Majestät Il Grande Concho

Yankee

Lange bevor Tinto Brass begann, seiner ganz speziellen Vorliebe für Gummigenitalien ein filmisches Denkmal nach dem anderen zu setzen, drehte der italienische Regisseur nicht nur den exzellenten „Salon Kitty“, sondern mit „Yankee“ auch seinen einzigen Italo-Western. Die Handlung des Films bietet genretypische Klarheit ohne überflüssige Ausfransungen. Ein unbekannter Revolverheld reitet in eine kleine Stadt an der mexikanisch-amerikanischen Grenze ein. Aufgrund seiner Herkunft nennen ihn die Einwohner schlicht Yankee. Das kleine Kaff samt Umland gehört zum Herrschaftsgebiet des Banditen Grande Concho. Der Yankee schließt sich der Bande an, um sie von innen heraus zu dezimieren. Sein Ziel ist eine Ladung geraubten Goldes, die er seinen neuen Gefährten abjagen will. Protagonist, Antagonist und eine Menge Gold in der Mitte, so herrlich einfach kann eine Dramaturgie sein, wenn visuelles Geschick und eine teilweise ikonographische Figurenzeichnung die weiteren Zutaten bilden. In ähnlicher Weise hat das auch Sergio Martino bei seinem Erstling „Der Tod sagt Amen“ versucht, ihm fehlte neben visueller Finesse aber auch eine Figur wie Il Grande Concho, der Adolfo Celis Darstellung die Hybris eine Königs verleiht. In Conchos Unterschlupf hängen unzählige Bilder seiner Person, die ein Privatmaler immer wieder neu anfertigt. Mit dem Selbstverständnis eines totalitären Machthabers zelebriert der Bandit einen Personenkult, der in den meisten Figuren des Italo-Western angelegt ist, aber sonst nicht so offen zu Tage tritt.

Der große Concho hat sich ein eigenes Reich mit Untertanen und privater Streitmacht geschaffen, in dem ein Zugereister, der nicht zu den Untertanen gehört, bis zur Unterwerfung immer eine Gefahr verkörpert. Als sich der Yankee nach dem Bruch mit Conchos Bande eines Nachts in dessen Unterschlupf schleicht und die Abbilder des Machthabers zerstört, geht sein Angriff über den reinen Kampf um das Gold hinaus. Der unabhängige Revolverheld zerstört die ikonisierte Selbstdarstellung des Personenkult liebenden Gegners. Ohne die bildliche Huldigung aber, ist der große Concho kein Machthaber mit eigenen Untertanen mehr, sondern nur ein gewöhnlicher Bandit. Würde er das dulden, wäre das totalitäre System demontiert. Mit der wütenden Kraft des Diktators kämpft der große Concho deswegen weniger um das Gold, als vielmehr um den Erhalt seines selbstherrlichen Systems. Darin offenbart sich eine politische Note, die seine Qualitäten in der konsequenten Schilderung des Niedergangs ausspielt. Dass „Yankee“ dennoch nur gehobenen Durchschnitt liefert, liegt an den restlichen Figuren, die inklusive des Yankees blasser kaum sein könnten. Philippe Leroy als unbekannter Revolverheld kann seinem Gegenspieler weder beim Charisma noch in Sachen prägnanter Detailzeichnung der Figur das Wasser reichen. Aalglatt knöpft er sich den wesentlich griffiger gestalteten Concho vor, ohne jenseits seiner Schießkunst ein nennenswertes Profil zu besitzen. Die gute Kameraarbeit Alfio Continis verhindert letztlich, dass die Protagonistenschwäche das Niveau des Films empfindlich stört. Gegenlichtaufnahmen, bei denen die Sonnenspiegelung einen Kreis bildet, indem die Banditen eingeschlossen zu sein scheinen, extravagante Kamerawinkel und ein Sinn fürs Detail sorgen für die notwendige visuelle Überhöhung der einfachen Handlung, die mit der Personenkultinszenierung korrespondiert. Eine Schießerei in einem verlassenen Dorf, in deren Verlauf der Yankee das Territorium des Conchos besser beherrscht, als der Diktator mit seinen Untertanen, untermauert zudem Brass' inszenatorisches Geschick, den Zusammenbruch des Herrschaftssystems in eine genretypische Actionszenen zu gießen.

Bildqualität

Hier und da huschen immer wieder kleine Defekte durch das Bild, leichte Verschmutzungen sind sichtbar. Am augenfälligsten aber ist die grobe Körnung des Bildes, welche die Detailschärfe in Totalen etwas verschlechtert. Bei Halbtotalen oder Nahaufnahmen weist das Bild hingegen eine gute Schärfe auf. Die Farben sind ausgesprochen kräftig. Nennenswerte sonstige Rauschmuster treten nicht auf, so dass das Bild angesichts des Filmalters und der Herkunft in Ordnung ist.

Tonqualität

Die beiden Tonspuren bieten solide Monokost. Der deutsche Ton klingt heller mit leichten Verzerrungen in den Höhen, was jedoch die Verständlichkeit der Dialoge nicht beeinträchtigt. Der italienische Ton ist ein wenig dumpfer, aber immer noch gut verständlich.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einer Bildergalerie und zwei Trailern.

Fazit

Die visuelle Gestaltung sowie die prägnante Charakterisierung des Banditenführers Concho verhindern, dass die Schwächen bei der Ausarbeitung der übrigen Figuren das Niveau des Films unter den gehobenen Durchschnitt drücken. Seine Faszination entfaltet „Yankee“ in der Schilderung des Zusammenbruchs eines totalitären Personenkultsystems, das der Wendigkeit des unabhängigen Einzelgängers nur wenig entgegen zu setzen hat. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel L' Americano (Italien/Spanien 1966)
Länge 93 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Tinto Brass
Darsteller Philippe Leroy, Adolfo Celi, Mirella Martin, Tomás Torres, u.a.
Format 1:2,00 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch
Untertitel Deutsch, Englisch
Extras Bildergalerie, Trailer
Preis ca. 10 EUR
Bewertung gehobener Durchschnitt, technisch sehr ordentlich