Es ist kein Wunder, dass sich „Chocolate“ fast immer Vergleichen mit „Ong-Bak“ („Ong-Bak“, 2003) oder „Revenge of the Warrior - Tom yum goong“ („Tom yum goong“, 2005) ausgesetzt sieht, da der Film wie die beiden anderen Werke von Prachya Pinkaew inszeniert wurde. Dabei drängt sich der Vergleich nicht unbedingt auf, wenn man bedenkt, dass die autistische Hauptfigur in „Chocolate“ ihre Kampfsporttechniken durch Selbststudium erlernt. Eine Übungshalle in der Nachbarschaft, wo sie fleißig trainierende Schüler beobachten kann, sowie alte Martial-Arts-Filme helfen dem jungen Mädchen Zen dabei, die verschiedenen Bewegungen und Stile zu verinnerlichen. Ihre hervorragenden Reflexe bilden eine ausgezeichnete Grundlage für das Training. Die Grundvoraussetzungen Zens sind folglich andere, als die der Figuren aus „Ong-Bak“ oder „Revenge of the Warrior - Tom yum goong“, der Kampfstil deswegen zunächst etwas weniger brachial, aber keineswegs schlechter. Zen ist die Tochter von Zin, die vor Jahren ein Verhältnis mit einem japanischen Yakuza hatte. Er ist auch der Vater des Kindes. Widerstreitende Interessen zwischen thailändischen und japanischen Gangstern sorgten schließlich dafür, dass die Nummer 1 der thailändischen Mafia Zins Liebhaber aus Bangkok verbannte und sie aus dem Geschäft warf. Aus diesen Tagen existieren aber noch einige Geldschulden, die diverse Gangster bei Zin haben. Als die schwer kranke Frau ihre Medikamente nicht mehr bezahlen kann, macht sich die inzwischen herangewachsene Zen auf den Weg, um das Geld einzutreiben.
Das erste Drittel des Films gehört dem überhöhten Melodram, das die Grundlage für die spätere Prügel-Action bildet. Eine Liebe wird auseinander gerissen, ein autistisches Kind geboren und sein Schicksal in Szene gesetzt. Die Mutter erkrankt an Krebs und droht zu sterben, weil sie die Medikamente nicht bezahlen kann. Das ist recht dick aufgetragen, wird aber zum Teil eher putzig inszeniert. So sind die öffentlichen Straßenvorführungen mit anschließender Geldkollekte, bei denen Zen Bälle fängt, die Zuschauer so schnell wie möglich in Ihre Richtung werfen, wenig dramatisch, sondern sie besitzen aufgrund der blitzschnellen, an eine Froschzunge erinnernden Bewegungen Zens einen trockenen Humor. Der melodramatische Tenor der Schicksalsschläge reicht aber als Motivationsgrundlage und emotionaler Grundstock völlig aus, um die nachfolgenden Actionszenen mit einer Bedeutung aufzuladen, auch wenn Pinkaew aus der Geschichte nicht das herausholt, was in ihr steckt: Große Oper. Der Rest des Films, der nach etwa 30 Minuten beginnt, gehört der Action, die sich kontinuierlich steigert. Am Anfang kämpft Zen gegen Gegner, die ihr nicht ansatzweise das Wasser reichen können und schnell abgefrühstückt werden. Dabei bestechen die einzelnen Szenen durch die geschickte Nutzung der jeweiligen Orte, deren akrobatischer Humor zuweilen an Jackie Chan erinnert. In einer Lagerhalle wird ein Geländer zum spektakulären Turngerät, in dem Zen gelenkig durch die schmalen, rechteckigen Öffnungen schlüpft, um den jeweiligen Gegner von hinten überraschen zu können. Die Türen eines Spindschrankes nutzt sie als praktische Waffe. Eine Eisfabrik dient ebenso als originelle Kulisse wie ein Schlachthaus, indem die Kämpfe bezeichnenderweise auch langsam etwas ruppiger werden.
