießereien werden ebenfalls näher beleuchtet.
Die etwa dreiminütige Outtake-Rolle liefer die übliche Mischung aus kleinen Missgeschicken, Versprechern sowie Blödeleien am Set.
„Aus Wenig Viel…“ (etwa sechs Minuten) ist ein gelungenes Interview des Regisseurs Benjamin Dressler mit dem Produzenten Norman Koschmieder, in dem es hauptsächlich um die Beschaffung der Förder- sowie Sponsorengelder sowie die speziellen Gegebenheiten bei einem Dreh mit niedrigem Budget geht. Der Produzent erläutert ein wenig die Aufteilung der Gelder für die einzelnen Produktionsposten und geht auf Möglichkeiten ein, Geld einzusparen ohne übermäßige Abstriche machen zu müssen.
Hinter „Der Mann vom Innenministerium“ verbergen sich mehrere Takes der Piet-Klocke-Szene, die aber auch als Kurzfilm nicht unterhaltsamer wird.
Eine Bildergalerie sowie der Trailer runden das Bonusmaterial ab.
Fazit
„Rubikon“ erzählt eine für sein Budget beachtliche Thrillerhandlung, die war an der einen oder anderen Stelle auf Dialoge zurückgreifen muss, wo eine visuelle Umsetzung effektiver gewesen wäre, seine niedrigen Produktionskosten dank sehr guter Kameraarbeit sowie inszenatorischem Geschick gut kaschiert. Im Ergebnis ein spannender Film, der ein interessantes, an aktuelle Paranoiasituationen angelehntes Szenario durchspielt. Technisch ist die DVD gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Rubikon (BRD 2006) |
Länge | 58 Minuten (Pal) |
Studio | essen filmt |
Regie | Benjamin Dressler |
Darsteller | Tabea Tarbiat, Stefan Heuer, Bernd Blömer, u.a. |
Format | 1:1,78 (16:9) |
Ton | DD 5.1 Deutsch |
Untertitel | Deutsch, Englisch |
Extras | Audiokommentar mit Benjamin Dressler (Regie), Leif Thomas (Kamera), Tobias Wagenführer und Norman Koschmieder (beide Produktion), Making Of, u.m. |
Preis | ca. 10 EUR |
Bewertung | ordentlich, technisch gut |