„Große Systeme versklaven kleine Systeme“ ist einer der Kalendersprüche, welche sich der Sicherheitschef des Hochhauses zu Gemüte führt, in dem „Zoning“ spielt. Der Spruch bringt die Angst vor der Ohnmächtigkeit des Menschen in einer zunehmend technisierten Welt auf den Punkt, an der sich bis heute nichts geändert hat. Im Gegensatz zur Mitte der 80er Jahre, als „Zoning“ gedreht wurde, spielt die reine Überwachung mit Kameras jedoch nicht mehr die entscheidende Rolle. Heute heißen die Stichworte biometrische Datenspeicherung oder Onlinedurchsuchung zur Terrorabwehr. Trotz seiner zeitgeistlichen Ästhetik, die kühles Neonlicht und Glitzerfassaden in den Mittelpunkt rückt, lässt sich die Metaphorik in „Zoning“ erstaunlicherweise auch gut 20 Jahre nach seinem Entstehen noch aktuell ausdeuten. Zwei Männer richten sich in einem vergessenen Raum des besagten Hochhauses ein. Beide waren in der Planungsphase am Projekt beteiligt, so dass sie die Sicherheitssysteme ausgezeichnet kennen. Der Raum, in dem sie Unterschlupf suchen, ist auf den neuen Bauplänen, die aufgrund einer gesetzlich geforderten Standortveränderung des Gebäudes notwendig wurden, nicht mehr verzeichnet. Da er keine Funktion für das Gebäude mehr besitzt, kennt ihn sonst keiner mehr. Tagsüber kommen die beiden Männer aus ihrem Versteck, um Raubüberfälle auf Fahrstuhlpassagiere oder Mitarbeiter der Firmen auszuüben, die im Hochhaus ansässig sind. Zwischen den Räubern sowie dem Sicherheitschef entwickelt sich ein Duell.
Die utopische Idee eines perfekt organisierten Hochhaussystems, in dem alle Zahnräder ineinandergreifen, strahlt eine natürliche Kälte aus, in welcher der Mensch nicht mehr als ein Schmiermittel des Systems bleibt. Für diese Idee steht das Hochhaus in „Zoning“, auch wenn es sie noch nicht in perfekter Weise umsetzt. Der Architekt des Gebäudes, gespielt von Yellow-Mitglied Dieter Meier, spinnt träumerische Ideen über ein neues Hochhaus, das alle Zeiten überdauern werde und dieses perfekte System wäre. Das Ergebnis wäre eine zumindest teilweise Versklavung des Menschen, die aus heutiger Sicht im Sinne allgemeiner Technikangst obsolet geworden, im Rahmen aktueller sicherheitspolitischer Diskussionen aber immer noch Aktualität besitzt. So fasziniert „Zoning“ vor allem auf der Ebene der Überwachungsapparaturen, welche die beiden Männer durch ihre Kenntnisse sowie ihr überraschendes Vorgehen umgehen können. Sie agieren nicht nur als Räuber, denn das ist lediglich der formalen Anlage als Kriminalfilm geschuldet, sondern vor allem als Rebellen gegen die Überwachungsarchitektur, welche die Luft zum Atmen abzusaugen droht. Konsequenterweise besitzt ihr Vorgehen keine modernen Züge. Sie verwenden nicht einmal eine Pistole, um ihre Opfer zu bedrohen, sondern ein Bolzenschussgerät.