So kontrolliert und überlegen der Kampfstil an diesen ersten Orten ist, weil die Gegner mit kleinen Ausnahmen relativ schwach sind, so ausgezeichnet funktioniert die jeweilige Choreographie als Ausdruck der speziellen Möglichkeiten der einzelnen Orte. Beides bildet eine harmonische Einheit, die sehenswert und temporeich zugleich ist. Im Finale wird es dann richtig ruppig. Die Stunts wurden zwar unter Zuhilfenahme von Drahtseilen bewerkstelligt, sie wirken aber dennoch so schmerzhaft, dass man um die Gesundheit der Stuntleute bangt. Stürze von einer Hausfassade mit anschließendem Mehrfachaufschlag auf Neonreklameschilder, bevor der Asphalt den Fall schlagartig bremst, resultieren aus einem atemberaubenden Kampf, den sich Zen auf verschiedenen Simsen der Fassade mit wechselnden Gegnern liefert. Ein würdiges Finale für einen hervorragenden Martial-Arts-Film.
Bildqualität
Das saubere Bild der DVD- die sehr leichten analogen Schwächen fallen nicht auf – bietet eine gute Schärfe, die sowohl klare Konturen als auch einen guten Detailreichtum besitzt. Die Farben sind kräftig und geben die Farbfilterverfremdungen, mit denen Pinkaew arbeitet, sehr gut wieder. Der Kontrast der Tagszenen fällt sehr gut aus, da sich hier die unterschiedlichen Flächen sehr gut voneinander abheben, bei dunklen Szenen wirkt er etwas schwächer, da gelegentlich Details verschluckt werden. Zudem ist der Schwarzwert nicht immer so kräftig wie man sich das wünscht. Das leichte Hintergrundrauchen stört gar nicht, sonstige Rauschmuster existieren nicht. Insgesamt ein guter Bluraytransfer.Tonqualität
Die beiden Tonspuren besitzen klare und verständliche Dialoge, die deutsche Synchronisation fällt aufgrund der Intonationsfähigkeiten der Sprecher etwas ab. Das Geschehen spielt sich hauptsächlich auf den vorderen Lautsprechern ab, deren Bandbreite aber sehr gut genutzt wird. Die Dynamik des Tons ist überzeugend. Gelegentlich werden auch die hinteren Lautsprecher miteinbezogen, das bleibt aber eher die Ausnahme.Extras
Das etwa 18minütige Making Of beschäftigt sich leider kaum mit den Actionszenen. Stattdessen berichten Regisseur Pinkaew und andere Mitglieder des Filmteams über die Entstehungsgeschichte des Films und das Training, dem sich JeeJa Yanin unterziehen musste, um die Kampfszenen drehen zu können. JeeJa Yanin kommt natürlich auch selbst zu Wort. Die Ausführungen teilen sich in interessante Informationen und Marketingdarstellungen auf, so dass das Making Of nur teilweise lohnenswert ist. Der Beitrag „Bei den Dreharbeiten“ (etwa 19 Minuten) hätte bei diesem Film sehr interessant ausfallen können, liefert aber auch nur reduzierte Qualität. Die vielen, sich wiederholenden Proben vor dem eigentlichen Dreh der Actionsequenzen, die hier zahlreich zu sehen sind, wirken schnell monoton. Das spektakuläre Finale des Films bleibt viel zu unterbelichtet. So gewinnt das Material nur selten an Fahrt und die Dialoge am Set bleiben aufgrund fehlender Untertitel ohnehin unverständlich. Das übrige Bonusmaterial besteht aus einer Bildergalerie vier TV-Spots und dem Trailer.Fazit
„Chocolate“ bietet hervorragend choreographierte Kämpfe, die vor allem die Gegebenheiten der jeweiligen Orte prächtig in Szene setzen. Nach anfänglichen Auseinandersetzungen mit schwachen Gegnern, die schnell erledigt sich, steigert sich das Actiongeschehen kontinuierlich bis zum ruppigen Finale. Technisch ist die Bluray gut.Stefan Dabrock
Originaltitel | Chocolate (Thailand 2008) |
Länge | 92 Minuten (24p) |
Studio | 3L |
Regie | Prachya Pinkaew |
Darsteller | JeeJa Yanin, Hiroshi Abe, Pongpat Wachirabunjong, Ammara Siripong, u.a. |
Format | 1:1,85 (16:9) |
Ton | DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Thailändisch |
Untertitel | Deutsch |
Extras | Making Of, Bei den Dreharbeiten, Bildergalerie, TV-Spots, Trailer |
Preis | ca. 19 EUR |
Bewertung | sehr gut, technisch gut |