1. Entstehung
»A badasssss nigger is coming back to collect some dues«. Mit diesem drohend coolen one-liner endet Melvin van Peebles’ Action-Drama »Sweet Sweetback’s Badasssss Song« (1971), das mitten ins Herz des schwarzen Selbstbewusstseins traf, und eine ganze Reihe von Filmen nach sich zog, in denen Schwarze die Hauptfiguren waren. Dabei handelte es sich um einen im Alleingang außerhalb Hollywoods entstandenen Autorenfilm des Regisseurs und Schriftstellers Melvin van Peebles, der neben der Regie auch als Produzent fungierte, für das Drehbuch sowie den Soundtrack (zusammen mit Earth Wind and Fire) verantwortlich zeichnete und auch die Hauptrolle übernahm. Um die Kosten niedrig zu halten, gab er aus, es handele sich um einen Porno-Film. Auf diese Weise konnte van Peebles den Filmgewerkschaftsregeln entkommen, so dass er keine reguläre Crew verwenden musste. Innerhalb von 19 Tagen wurde »Sweet Sweetback’s Badasssss Song« mit dem niedrigen Budget von 150.000 Dollar gedreht. Bereits Ende 1971 hatte er 10 Millionen Dollar Einspielergebnis auf seiner Haben-Seite verbucht.
Der große Erfolg dieses Werkes und die dadurch angeheizte Produktion weiterer »Blaxploitation-Filme« erklärt sich aus verschiedenen Ursachen. Während der zweiten Hälfte der 60er Jahre war die Civil-Rights-Bewegung auf ihrem Höhepunkt angelangt. Schwarze Bürgerrechtler forderten lautstark die Aufhebung der sozialen Ungleichheit sowie des damit verbundenen Rassismus. Die Black Panther Party hatte sich zu einer kampfeslustigen Bewegung mit teilweise starkem Rückhalt in den Ghettos entwickelt.
Von solchen gesellschaftlichen Veränderungen unbeeindruckt war bis dahin das Filmbusiness geblieben. Die Helden wurden entweder von Weißen gespielt oder mussten sich unterwürfig in deren Welt einfügen. Damit traf van Peebles genau den Nerv der Zeit, indem er einen schwarzen Charakter in das Zentrum der Geschichte stellte, der frech das weiße Establishment herausfordert und am Ende damit auch noch davonkommt. Am Anfang steht Sweetback noch nicht der Sinn nach revolutionärem Treiben, erst im Verlaufe der Handlung entwickelt er sich zu einem, der aufbegehrt. Durch Zufall beobachtet Sweetback weiße Polizisten bei der Misshandlung unschuldiger Schwarzer. Er tötet die brutalen Ordnungshüter und flieht. Eine Flucht, die sich immer mehr zu einem Kampf gegen ein korruptes weißes Machtgefüge verdichtet. Die so attackierten nahmen das dem Film offensichtlich übel, denn es wurde das berüchtigte X-Rating vergeben, das »Sweet Sweetback’s Badasssss Song« in die Porno-Kinos verbannte. Dennoch ließ sich das schwarze Publikum nicht abschrecken, nahm die neue Identifikationsfigur an und strömte in die Kinos.
Ein wichtiger mitentscheidender Grund für die weitere Produktion ähnlich gelagerter Filme war die ökonomisch schwache Situation, in der sich die Hollywood-Studios befanden. Große Verluste hatten viele von Ihnen an den Rand des Bankrott getrieben, so dass man jetzt die Chance witterte, mit Hilfe brachliegender Dollars bei der schwarzen Bevölkerung aus der Talfahrt herauszukommen. Die Statistik wies aus, dass in den großen Städten über 30 Prozent des Einspielergebnisses aus diesen Bevölkerungsteilen stammte. Daraus resultierte die Strategie, die erfolgreiche Formel zu wiederholen. Den Anfang machte die altehrwürdige MGM, welche Gordon Parks sr. einkaufte, damit der »Shaft« (1971) realisierte. Richard Roundtree verkörpert den coolen Privatdetektiv John Shaft, welcher von allen widrigen Umständen unbeeindruckt seelenruhig durch die Straßenschluchten Harlems streift, um seine Moral durchzusetzen. Die Rechnung ging für das Studio auf. Wie van Peebles Film, so spielte auch »Shaft« ein vielfaches der Produktionskosten ein, so dass nur durch seinen Erfolg MGM saniert wurde. Jetzt sprangen endgültig auch die anderen Studios auf den Zug auf, wobei von »Black Caesar« (1973) über »Foxy Brown« (1974) bis zu »Blacula« (1973) und »Black Eliminator« (1978) ein Bündel an Filmen entstand, das viel heterogener ist, als man vermuten würde. Da gab es neben der klassischen Ghetto-Blaxploitation auch Western-, Science-Fiction-, Kung-Fu- oder Horror-Varianten. Das gemeinsame war außer expressiver Zurschaustellung der hier überlegenen »Black Power« ein eingängiger, ausdrucksstarker Soul- und Funk-Soundtrack, der das Geschehen unterstreicht und ihm erst die nötige »Coolness« verleiht, sowie das Gut (die Schwarzen) - Böse (die Weißen) - Schema. Stars der Musikszene wie Isaac Hays (manchem auch als Originalstimme des Chefkochs aus »South Park« bekannt), Curtis Mayfield, Marvin Gaye und James Brown prägten so mitentscheidend die Atmosphäre der Filme. Ihre Beats treiben die Handlung voran, setzen unter die Action-Sequenzen ein Ausrufezeichen und erzeugen die erfolgreiche Mischung aus Tempo und Gelassenheit. weiter