Ihr Erfolg gerät erst in Gefahr, als einer der beiden davon träumt, in das Computersystem des Hochhauses einzudringen, um mit den gewonnenen Daten Geld zu erpressen. Der Strategiewechsel zur Nutzung der Methoden, mit denen auch die Sicherheitsarchitektur arbeitet, lässt die beiden Männer nicht mehr unter dem Radar fliegen. Sie sind nun leichter aufspürbar. „Zoning“ besitzt durch diese Handlung zwei Deutungsebenen. Zum einen präsentiert der Film ein System, dessen Streben nach Perfektion den Menschen Untertan machen will. Seine metaphorische Dimension der Sicherheitsarchitektur erinnert auf fatale Weise an aktuelle sicherheitspolitische Vorstellungen, in deren Menschenbild die Freiheit nur noch als Worthülse enthalten ist. Im Vordergrund steht die Erhaltung des großen Systems, das die in ihm existierenden Systeme, auch die Menschen, versklavt. Lediglich ein kleiner Teil der Menschheit wird in einem solchen System die gewohnte Bewegungsfreiheit haben. Zum anderen legt der Film den blinden Fleck einer solch hochtechnisierten Kontrollmaschinerie offen. So wie dahinter ein formalisiertes Menschenbild steht, ist die formalisierte Maschinerie nicht in der Lage, das tatsächlich Überraschende, dass das Wesen des Terrorismus ausmacht, zu verhindern. So wie bei der Katastrophenabwehr auch ginge es letztlich darum, das zu verhindern, was man nicht erwartet hat, und das ist leider eine Illusion.
Bildqualität
Mit der Bildqualität kann man weitgehend zufrieden sein. Defekte oder Dreckspuren gibt es erfreulicherweise kaum, was für einen 20 Jahre alten deutschen Film, dessen Transfer auf einer Kopie mit eingestanzten Überblendzeichen basiert, nicht unbedingt selbstverständlich ist. Die Schärfe schwankt zwischen gut und angenehm, sie fällt niemals so weit ab, dass es besonders negativ auffällt. Die Farben sind im Rahmen der kühlen Ästhetik kräftig. Nennenswertes Bildrauschen tritt kaum auf, lediglich in einer Szene gegen Ende, in der Rauch dominiert, ist das Bild arg in Bewegung. Der gute Kontrast sorgt für ein plastisches Bild.Tonqualität
Die Dialoge der Tonspur sind klar und verständlich, störendes Rauchen tritt nicht auf. Die leichten Verzerrungen kann man verschmerzen. Auch die Musikwiedergabe unterstützt das Geschehen auf effektive Weise.Extras
Für die DVD-Veröffentlichung wurde ein Audiokommentar mit Ulrich Krenkler (Regie) produziert, der sehr interessant ausgefallen ist. Krenkler analysiert seinen Film, indem er Verweise auf die Filmgeschichte, die Farbdramaturgie oder weitere erzählerische Motive in seinen Kommentar einfließen lässt. Darüber hinaus berichtet er über die Dreharbeiten sowie den Produktionsablauf, so dass ein spannendes Gesamtbild der technischen und inhaltlichen Filmentwicklung entsteht.
Das 25minütige Interview mit Krenkler weist kleinere Dopplungen zum Audiokommentar auf, überzeugt aber durch viele zusätzliche Informationen. Warum weder im Menü noch in einer Einblendung während des Interviews darauf hingewiesen wird, wer der Interviewte ist, bleibt vermutlich das Geheimnis von epiX.
Der kleine Film über die „Zoning“-Dreharbeiten aus dem Fernsehmagazin „KinoKino“ (etwa vier Minuten) ist eine hübsche historische Randnotiz. Zwei Trailer, eine Fotogalerie und Textafelinformationen über die Bedeutung des Wortes „Zoning“, die Dreharbeiten sowie mit Biographien zu Regisseur und Darstellern runden das Bonusmaterial ab.
Fazit
„Zoning“ ist ein faszinierender Hochhausthriller mit einer 80er-Jahre Neonästhetik, dessen inhaltliche Metaphorik der Angst vor Überwachungssystemen auch heute noch Aktualität besitzt. Technisch ist die DVD guter Durchschnitt.Stefan Dabrock
Originaltitel | Zoning (BRD 1986) |
Länge | 80 Minuten (Pal) |
Studio | epiX |
Regie | Ulrich Krenkler |
Darsteller | Hubertus Gertzen, Norbert Lamla, Veronika Wolff, u.a. |
Format | 1:1,66 |
Ton | DD 2.0 Deutsch |
Untertitel | - |
Extras | Audiokommentar von Ulrich Krenkler (Regie), Interview, u.m. |
Preis | ca. 20 Euro |
Bewertung | gut, technisch guter Durchschnitt |